Die Rating-Agten­tur Moody’s ana­ly­siert im Jahr zig-tau­send Finanz­be­rich­te und Bilan­zen. Das ist bis heu­te – trotz IT-Unter­stüt­zung – ein auf­wän­di­ger Pro­zess, in den meh­re­re Per­so­nen invol­viert sind.

Eine Per­son kann die Finanz­da­ten aus­wer­ten, wäh­rend eine ande­re Infor­ma­tio­nen über die Kun­den, Lie­fe­ran­ten und Kon­kur­ren­ten des Unter­neh­mens sam­melt. Ein erfah­re­ne­res Team­mit­glied könn­te dann die Daten über­prü­fen und in einem Bericht zusam­men­fas­sen, der als Ent­schei­dungs­grund­la­ge für die Auf­nah­me des Lie­fe­ran­ten die­nen würde.

Die Durch­füh­rung einer sol­chen gründ­li­chen Grund­la­gen­for­schung kann müh­sam und zeit­auf­wän­dig sein, vor allem, wenn es sich um weni­ger bekann­te Unter­neh­men han­delt, die umfang­rei­che Nach­for­schun­gen erfor­dern. Allein das Zusam­men­tra­gen aktu­el­ler Infor­ma­tio­nen aus ver­schie­de­nen Quel­len kann Stun­den oder sogar Tage in Anspruch neh­men. Bei Moody’s haben wir pro­prie­tä­ren Zugang zu vie­len die­ser schwer zu fin­den­den Daten, da wir aktu­el­le Geschäfts- und Finanz­in­for­ma­tio­nen zu mehr als 500 Mil­lio­nen Unter­neh­men ver­ar­bei­ten. Doch selbst mit die­sen Infor­ma­tio­nen bleibt die Ana­ly­se müh­sam und wird weni­ger prak­ti­ka­bel, wenn es dar­um geht, meh­re­re Unter­neh­men gleich­zei­tig zu bewerten.

Um die­se Arbeit zu auto­ma­ti­sie­ren, hat Moody’s ein LLM-basier­tes Mul­ti­agen­ten­sys­tem entwickelt.
Der Pro­zess besteht aus drei Tätigkeiten:

  1. Über­prü­fung der jüngs­ten Finanz­ergeb­nis­se, um wich­ti­ge Trends bei Wachs­tum, Mar­gen und Cash­flow zu ermitteln.
  2. Bewer­tung der Fak­to­ren, die zur Erklä­rung der beob­ach­te­ten Leis­tung bei­tra­gen, unter Ver­wen­dung von Rah­men­wer­ken wie Por­ters Fünf Kräf­te, der Ana­ly­se der Wert­schöp­fungs­ket­te und der poli­ti­schen, wirt­schaft­li­chen, sozio­lo­gi­schen, tech­no­lo­gi­schen, recht­li­chen und öko­lo­gi­schen (PESTLE) Bewertung
  3. Ein­schät­zung des Gegen­winds oder Rücken­winds, der sich auf das Geschäft aus­wirkt. Bestim­mung der Aus­wir­kun­gen auf das Unter­neh­men und sei­ne finan­zi­el­len Aussichten.

Im Anschluss dar­an wur­den in einem ers­ten Schritt die Rol­len und Ver­ant­wort­lich­kei­ten der Agen­ten definiert:

