Von Ralf Keuper
Die Medi­en­bran­che hat in den letz­ten Jah­ren einen tief­grei­fen­den Wan­del durch­lau­fen, der aus Sicht des Ban­king aus meh­re­ren Grün­den eine inten­si­ve­re Beschäf­ti­gung lohnt.
Zum einen des­halb, da sich das Geschäft der Ban­ken und Medi­en­un­ter­neh­men fast aus­schließ­lich um die Ver­ar­bei­tung und Prä­sen­ta­ti­on von Infor­ma­tio­nen dreht, und zum ande­ren, weil die Digi­ta­li­sie­rung in bei­den Bran­chen die bestehen­den Geschäfts­mo­del­le von Grund auf ver­än­dert (hat).
Noch vor zehn Jah­ren domi­nier­ten Kon­zer­ne wie Viven­di, News Cor­po­ra­ti­on, Ber­tels­mann, Time War­ner und Sony das inter­na­tio­na­le Medi­en­ge­schäft. Ent­we­der leg­te man den Schwer­punkt der Akti­vi­tä­ten auf den Bereich Print­me­di­en, wie die News Cor­po­ra­ti­on, streb­te eine Diver­si­fi­zie­rung an wie Ber­tels­mann oder setz­te auf den Bereich Enter­tain­ment wie Sony (oder auch Dis­ney). Die Gren­zen waren mehr oder weni­ger klar abge­steckt, man kann­te und respek­tier­te sich – bis Goog­le, Ama­zon und Apple den Medi­en­markt umkrempelten.
Dank Goog­le gehört das Infor­ma­ti­ons­mo­no­pol der Medi­en­kon­zer­ne der Ver­gan­gen­heit an, mit You­Tube hat der Kon­zern inzwi­schen die Fern­seh­ge­wohn­hei­ten ver­än­dert. Ama­zon hat den Buch­han­del fast im Allein­gang revo­lu­tio­niert. Kaum ein Ver­lag kommt mehr an Ama­zon vor­bei. Das Unter­neh­men hat sich zwi­schen die End­kun­den und die Ver­la­ge geschal­tet. Die Mög­lich­keit, die Lie­fe­rung in Echt­zeit mit­zu­ver­fol­gen und Bücher eben­so wie Ver­sen­der bewer­ten zu kön­nen, hat den Kun­den eine Stim­me gege­ben, die ihnen die alten Spie­ler nicht geben konn­ten oder woll­ten. Jetzt steigt Ama­zon auch noch sel­ber ins Ver­lags­ge­schäft ein. Apple wie­der­um hat mit itu­nes das Musik­ge­schäft auf eine neue Basis gestellt. Seit­dem sind die sog. Majors auf die Rol­le von Lie­fe­ran­ten redu­ziert, die fast schon froh sein dür­fen, wenn sie mit Apple Geschäf­te machen können.
Bin­nen weni­ger Jah­re also haben die Medi­en­kon­zer­ne ihre domi­nie­ren­de Stel­lung verloren. 
Jeder Medi­en­kon­zern ver­sucht seit­dem, auf sei­ne Wei­se eine Ant­wort auf die Her­aus­for­de­run­gen zu fin­den. Nach­dem die Aus­flü­ge in die Welt des Inter­net weit hin­ter den Erwar­tun­gen zurück­blie­ben, man den­ke an Ber­tels­mann und Lycos, an die News Cor­po­ra­ti­on und Myspace, sind die klas­si­schen Medi­en­kon­zer­ne auf der Suche nach einer neu­en Rolle.
Bei Ber­tels­mann wird das an dem rasan­ten Wachs­tum von arva­to sicht­bar. Das Geschäft ver­schiebt sich hier immer mehr vom Con­tent in Rich­tung Logistik/​Vertrieb/​Service. Par­al­lel dazu treibt der Kon­zern die digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on vor­an, um im Bereich Con­tent nicht völ­lig den Anschluss zu ver­lie­ren. Ganz der Digi­ta­li­sie­rung ver­schrie­ben hat sich der Sprin­ger-Kon­zern. Mit Aus­nah­me von Bild und Welt führt der Ver­lag kei­ne (nen­nens­wer­ten) Print-Pro­duk­te mehr im Angebot. 
Inzwi­schen bekom­men auch die Lie­fe­ran­ten von Finanz­in­for­ma­tio­nen wie Thom­son Reu­ters und Bloom­berg die Kon­kur­renz aus dem Netz zu spü­ren. Noch kann die Crowd die Platz­hir­sche nicht erset­zen. Sie kommt aller­dings immer näher.

