Von Ralf Keuper

Im Jahr 1869 fass­ten meh­re­re Pri­vat­ban­kiers den Ent­schluss, ein Insti­tut zu grün­den, des­sen Haupt­auf­ga­be dar­in bestehen soll­te, deut­sche Unter­neh­men bei ihren geschäft­li­chen Akti­vi­tä­ten im Aus­land zu beglei­ten. Geplant war die Eröff­nung von Nie­der­las­sun­gen in Lon­don, New York, Indi­en, Chi­na und Süd­ame­ri­ka. Bereits im März 1870 nahm das Insti­tut als Deut­sche Bank sei­nen Betrieb auf. Die neue Bank war von ihren Grün­dern als Ergän­zung zu ihren eige­nen Insti­tu­ten gedacht. Das Inlands­ge­schäft soll­te daher in den bewähr­ten Hän­den der alt­ein­ge­ses­se­nen Ban­ken ver­blei­ben. Als ers­ter Direk­tor wur­de Georg von Sie­mens beru­fen, ein Nef­fe des Grün­ders der Sie­mens-Wer­ke, Wer­ner von Sie­mens. Georg von Sie­mens eben­so wie sei­ne Kol­le­gen ver­kör­per­ten den bis dahin in Deutsch­land unbe­kann­ten Typus des Mana­ger-Ban­kiers. Schon bald zeig­te sich, dass die Ent­wick­lung des Aus­lands­ge­schäfts einen lan­gen Atem und aus­rei­chend qua­li­fi­zier­tes Per­son benö­tig­te. Ohne ein trag­fä­hi­ges Inlands­ge­schäft konn­te die Deut­sche Bank ihre Auf­ga­be in Über­see nicht erfül­len. Gegen den Wider­stand der Ver­tre­ter der Grün­der­ban­ken, die in der Deut­schen Bank nur eine Spe­zi­al­bank sahen und kei­ne Kon­kur­renz her­an­züch­ten woll­ten, setz­te sich das Direk­to­ri­um der Deut­schen Bank unter Füh­rung von Georg von Sie­mens und Her­mann Wal­lich mit ihren Plä­nen durch. Die Deut­sche Bank wand­te sich dar­auf­hin dem Depo­si­ten- und Indus­trie­ge­schäft zu. Durch den direk­ten Kun­den­kon­takt gelang­te die Deut­sche Bank an wert­vol­le Infor­ma­tio­nen, die wie­der­um für den Absatz ver­schie­dens­ter Finanz­pro­duk­te ver­wen­det wer­den konn­ten, wie im Effek­ten- und Emis­si­ons­ge­schäft. Mit der Zeit pass­te sich die Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tur der Deut­schen Bank dem neu­en Geschäfts­mo­dell an. Die Ver­flech­tung mit der hei­mi­schen Wirt­schaft nahm deut­lich zu. Spie­gel­bild die­ser Ent­wick­lung war die Kon­zern­struk­tur. Die Deut­sche Bank war so etwas wie das Infor­ma­ti­ons­zen­trum der Deut­schen Wirtschaft.

Jedoch ver­folg­te die Deut­sche Bank kei­nen Mas­ter­plan. Die Aus­dif­fe­ren­zie­rung des Kon­zerns war auch das Ergeb­nis des Zufalls und genutz­ter Gele­gen­hei­ten, wobei zahl­rei­che Rück­schlä­ge nicht aus­blie­ben. Man­che Initia­ti­ve wur­de zum Erfolg, obwohl sich die ursprüng­li­che Absicht nicht erfüll­te, wie im Fall der Deut­schen Treu­hand-Gesell­schaft[1]Deut­sche Treu­hand-Gesell­schaft – ehe­ma­li­ge Deut­sche Bank-Toch­ter und Vor­läu­fer von KPMG.

Das eigent­li­che Herz­stück und die infor­mel­le Kom­man­do­zen­tra­le der Deut­schen Bank war das Sekre­ta­ri­at. Deren Mit­ar­bei­tern fiel die Auf­ga­be zu, die Direk­ti­on bei ihrer Arbeit zu unter­stüt­zen. Auf­grund ihrer Spe­zi­al­kennt­nis­se und ihrer Ein­bin­dung in kom­ple­xe Bank­ge­schäf­te waren die Mit­ar­bei­ter des Sekre­ta­ri­ats häu­fig die ers­te Wahl bei der Beset­zung von Füh­rungs­po­si­tio­nen. Fer­ner waren die lei­ten­den Mit­ar­bei­ter des Sekre­ta­ri­ats als neben­amt­li­che Vor­stands­mit­glie­der im opera…