Von Ralf Keuper

Wäh­rend die Medi­en im deutsch­spra­chi­gen Raum die z.T. astro­no­mi­schen Bewer­tun­gen von Fin­tech-Start­ups kaum bis gar nicht hin­ter­fra­gen, ins­be­son­de­re die Publi­ka­tio­nen mit den the­ma­ti­schen Schwer­punk­ten Start­ups und Fin­tech, sieht es in der eng­lisch­spra­chi­gen Welt anders aus. Bei­spiel­haft dafür sind Let’s talk about Revolut’s new valua­ti­on und Are the­se Fin­tech Uni­corns worth it?.

Im letzt­ge­nann­ten Bei­trag vom August 2019 äußert sich Chris Skin­ner, einer der Vor­den­ker der Ban­king- und Fin­tech-Sze­ne, kri­tisch zu den Bewer­tun­gen eini­ger Fin­tech-Start­ups. Beson­ders sau­er ist ihm die fol­gen­de Aus­sa­ge von Maxi­mi­li­an Tay­en­thal, einem der Grün­der von N26, aufgestoßen:

In all hones­ty, pro­fi­ta­bi­li­ty is not one of our core metrics. We want to build a glo­bal finan­cial ser­vices com­pa­ny … in the years to come we won’t see pro­fi­ta­bi­li­ty, we’re not aiming to reach pro­fi­ta­bi­li­ty. The good news is we have a lot of inves­tors that have very deep pockets and that share our deep visi­on and that are wil­ling to sup­port the com­pa­ny over many years to come.

Dar­auf Skin­ners Kommentar:

Pro­fi­ta­bi­li­ty is not a core metric? So what is? Oh, inve­sta­bi­li­ty. The more peo­p­le invest the bet­ter. For­get the return on assets, return on equi­ty and returns on any­thing. It’s just get­ting ot the next fun­ding round with a big­ger pay cheque.

Wenn schon jemand wie Chris Skin­ner, der Fin­tech wohl­ge­son­nen ist, sich zu die­ser Fest­stel­lung ver­an­lasst sieht, dann lohnt es sich durch­aus, sich kri­tisch mit der Fin­tech-Sze­ne auseinanderzusetzen.

Zunächst ein­mal zu der Fra­ge, ob und inwie­weit das Argu­ment, man müs­se für einen rela­tiv lan­gen Zeit­raum mit gro­ßen Ver­lus­ten leben kön­nen, um die nöti­ge Reichweite/​Skalierung zu errei­chen, zutrifft.

In den USA ver­wen­det man für die­ses Vor­ge­hen den Begriff “Blitzsca­ling”.

Blitzsca­ling is a spe­ci­fic set of prac­ti­ces for igni­ting and mana­ging diz­zy­ing growth; an acce­le­ra­ted path to the stage in a startup’s life-cycle whe­re the most value is crea­ted. It prio­ri­ti­zes speed over effi­ci­en­cy in an envi­ron­ment of uncer­tain­ty, and allows a com­pa­ny to go from “start­up” to “sca­le­up” at a furious pace that cap­tures the market.

Nicht alle hal­ten “Blitzsca­ling” für ein Erfolgs­mo­dell, dem es nach­zu­ei­fern gilt, wie u.a. Tim O’Reilly, der sei­ne Kri­tik in dem Bei­trag The fun­da­men­tal pro­blem with Sili­con Valley’s favo­ri­te growth stra­tegy for­mu­liert hat.

Die Bei­spie­le, die als Beleg für den durch­schla­gen­den Erfolg von “Blitzsca­ling” genannt wer­den, wie Goog­le, Face­book, Micro­soft und Ama­zon, lässt O’Reilly nicht gelten:

Each of the­se com­pa­nies achie­ved pro­fi­ta­bi­li­ty (or in Amazon’s case, posi­ti­ve cash flow) long befo­re its IPO, and growth wasn’t dri­ven by a blitz­krieg of spen­ding to acqui­re cus­to­mers below cost, but by breakth­rough pro­ducts and ser­vices, and by stra­te­gic busi­ness model inno­va­tions that were roo­ted in a future that the com­pe­ti­ti­on didn’t yet under­stand. The­se com­pa­nies didn’t blitzsca­le; they sca­led sustainably.

Der Vor­sprung von Fin­tech schmilzt dahin

Wie man es auch dreht und wen­det: Fin­tech ist alles ande­re als eine Rake­ten­wis­sen­schaft, also nichts, was die Ban­ken oder ande­re Anbie­ter nicht prin­zi­pi­ell eben­so gut könn­ten. Über­dies schmilzt der eins­ti­ge tech­no­lo­gi­sche Vor­sprung und damit der ein­zi­ge wirk­li­che Wett­be­werbs­vor­teil der Fin­tech-Start­ups dahin[1]Fin­Tech Bubble: The End is Near.

A num­ber of them (e.g. Revo­lut, N26) are con­side­red by indus­try experts as overva­lued, using tech­no­lo­gies that in the pre­sent age of expo­nen­ti­al inno­va­ti­on, might as well con­side­red as actual­ly out­da­ted to some ext­ent, or at least not enough innovative.

Mit ande­ren Wor­ten: Die Fin­tech-Start­ups haben dem­nächst ein Legacy-Problem.

Nicht nur das. Im Grun­de kon­kur­rie­ren die Fin­tech-Start­ups weni­ger gegen die eta­blier­ten Ban­ken, als viel­mehr unter­ein­an­der. Sicht­bar wur­de das u.a. an dem Rück­zug von N26 aus Großbritannien.

Chal­len­ger Banks were aiming to com­pe­te with tra­di­tio­nal banks, but in rea­li­ty they are now com­pe­ting with each other for a com­pa­ra­tively small sli­ce of the enti­re user-base due to a lack of acce­le­ra­ted deve­lo­p­ment, which lags behind the cur­rent pace of tech­no­lo­gi­cal progress.

Klingt schon fast nach Innovator’s Dilemma.

Fort­set­zung folgt.

Refe­ren­ces