Die Commerzbank stand zu Beginn des 20. Jahrhundert im Schatten der anderen Großbanken, wie der Deutschen Bank und der Dresdner Bank. Das änderte sich zu Beginn der 1920er Jahre, als die Commerzbank eine aggressive Expansionsstrategie verfolgte, in deren Zentrum das Filialgeschäft stand. In nur wenigen Jahren gelang es der Commerzbank das nach der Deutschen Bank größte Filialnetz aufzubauen. Das führte jedoch zu Steuerungsproblemen. Die Zentrale der Commerzbank verlor die Übersicht über die Aktivitäten der Filialen im Kreditgeschäft mit Unternehmenskunden. “Die Risikobereitschaft der Niederlassungen bei der Kreditbewilligung und ‑betreuung war schließlich sogar ein signifikanter Katalysator für die dramatisch sinkende Liquidität der Commerzbank zur Zeit der Bankenkrise 1931”, so Falk Liedtke in Konkurrenz belebt das Geschäft? – Das Filialgeschäft der Commerzbank in den 1920er- und 1930er- Jahren zwischen Expansion und Konkurrenzdruck. Es zeigte sich, dass die Filialen ein Eigenleben führten[1]Vgl. dazu: Die Geschichte der Commerzbank als Filialgroßbank.
Was waren die Gründe? Wie gelang es den Filialen, eine Geschäftspolitik zu betreiben, die derjenigen der Zentrale zuwider lief? Warum griff die Zentrale nicht ein – bzw. warum reichten die disziplinarischen Mittel nicht aus?
Die Filialen der Commerzbank genossen bei der Kreditvergabe eine für die damalige Zeit und verglichen mit den Mitbewerbern typische Handlungsfreiheit. “Schon in der Geschäftsordnung von 1899 gestand die Bank ihren Niederlassungen eine eigenständige Betreuung von Kreditsummen bis 150.000 Mark zu. In den darauffolgenden zwei Jahrzehnten passte sie die Zuständigkeiten parallel zum Wachstum des Filialnetzes schrittweise an”.
Obwohl die Zuständigkeiten eigentlich klar geregelt waren, legten die Filialen die Regeln großzügig aus – sie agierten mehr oder weniger eigenmächtig. Die Zentrale schaute hilflos dabei zu: “In der Theorie waren für das Kundenkreditgeschäft der Filialen klare Rahmenbedingungen entsprechend den Geschäftsstrategien der Mutterbank gesetzt. Die Einhaltung dieser Richtlinien hing aber von der Durchsetzungsfähigkeit der Zentrale gegenüber den Filialen ab und vom Willen der Filialen, die Regeln der Mutterbank umzusetzen. In der Praxis wies das Kundenkreditgeschäft der Commerzbank in beid…
References
↑1 | Vgl. dazu: Die Geschichte der Commerzbank als Filialgroßbank |
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