Von Ralf Keuper

Wenn die Ban­ken sich wei­ter­hin in einem Markt­um­feld behaup­ten wol­len, das kei­ne gro­ße Rück­sicht auf Ver­hal­tens­wei­sen und Regeln nimmt, die sich in der Ver­gan­gen­heit  bewährt haben, dann geht das nach Ansicht vie­ler Exper­ten nur durch die Ein­füh­rung agi­len Den­kens und Han­delns, kurz­um: mit einem “agi­len Mind­set” der Mitarbeiter.

Agil bedeu­tet so viel wie die Fähig­keit und Bereit­schaft, sich rasch an eine neue Umge­bung anzu­pas­sen. Neue Denk­mus­ter und Ver­hal­tens­wei­sen müs­sen ent­wi­ckelt; alte, auf Erfah­run­gen beru­hen­de, abge­streift wer­den. Ergeb­nis ist eine ver­än­der­te Ein­stel­lung der Mit­ar­bei­ter, wel­che – im Ide­al­fall – die gan­ze Orga­ni­sa­ti­on umwandelt.

Agi­li­tät setzt sich erst lang­sam in der Ban­ken­bran­che durch 

Der Erfolg eini­ger Fin­tech-Start­ups wird in ers­ter Linie dar­auf zurück­ge­führt, dass hier mit agi­len Metho­den in kur­zer Zeit neue, nut­zer­zen­trier­te Appli­ka­tio­nen ent­wi­ckelt wer­den. In vie­len Ban­ken dage­gen domi­nie­ren star­re Release-Zyklen. Die Finanz-Infor­ma­tik, der IT-Dienst­leis­ter der Spar­kas­sen, lie­fert zwei­mal pro Jahr ein neu­es Release des Kern­ban­ken­sys­tems OSPlus aus (Vgl. dazu: Plei­ten, Pech & Pan­nen: Die schwe­re Kri­se der Spar­kas­sen-IT). Nicht viel anders ver­hält es sich es bei der Fidu­cia & GAD IT AG, dem IT-Dienst­leis­ter der Volks­ban­ken (Vgl. dazu: Genos­sen­schaft­li­ches Mammut­projekt trägt ers­te Früch­te). Die Ent­schei­dungs- und Abstim­mungs­pro­zes­se sind zu lang. Von Nut­zer­ori­en­tie­rung, eine wesent­li­che Vor­aus­set­zung für Agi­li­tät, kann hier kaum die Rede sein.

Das Bei­spiel ING 

Die ING zählt zu den Ban­ken in Deutsch­land, die bei der Ein­füh­rung agi­ler Metho­den schon recht weit sind (Vgl. dazu: Die ers­te agi­le Bank Deutsch­lands). Dafür hat die ING eigens den Leit­fa­den „One Agi­le Way of Working“ (OAWOW) ent­wi­ckelt. Auf der Ebe­ne der Ver­hal­tens­wei­sen der Mit­ar­bei­ter soll der „Oran­ge Code“ für die gewünsch­te Men­ta­li­tät sor­gen. Den metho­di­schen Rah­men lie­fern agi­le Arbeits­tech­ni­ken wie Scrum, Kan­ban und Pace.

Wei­te­re wich­ti­ge Stil­ele­men­te sind „Squads“, „Tri­bes“, “Exper­ti­se Teams” und “Cus­to­mer Loyal­ty Teams”. Dar­in wer­den von den Mit­ar­bei­tern die Ideen ent­wi­ckelt und gemein­sam prio­ri­siert. Ergeb­nis sind fünf Top-Prio­ri­tä­ten sowie 10–20 wei­te­re Prio-Akti­vi­tä­ten für das nächs­te Quar­tal. An der Umset­zung arbei­ten 6–9 Per­so­nen – ohne Fach­kon­zept. Ziel ist es, die Ent­wick­ler näher an das Pro­dukt zu brin­gen; die Mit­ar­bei­ter rücken enger an di…