Kurz nach dem Napoleonischen Kriegen entwickelt der Comte de Saint-Simon das Konzept der unternehmerischen Bank: gezielte Nutzung von Kapital zur Erzeugung von Wirtschaftswachstum. Bis dahin waren die Banken in erster Linie Geldverleihinstitute, die Darlehen nur gegen “Sicherheit” gewährten wie z.B. die “Steuerhoheit” eines Fürsten. Saint-Simons Bankier sollte investieren. Saint-Simon hatte zu seiner Zeit außerordentlichen Einfluss. Nach seinem Tod im Jahre 1826 wurden sein Andenken und seine Ideen fast kulthaft verehrt. Dennoch vergingen noch sechsundzwanzig Jahre, bis seine Schüler Jacob und Isaac Pereire, die erste unternehmerische Bank, Crédit Mobilier, gründeten und damit den heute so bezeichneten “Finanzkapitalismus” einläuteten. …
Die Brüder Pereire gründeten die schon erwähnte erste unternehmerische Bank im Jahre 1852. Sie scheiterte schon nach wenigen Jahren, weil die Brüder nur eine Wissensgrundlage hatten. Die unternehmerische Bank braucht aber zwei. Die Pereires besaßen ein kreatives Finanzkonzept und waren damit brillante “Venture Capitalists”, aber ihnen fehlten solide und systematische Kenntnisse im Bankwesen. Diese Grundlagen wurden zur gleichen Zeit jenseits des Kanals von den Briten entwickelt und in Walter Bagehots Klassiker Lombard Street systematisch dargestellt. Nach dem Scheitern der Brüder Pereire Anfang der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts machten drei voneinander unabhängige junge Männer dort weiter, wo die Pereires aufgehört hatten, ergänzten das Risiko-Kapital durch Wissensgrundlagen im Bankwesen und hatten Erfolg. Der erste war J.P. Morgan, der in London gelernt und sich dann in Paris gründlich über den Crédit Mobilier informiert hatte. Er gründete die erfolgreichste unternehmerische Bank des 19. Jahrhunderts in New York. Der zweite, jenseits des Rheins, war ein junger Deutscher, Georg Siemens, der eine von ihm so benannte “Universalbank” gründete. Darunter verstand er eine Bank, die sowohl im Depositgeschäft nach britischem Muster als auch im unternehmerischen Sektor nach dem Vorbild der Pereires tätig war. Im weit entfernten Tokio wurde ein weiterer junger Mann, Shibusawa Eichii, aktiv. Er hatte zu den ersten Japanern gehört, die nach Europa reisten, hatte dort das Bankwesen aus erster Hand studiert und einige Zeit in Paris und in Londons Lombard Street verbracht. Er schaffte eine japanische Version der Universalbank und wurde damit zum Mitbegründer der modernen japanischen Wirtschaft. Deutsche Bank und Shibusawas Daichi Bank bestehen heute noch.
Quelle: Peter Drucker. Innovationsmanagement für Wirtschaft und Politik