  • Agent Orchestra­tor: Führt die Work­flow-Aus­füh­rung durch und koor­di­niert den Infor­ma­ti­ons­fluss zwi­schen den Agenten
  • Agent für Finanz­ri­si­ko­ana­ly­tik: Führt alle Auf­ga­ben der Finanz­ana­ly­se durch, ein­schließ­lich hori­zon­ta­ler und ver­ti­ka­ler Ana­ly­sen, Trend­ana­ly­sen, Cash­flow-Ana­ly­sen und DuPont-Analysen
  • Agent für makro­öko­no­mi­sche Ana­ly­se: Ana­ly­siert wirt­schaft­li­che Bedin­gun­gen wie BIP-Wachs­tum, Infla­ti­on und Zins­sät­ze, die sich auf ein­zel­ne Unter­neh­men oder Sek­to­ren aus­wir­ken. Wer­tet Erkennt­nis­se aus wich­ti­gen Wirt­schafts­in­di­ka­to­ren und poli­ti­schen Ver­än­de­run­gen aus, um Bran­chen­trends und Aus­wir­kun­gen von Vor­schrif­ten zu ver­ste­hen. Kann poten­zi­el­le Chan­cen und Bedro­hun­gen identifizieren
  • Wis­sens­ba­sis­ma­nage­ment – Agent: Wer­tet ver­schie­de­ne Mate­ri­al­quel­len in der Wis­sens­ba­sis aus, um Red­un­dan­zen bei den Agen­ten zu ver­mei­den und eine kohä­ren­te Dar­stel­lung aufrechtzuerhalten
  • Kre­dit­ri­si­ko­ana­lyst: Bewer­tet die Kre­dit­wür­dig­keit von Unter­neh­men, ein­schließ­lich der Über­prü­fung des Kre­dit­ver­hal­tens in der Ver­gan­gen­heit sowie der Prü­fung von Jah­res­ab­schlüs­sen, Ein­kom­men und Cash­flow, um die Fähig­keit eines Unter­neh­mens zu beur­tei­len, sei­nen Ver­pflich­tun­gen nachzukommen
  • Qua­li­täts­si­che­rungs-Agent: Iden­ti­fi­ziert und besei­tigt Hal­lu­zi­na­tio­nen und stellt sicher, dass alle Infor­ma­tio­nen recht­zei­tig vor­lie­gen; bestä­tigt, dass alle Kom­po­nen­ten der Auf­ga­ben, die ande­ren Bear­bei­tern zuge­wie­sen wur­den genau aus­ge­führt werden

Der zwei­te Schritt ist die die Bereit­stel­lung des Zugangs zu Werk­zeu­gen (Res­sour­cen). Hier­zu zäh­len Moody’s eige­ne Daten­ban­ken und Ana­ly­se­ma­schi­nen, das Inter­net, von Moody’s kura­tier­te News­feeds oder die Ergeb­nis­se ande­rer Agen­ten gehö­ren. Die Exper­ten von Moo­dy bestim­men die Aus­wahl der Tools. “So benö­tigt bei­spiels­wei­se ein Agent, der mit der Ana­ly­se der finan­zi­el­len Leis­tungs­fä­hig­keit beauf­tragt ist, Zugang zu einem ande­ren Agen­ten, der die Finanz­da­ten und die Eigen­tü­mer­struk­tur abruft (bei­des aus den Daten­ban­ken von Moody’s ent­nom­men). Mög­li­cher­wei­se benö­tigt er auch Zugang zu einem Finanz­mo­del­lie­rungs­sys­tem. Die Exper­ten von Moody’s legen nicht nur das Tool­set fest, son­dern bera­ten den Agen­ten auch sorg­fäl­tig dar­über, wel­che Infor­ma­tio­nen zu suchen sind, wie die­se Infor­ma­tio­nen zu ver­wen­den sind, wie die Ergeb­nis­se zu orga­ni­sie­ren sind und wohin sie zu sen­den sind”. 

Im drit­ten Schritt wer­den die Agen­ten mit den nöti­gen Fähig­kei­ten aus­ge­stat­tet. Fähig­kei­ten sind die spe­zia­li­sier­ten Attri­bu­te des Agen­ten, die ihn in ein­zig­ar­ti­ger Wei­se in die Lage ver­set­zen, das jewei­li­ge Ziel zu errei­chen. “Fähig­kei­ten sind meist mit der Kapa­zi­tät des spe­zi­fi­schen LLM ver­bun­den, das den Agen­ten antreibt. Wäh­rend eini­ge Auf­ga­ben, wie z.B. das Abru­fen von Infor­ma­tio­nen, mit einem weni­ger leis­tungs­fä­hi­gen LLM zügig durch­ge­führt wer­den kön­nen, benö­ti­gen Agen­ten, die Erkennt­nis­se syn­the­ti­sie­ren, ein hoch­mo­der­nes Modell als Denk­ma­schi­ne. Fähig­kei­ten kön­nen sich auch auf die Fähig­keit eines Agen­ten zur Selbst­re­fle­xi­on und zur kon­ti­nu­ier­li­chen Ver­bes­se­rung sei­ner eige­nen Leis­tung beziehen”.

Quel­le: The rise of the digi­tal col­le­ague: eva­lua­ting com­pa­nies with Moody’s AI agents