Die Möglichkeit, die Online-Ausweisfunktion mobil einsetzen zu können, würde eine Vielzahl an konkreten Nutzungsfällen abdecken und könnte zukünftig das Einsatzfeld von Kartenlesern stark eingrenzen. Ebenso würde eine mögliche mobile Verwendung der Online-Ausweisfunktion (eID-Funktion) deren Akzeptanz bei Webdienstanbietern und Nutzern stark erhöhen. Die mobile Nutzung wäre somit ein Meilenstein für die Verbreitung der elektronischen Funktionen des Personalausweises.
Von Ralf Keuper
Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Neuen Personalausweises (nPA) bei der Geschäftsanbahnung und ‑abwicklung im Internet, wie im E‑Government, E‑bzw. M‑Commerce und Banking, sind weitgehend unbekannt. Jedoch – auch bei Kenntnis können sie häufig noch nicht genutzt werden.
Ein großes Hemmnis war bislang die Tatsache, dass der nPA nicht mobil verwendet werden konnte. Auf der letzten CeBIT stellte die Governikus KG ihre mobile Version der Ausweis-App2 vor. Die App wird als SDK für Android angeboten. Bei Governikus geht man nicht davon aus, dass Apple seine NFC-Schnittstelle auf absehbare Zeit öffnen wird. Deshalb bietet man weiterhin ein Kartenlesegerät an, was aber für die mobile Nutzung suboptimal ist. Für Android ist die App jedoch lauffähig. Seit Ende März steht die App im Google Playstore zur Verfügung.
Die Online-Identifizierung über den nPA erfolgt über die Online-Ausweisfunktion bzw. die eID-Funktion. In Mobile Verwendung der eID-Funktion (Online-Ausweisfunktion) heisst es dazu u.a.:
Bei Governikus glaubt man fest an die Zukunft des nPA. Die Vorteile lägen gegenüber dem Video-Ident-Verfahren auf der Hand:
- Kosten- und Zeitersparnis, d.h. ich brauche keine Mitarbeiter beschäftigen oder Services in Anspruch nehmen, die mit den Kunden den Identifizierungsvorgang vornehmen.
- Mit dem Online-Ausweis macht der Kunde die eigentliche Arbeit, während die Ausweisdaten automatisch übertragen werden.
- Außerdem ist der nPA fälschungssicher.
Weitere Informationen unter AusweisApp2, Online-Ausweisen, Die eID-Funktionen des Personalausweises nutzen und Elektronische Identitäten.
Die Post bietet bereits die Online-Identifizierung mit dem nPA an.
Mit der Ankündigung, die Online-Ausweisfunktion des nPA künftig standardmäßig freizuschalten, löste die Bundesregierung nicht nur Begeisterung aus. Seine Bedenken formulierte der Chaos Computer Club bereits im Jahr 2013 in Trügerische Sicherheit: Der elektronische Personalausweis. Aufhorchen lässt die Meldung, wonach im Gesetz zum elektronischen Personalausweis ein automatisierter Abruf für Geheimdienste integriert werden soll, wie auf netzpolitik aktuell berichtet wird.
Weitere Informationen zur Sicherheit des nPA liefert das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik (BSI) auf der Seite Sicherheitsmechanismen in elektronischen Ausweisdokumenten.
Ein Problem bleibt dennoch: Es fehlen die Dienste, wie ein Leser den Bericht Mobile AusweisApp2 für Personalausweis soll zur CeBIT kommen kommentierte:
Ist ja toll, dass mein Smartphone bald mehr mit der Karte „reden“ kann, es bringt aber nichts, wenn die vorher so groß beworbenen Dienste nicht vorhanden sind.
Welche Behörde hat denn wirklich schon den nPA angeboten? Welche Online-Shops haben das?
Hier fehlt einfach noch etwas Fleisch am Knochen!
Der Präsident des Bundesverwaltungsamtes, Christof Verenkotte, bemängelt, dass die Bürger und Ämter nicht ausreichend über die Vorteile des nPA informiert sind, wie in Neuer elektronischer Personalausweis ist ein Flop zu lesen ist.
Es gibt jedoch auch Beispiele, die für einen langfristigen Erfolg des nPA sprechen.
So wurde in den Niederlanden kürzlich die erste grenzüberschreitende eID-Nutzung realisiert. Auf heise steht dazu:
Das niederländische Demo-Portal ist eine der ersten Testmöglichkeiten, wie europäische Vertrauensdienste bei der elektronischen Identifizierung gemäß der eIDAS-Verordnung genutzt werden können. Die grenzüberschreitende Identifizierung auf der Basis der nationalen eID-Systeme der Mitgliedsstaaten soll die europaweite Kommunikation mit Behörden und Firmen ermöglichen. Als Beispiel nennt die Europäische Kommission die identitätsgeprüfte Anmietung eines Ferienhauses in einem Ferienland. Nach einer Schätzung der EU-Kommission besitzen derzeit 170 Millionen EU-Bürger einen Ausweis mit integrierter eID-Funktionalität.
Auch im benachbarten Belgien wird intensiv daran, den Kartenleser für die Online-Identifizierung mittels nPA/eID überflüssig zu machen, wie in eID-Kartenleser sollen bald ausgedient haben zu erfahren ist.
Künftig soll der Zugang zur elektronischen Steuererklärung (Tax-on-Web) oder zur persönlichen Pensionsakte (MyPension) ähnlich einfach sein wie mobile Bankgeschäfte mit dem Smartphone.
Daneben gibt es Überlegungen, ein eID-System auf Basis der Blockchain zu implementieren, woran in Frankreich in dem Projekt ISÆN gearbeitet wird. Darüber berichtete heise in eID-System ISÆN: Erika Mustermanns Daten landen in der Blockchain.