Die Ent­wick­lung der Staats­fi­nan­zen in Euro­pa ist eine fas­zi­nie­ren­de Erzäh­lung wirt­schaft­li­cher Trans­for­ma­ti­on. Vom Mit­tel­al­ter bis zum Beginn des 20. Jahr­hun­derts voll­zog sich ein bemer­kens­wer­ter Anstieg staat­li­cher Ein­nah­men und Aus­ga­ben, der die wach­sen­de Kom­ple­xi­tät und Leis­tungs­fä­hig­keit euro­päi­scher Staa­ten widerspiegelt.

Um das Jahr 1300 ver­füg­te Phil­ipp der Schö­ne von Frank­reich bereits über beacht­li­che 10,8 Mil­lio­nen Mark Staats­ein­künf­te, wäh­rend die Repu­blik Vene­dig 1423 ähn­li­che 11 Mil­lio­nen Mark erwirt­schaf­te­te. Im Ver­gleich dazu erschei­nen die Ein­nah­men deut­scher Herr­scher wie Karl IV. mit gera­de ein­mal 3 Mil­lio­nen Mark gera­de­zu beschei­den. Bis zum 16. und 17. Jahr­hun­dert stie­gen die Staats­haus­hal­te lang­sam, aber ste­tig: Karl V. erreich­te 1518 32 Mil­lio­nen Mark, Karl II. von Eng­land zwi­schen 1660 und 1670 immer­hin 36 Mil­lio­nen Mark.

Das 18. Jahr­hun­dert mar­kier­te einen bedeu­ten­den Wen­de­punkt. Katha­ri­na die Gro­ße von Russ­land ver­füg­te 1762 über 53 Mil­lio­nen Mark, Fried­rich II. von Preu­ßen 1786 bereits über 60–69 Mil­lio­nen Mark. Eng­land prä­sen­tier­te 1790 bereits beein­dru­cken­de 340 Mil­lio­nen Mark Staats­ein­kom­men, Frank­reich im sel­ben Jahr­hun­dert zwi­schen 320 und 480 Mil­lio­nen Mark.
Der Sprung ins frü­he 20. Jahr­hun­dert war gera­de­zu atem­be­rau­bend. Im Jahr 1907 wie­sen Groß­bri­tan­ni­en ein Brut­to­bud­get von 4.234 Mil­lio­nen Mark, Frank­reich von 2.967 Mil­lio­nen Mark und Deutsch­land sogar 6−7.000 Mil­lio­nen Mark aus. Die­se Ent­wick­lung von anfäng­lich kaum 1 Mil­li­on Mark im Mit­tel­al­ter zu meh­re­ren Tau­send Mil­lio­nen Mark inner­halb weni­ger Jahr­hun­der­te stellt eines der bedeu­tends­ten wirt­schaft­li­chen Phä­no­me­ne dar.

Die­se Zah­len ver­deut­li­chen nicht nur das enor­me finan­zi­el­le Wachs­tum, son­dern doku­men­tie­ren auch die zuneh­men­de staat­li­che Hand­lungs­fä­hig­keit, wirt­schaft­li­che Kom­ple­xi­tät und admi­nis­tra­ti­ve Ent­wick­lung euro­päi­scher Nationalstaaten.

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Zum Reprint: Skiz­ze einer Finanz­ge­schich­te von Frank­reich, Öster­reich, Eng­land und Preu­ßen (1500–1900)