Von Ralf Keuper
Im deutschen Kaiserreich mussten die Bankiers lange um ihre gesellschaftliche Anerkennung kämpfen. Ihr Ansehen rangierte deutlich hinter dem von Offizieren oder hohen Beamten. Bankiers standen unter dem Generalverdacht, ausschließlich materialistischen Interessen nachzugehen und geistigen Genüssen gegenüber unempfänglich zu sein sowie über keine hohe Bildung zu verfügen.
In Bankiers als Bildungsbürger schildert Morten Reitmayer die Bemühungen bzw. Strategie führender Bankiers im deutschen Kaiserreich, ihren Status, ihr symbolisches Kapital (Pierre Bourdieu) zu erhöhen. In den meisten Fällen gelang es erst den Kindern von Bankiers wie Georg von Siemens oder Carl Fürstenberg, über eine hohe Bildung von den gesellschaftlichen Eliten jener Zeit als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft akzeptiert zu werden. Reitmayer unterscheidet ferner zwischen den Privatbankiers, wie den Mendelssons, Warburgs und Oppenheims, und Bankmanagern, wie von Siemens, Hansemann und Fürstenberg. Während die Bankmanager quasi Tag und Nacht mit Arbeit verbrachten, pflegten die Privatbankiers den Lebens- und Arbeitsstil eines Gentleman. Reitmayer berichtet über eine Anekdote:
Max Warburg kolportierte über den Chef des Pariser Hauses Rothschild: “Baron Alfred de Rothschild fand, ich mache zu …