Von Ralf Keuper
Im Jahr 1890 gründete die damals noch junge Deutsche Bank die Deutsch-Amerikanische Treuhandgesellschaft. Diese sollte die Interessen deutscher Aktionäre vertreten, die in US-amerikanische Unternehmen, vornehmlich Eisenbahngesellschaften investiert waren. Ihre Hauptaufgabe bestand darin, die Dividenden für die Aktionäre einzuziehen. Durch die Krise der US-amerikanischen Eisenbahngesellschaften entfiel die Aufgabe des Dividendeneinzugs. Fortan agierte die Deutsch-Amerikanische Treuhand-Gesellschaft als reine Interessenvertretung. Im Lauf der Zeit übernahm die Gesellschaft weitere treuhänderische Aufgaben für deutsche Kapitalanleger, wie in Süd- und Mittelamerika. Ihre eigentliche Bestimmung fand die Treuhand-Gesellschaft bei der Reorganisation einiger Pfandbriefbanken, die durch Bilanzverschleierungen in Schwierigkeiten geraten waren. Die Gläubigerversammlungen der ins Straucheln geratenen Banken beauftragten die mittlerweile als Deutsche Treuhand-Gesellschaft firmierende Konzerntochter der Deutschen Bank mit der Wahrung ihrer Interessen. Ihr Mandat umfasste dabei auch die Prüfung der inneren und wirtschaftlichen Verhältnisse der Banken. Die erste deutsche Wirtschaftsprüfungsgesellschaft war geboren.
Bereits in den ersten Jahren ihrer Geschäftstätigkeit konnte die Deutsche Treuhand-Gesellschaft einen großen Kundenkreis angesehener Unternehmen aufbauen, darunter Siemens und Deutz. Um den Kundenkreis auszuweiten, bot die Deutsche Bank befreundeten Banken sowie Vertretern der eigenen Konzerntöchter die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat der Treuhand-Gesellschaft an. Der damalige Herausgeber der noch heute erscheinenden Fachzeitschrift “Die Bank”, Alfred Landsburgh, kritisierte, dass eine von der Deutschen Bank abhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft einen tiefen Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse der wichtigsten deutschen und z.T. auch ausländischen Unternehmen erhalte. Überdies bestehe die Gefahr, dass die Gesellschaft von der Deutschen Bank für ihre Zwecke instrumentalisiert werde. Der damalige Chef der Deutschen Bank, Arthur von Gwinner, begegnete den Vorwürfen, indem er darauf hinwies, dass es sich bei der Wirtschaftsprüfung um kein sonderlich rentables Geschäft handele; die Bank verdiene mit ihrem Kerng…