Von Ralf Keuper
Mit Blick auf die fortschreitende Digitalisierung in der Wirtschaft erscheint es fast schon zwingend, dass Banken, deren Kerngeschäft in der Informationsverarbeitung besteht, sich in reine Technologieunternehmen verwandeln werden. Insofern verwundert es kaum, wenn die Zahl der Beiträge, die diesen Rollenwechsel thematisieren, zunimmt, wie aktuell Banking and Finance: Just a component of the information technology sector und Comment: Banking to be defined by technology.
In den Analysen, die sich mit diesem Rollen- bzw. Stilwandel beschäftigen, werden immer wieder die Financial Technologies (FinTech) genannt. Mittlerweile unterliegt auch dieser Begriff einem Wandel, wie u.a. der Beitrag So what is FinTech zeigt.
Was sich bisher vorwiegend auf der begrifflichen Ebene vollzieht, wird über kurz oder lang auch in der Praxis, im Banking, Einzug halten. Wie die zahlreichen FinTech-Startups zeigen, ist dieser Prozess bereits im vollen Gange.
So viel ist sicher: Das Banking wird (noch) technologie- und informationsintensiver. Folgt daraus nun zwangsläufig, dass Banken zu Technologieunternehmen, wie IBM, HP, Amazon, Google oder Apple werden?
Nicht auszuschließen. Jedenfalls hat in den letzten Jahren die Bedeutung des Wettbewerbsfaktors Information zugenommen. Die Banken haben diesem Wettbewerbsfaktor in der Vergangenheit zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Ihr (natürlicher) Vorsprung ist dahin. Um mit den Veränderungen im technologischen Bereich und beim Kundenverhalten Schritt halten zu können, sind externe, unstrukturierte Informationen ebenso wichtig, wie interne. In den meisten Banken dominiert dagegen noch immer eine Innensicht. Um externe, unstrukturierte Informationen be- und verwerten zu können, wird eine Organisationsstruktur benötigt, die dezentral ausgelegt ist und mit möglichst wenig Hierarchie auskommt, wie Haim Mendelson und Johannes Ziegler in Organisations-Intelligenz IQ – Innovatives Informationsmanagement für das 21. Jahrhundert schreiben. Das erfordert auf Seiten der Banken einen tiefgreifenden Kulturwandel – und der braucht Zeit. Die Frage ist, ob die Zeit noch ausreicht.
Ein weiterer Schub kommt von der Verbreitung sog. Intellektueller Technologien, wie Daniel Bell sie einst genannt hat. Zu dieser Kategorie zählt m.E. auch das Thema “Big Data”, was immer sich im Einzelfall dahinter verbergen mag. Reine Technologieunternehmen haben hier einen Startvorteil.
Bereits vor einigen Jahren beschrieb der der damalige CEO der Credit Suisse, Hans-Ulrich Doerig, worin angesichts fortschreitender Digitalisierung die eigentliche Herausforderung für die Banken in Zukunft liegt:
Wer dank IT das Finanzprofil des Kunden >besitztzuhören< zu können.” (in: Universalbank – Banktypus der Zukunft).
Das Problem ist nur, dass inzwischen, man denke an Mobile Payments und PFM, zahlreiche Nicht-Banken über einen guten Einblick in das Finanzprofil der Kunden verfügen. Sofern sich dieser Trend fortsetzt, bleibt für die Banken irgendwann “nur” noch die Rolle als Transakationsverarbeiter bzw. Anbieter sog. Trusted Services. Dann wären sie tatsächlich reine Technologieunternehmen. Jedenfalls wird es in Zukunft deutlich schwerer für die klassischen Universalbanken, ihre Rolle zu behaupten.
Weitere Informationen:
Why Bankers Should Think Like Technologists
Sollten die Banken sich an Softwareunternehmen orientieren?