Von Ralf Keuper
In seinem Buch Metropolen des Kapitals schildert der Wirtschaftshistoriker Yossef Casiss die wechselvolle Geschichte der internationalen Finanzzentren.
Der Auf- und Abstieg der Finanzmetropolen ist das Ergebnis endogener wie auch exogener Faktoren. Bis zu einem bestimmten Grad kann ein Finanzplatz seine Geschicke aus eigener Kraft gestalten, z.B. über die Wirtschafts- und Steuerpolitik. Weitgehend machtlos ist ein Finanzplatz jedoch gegenüber nationalen und internationalen Krisen, z.B. als Folge kriegerischer Auseinandersetzungen. Der Aufstieg Englands zur führenden See- und Handelsmacht der Welt sorgte dafür, dass London die niederländischen Finanzmetropolen Antwerpen und Amsterdam überholte und zum wichtigsten Finanzzentrum der Welt aufstieg.
Gemeinsam ist allen Finanzmetropolen, dass sie sich als Knotenpunkt für die Finanz- und Informationsströme etablieren konnten. Das erklärt, weshalb Finanzzentren gleichzeitig auch wichtige Standorte für Medienunternehmen, Handelskonzerne, Versicherungen und internationale Messen waren bzw. sind. Obgleich Cassis den allgemeinen Tenor unter den Wirtschaftshistorikern teilt, wonach die Stabilität der politischen Institutionen, die Stärke der Landeswährung, Sparvermögen, mächtige Finanzinstitutionen, geringe steuerliche Belastung und leistungsfähige Kommunikationsmittel wichtige Bedingungen für die Stellung eines internationalen Finanzzentrums sind, hält er andere, makroökonomische Faktoren für die letztlich entscheidenden:
Ein erster Schluss, den die langfristige historische Analyse nahelegt, besteht darin, den Aufstieg eines Hauptfinanzplatzes in engem Zusammenhang mit der Wirtschaftskraft seines Heimatlandes zu sehen. Das mag selbstverständlich erscheinen, wird aber dennoch häufig übersehen. .…