Geschickt gehen eini­ge der Spe­zi­al­ver­la­ge, wie C.H. Beck vor. Des­sen Ziel ist es, in einer Mischung aus Print und Dig­ti­al die peri­odi­schen Infor­ma­ti­ons­in­ter­es­sen der Ziel­grup­pen abzu­de­cken. Ähn­lich ver­fährt Else­vier. Pro­ble­ma­ti­scher ist dage­gen die Aus­gangs­si­tua­ti­on der Tages­zei­tun­gen. Auch mit der Lan­cie­rung digi­ta­ler Ange­bo­te wird es schwer wer­den, auf Dau­er noch pro­fi­ta­bel zu arbei­ten. Dafür ist der Con­tent zu aus­tausch­bar. Ganz zu schwei­gen von der “Cus­to­mer Expe­ri­ence”. 
In Ansät­zen mit der wach­sen­den Fin­tech-Start­up-Sze­ne ver­gleich­bar sind die vie­len klei­nen digi­ta­len Ver­la­ge, die der­zeit mit “wil­den Ver­öf­fent­li­chun­gen” (Beat-Publi­shing) die Bran­che irri­tie­ren, wie Frisch & Co und ande­re

Es passt ins Bild, dass die der­zeit welt­weit wert­volls­te Mar­ke im Ban­king, Wells Far­go, einst als Trans­port­un­ter­neh­men im sog. “Wil­den Wes­ten” begann. Bei die­ser Gele­gen­heit wur­den immer auch Nach­rich­ten bzw. Infor­ma­tio­nen trans­por­tiert. Zusam­men mit den spä­ter das Trans­port­we­sen domi­nie­ren­den Eisen­bah­nen führ­ten sie die noch jun­ge Nati­on in ein, wenn man so will und in Anleh­nung an Alfred Chand­ler, ers­tes Infor­ma­ti­ons­zeit­al­ter. Wie kaum eine ande­re der klas­si­schen Ban­ken ist Wells Far­go der­zeit dabei, sich den ver­än­der­ten Bedin­gun­gen anzu­pas­sen, um nicht, wie die gro­ßen Medi­en­kon­zer­ne, von Goog­le, Ama­zon und Apple auf die hin­te­ren Rän­ge ver­wie­sen zu werden.
Die BBVA hat mit der Über­nah­me der Bank Simp­le ein deut­li­ches Signal für die gesam­te Bran­che gesetzt. Deren Vor­stands­chef Fran­cis­co Gon­za­les warn­te bereits vor eini­gen Mona­ten davor, dass Ama­zon und Goog­le ihre Zurück­hal­tung able­gen und das Ban­king für sich ent­de­cken könn­ten. Eigent­lich ist er ziem­lich sicher, dass die­ser Fall ein­tre­ten wird.
Peter Weill u.a. emp­feh­len bei der Imple­men­tie­rung eines digi­ta­len Geschäfts­mo­dells drei Varianten: 
  • Con­tent (What is consumed?)
  • Expe­ri­ence (How is it packaged?)
  • Plat­form (How is it delivered?)
Der Ansatz, alles aus einer Hand anzu­bie­ten und in jeder Kate­go­rie zur Spit­ze zu zäh­len, dürf­te selbst für die größ­ten Ban­ken kaum rea­lis­tisch sein.
Unter­bleibt die Reak­ti­on oder fällt sie zu undif­fe­ren­ziert aus, dann wer­den sich die gro­ßen Inter­net- oder Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­kon­zer­ne die Schich­ten Con­tent, Expe­ri­ence und Plat­form unter sich auf­tei­len. Die tech­no­lo­gi­schen und finan­zi­el­len Mög­lich­kei­ten dazu haben sie schon lange. 
Die gro­ßen Ban­ken müss­ten dem­nach die Kom­po­nen­ten dafür ver­wen­den, ihren eige­nen Stil zu ent­wi­ckeln, d.h. Ama­zon und Co. zwar nicht zu kopie­ren, wohl aber von ihnen zu ler­nen, wie bei­spiels­wei­se im Kun­den­ser­vice
Pri­vat- und Regio­nal­ban­ken könn­ten sich an den Stra­te­gien der Fach­ver­la­ge wie C.H. Beck ori­en­tie­ren. Für die ganz klei­nen Insti­tu­te, die noch das klas­si­sche Bank­ge­schäft betrei­ben, dürf­te es künf­tig ähn­lich schwer wer­den wie für die Tageszeitungen. 

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