Von Ralf Keuper
Als Rudolf Hilferding im Jahr 1910 sein Buch Das Finanzkapital veröffentlichte, war ihm damit nach Ansicht einiger Zeitgenossen ein großer Wurf gelungen. Nicht wenige glaubten darin die Fortsetzung der Geld- und Kredittheorie von Karl Marx zu erkennen. Unter Globalisierungsgegnern genießen einige seiner Thesen bis heute Zuspruch.
Die von Hilferding in die Diskussion gebrachte Neuerung bestand in der Einführung und Interpretation des Begriffs “Finanzkapital”. Das Finanzkapital entsteht demnach aus der Verschmelzung von Bank- und Industriekapital, wobei die Banken die Kontrolle haben. Wenn Banken Kredite an Unternehmen vergeben, so werden sie damit für Hilferding zu Anteilseignern, die Einfluss auf die Entwicklung des Unternehmens ausüben. Es ergibt sich eine einseitige Abhängigkeit, aus der sich die Unternehmen kaum befreien können, solange sie auf Bankkredite angewiesen sind.
Aktien sind für Hilferding lediglich fiktives Kapital.
Die Aktie ist Revenue-Titel, Schuldtitel auf künftige Produktion, Ertragsanweisung. Indem dieser Ertrag kapitalisiert wird und dies den Preis der Aktie konstituiert, scheint in diesen Aktienpreisen ein zweites Kapital vorhanden zu sein. Dieses ist rein fiktiv. Was wirklich existiert, ist nur das industrielle Kapital und sein Profit. Das hindert aber nicht, dass dieses fiktive “Kapital” rechnungsmä…