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Von Ralf Keuper
An den Börsen kam es im analogen Zeitalter immer wieder zum Herdenverhalten, d.h. die Anleger tendierten dazu, dieselben Werte zu kaufen oder abzustoßen und ähnliche Informationsquellen für ihre Entscheidungen zu nutzen. Mit der Digitalisierung ist dieses Phänomen nicht verschwunden; es hat eher noch zugenommen. Filterblasen und Echokammern sind bildhafte Ausdrücke dafür, dass die Nutzer sich vorwiegend in einer Umgebung von Gleichgesinnten aufhalten. Informationen und Meinungen, die der eigenen Sicht widersprechen, werden ausgeblendet. An der Börse führt das zu dem bereits beschriebenen Verhalten, das Karsten Junius in Digitalisierung erhöht das Risiko von Fehlinvestitionen thematisiert. Die Einheitssicht verhindere, alternative Szenarien bei den Anlageentscheidungen zu berücksichtigen, d.h. es existiert nur ein mögliches Szenario, wie, dass Trump die Wahl nicht gewinnen kann und der Brexit die britische Wirtschaft zum sofortigen Absturz bringe. Wer seine Informationen dagegen aus unterschiedlichen Quellen bezieht, kann Widersprüche eher wahrnehmen und die Situation möglichst unabhängig von der allgemeinen Stimmung bewerten.
In letzter Zeit sind einige Fintech-Startups, vor allem aus dem Umfeld des Robo Advising, mit der Botschaft angetreten, die Stimmungen bei der Anlageentscheidung weitestgehend zu eliminieren, d.h. die emotionale Komponente so weit wie möglich zu neutralisieren.
Dass das Herdenverhalten keineswegs verschwunden ist, zeigt allein schon das Beispiel des sog. Flash Crashs im Hochfrequenzhandel. Die Deutsche Bundesbank sieht den Hochfrequenzhandel kritisch: Er sorge keineswegs für eine Stabilisierung der Börsen; im Gegenteil, er trage zur Unruhe an den Märkten bei.
Auch die ausgefeiltesten Algorithmen, die von sog. Quants programmiert werden, können das Herdenverhalten verstärken, es sogar noch potenzieren. Ergebnis ist eine “Quant-Kernschmelze”, wie sie im Jahr 2007 …