Von Ralf Keuper

Kann es sein, dass es sich bei der Finanz­tech­no­lo­gie (Fin­Tech) um eine neue Schlüs­sel­tech­no­lo­gie handelt?

Über die Finanz­tech­no­lo­gie heisst es bei Wiki­pe­dia:

Finanz­tech­no­lo­gie bezeich­net moder­ne Tech­no­lo­gien zur Bereit­stel­lung finan­zi­el­ler Dienst­leis­tun­gen. Dazu zäh­len zum Bei­spiel Tech­no­lo­gien im Bereich des E‑Commerce, Mobi­le-Pay­ment, Crowd­len­ding, Crowd­in­ves­t­ing und der Busi­ness Intel­li­gence, in denen tra­di­tio­nel­le Dienst­leis­ter wie etwa Ban­ken zuneh­mend bedrängt werden.

Per­sön­lich wür­de ich noch die digi­ta­len Wäh­run­gen sowie die Block­chain hinzuzählen.

Zum Begriff Schlüs­sel­tech­no­lo­gie:

Schlüs­sel­tech­no­lo­gien sind der Schlüs­sel für wei­te­re Ent­wick­lung im ent­spre­chen­den Tech­no­lo­gie­sek­tor. Schlüs­sel­tech­no­lo­gien sind im Fokus der Wis­sen­schaft, da weit genug erforscht, um einen prak­ti­schen Anwen­dungs­be­zug her­zu­lei­ten, jedoch nicht genug erforscht, um alle poten­zi­el­len Anwen­dun­gen voll­stän­dig rea­li­sie­ren zu können.
Bei­spie­le für Schlüs­sel­tech­no­lo­gien sind die Bio­in­for­ma­tik, Bil­der­ken­nung, VoIP, Robo­tik, Solar­ener­gie- und Hybrid­tech­no­lo­gie. Schlüs­sel­tech­no­lo­gien ste­hen im Fokus der Poli­tik, Medi­en und durch Wirt­schafts­un­ter­neh­men finan­zier­te Forschung

Im Ide­al­fall wird aus einer Schlüssl­tech­no­lo­gie eine Basis­tech­no­lo­gie, wie Ver­bren­nungs­mo­to­ren oder TCP.

Sicher: Nicht alles, was der­zeit unter dem Label Fin­Tech läuft, fällt unter den Begriff Schlüs­sel­tech­no­lo­gie. Ande­rer­seits meh­ren sich die Anzei­chen, dass es sich in der Sum­me um mehr als nur um einen vor­über­ge­hen­den Hype han­delt. Jeden­falls scheint man in Groß­bri­tan­ni­en die­ser Ansicht zu sein. Dort unter­stützt die Regie­rung mas­siv den FinTech-Sektor.

Brett King zieht in The Bri­tish Are Coming! With Their Fin­Tech das Fazit:

Yes, the Bri­tish are coming, but more important­ly Tech is coming to reim­agi­ne the finan­ce sec­tor, and that can’t be any­thing but a net posi­ti­ve for con­su­mers, employees and entre­pre­neurs alike.

Ins­be­son­de­re die Ach­se Lon­don-New York trägt nach Ansicht des Bür­ger­meis­ters von Lon­don, Boris John­son, dazu bei, dass sich Finanz­tech­no­lo­gien wei­ter verbreiten.

In Frank­reich hat sich Cis­co in Abstim­mung mit der fran­zö­si­schen Regie­rung dazu ent­schlos­sen, in den nächs­ten Jah­ren 100 Mil­lio­nen Dol­lar in fran­zö­si­sche Fin­Tech-Start­ups zu inves­tie­ren. Tech­Crunch schreibt dazu:

The­re are two inte­res­t­ing tid­bits behind today’s news. First, the agree­ment bet­ween Cis­co and the French Govern­ment is not just about start­ups. The two enti­ties will work tog­e­ther to edu­ca­te 200,000 peo­p­le when it comes to net­work infra­struc­tu­re jobs. Other parts of the agree­ment include col­la­bo­ra­ting on cyber­se­cu­ri­ty, smart net­works and smart cities.
In other words, dedi­ca­ting $100 mil­li­on to invest in French start­ups is a tiny part com­pared to the rest of the agree­ment. But it’s inte­res­t­ing to see that start­up invest­ment can be part of such a deal.

Fin­Tech kann also der Grund­stein für den Auf­bau einer Infra­struk­tur sein, die noch ganz ande­re Berei­che umfas­sen kann.

Eine wei­te­re Schlüs­sel­tech­no­lo­gie ist, wie schon ange­deu­tet, die Block­chain. Die Block­chain könn­te tat­säch­lich eines viel­leicht nicht mehr all­zu fer­nen Tages die Basis­tech­no­lo­gie bzw. das Leit­me­di­um der Digi­tal­mo­der­ne sein.

Volks­wirt­schaf­ten, die früh­zei­tig das Poten­zi­al von Fin­Tech und/​oder der Block­chain erken­nen, und dar­in inves­tie­ren, haben die Chan­ce, die Mas­sen­märk­te zu erobern.

In Deutsch­land ist der­weil in der Poli­tik und der Wirt­schaft nicht viel von Auf­bruch­stim­mung, wie in Groß­bri­tan­ni­en, zu spü­ren. Noch immer setzt man hier auf die Indus­trie, allen vor­an die Auto­mo­bil­in­dus­trie. Aber selbst die­se gerät ins Visier der Inter­net­kon­zer­ne. Dar­aus muss man nicht den Schluss zie­hen, dass wir hier­zu­lan­de alles über Bord wer­fen müs­sen, was sich nicht digi­ta­li­sie­ren lässt, zumal die Indus­trie ja selbst von Digi­ta­li­sie­rung erfasst wird.

Aller­dings droht die Gefahr, dass die der­zeit größ­te euro­päi­sche Volks­wirt­schaft sich von ihren Export­erfol­gen zu sehr blen­den lässt und den Anschluss an die Ent­wick­lung ver­passt. Denn: die Export­über­schüs­se erzie­len wir nicht mit Hoch­tech­no­lo­gie. Die Waren­strö­me zu beherr­schen ist auch künf­tig nicht ohne Wert, jedoch wer­den die Infor­ma­ti­ons­strö­me immer wich­ti­ger. Hier soll­te man wenigs­tens auf Tuch­füh­lung mit der Spit­zen­grup­pe sein.

Inso­fern ver­dient das Seg­ment Fin­Tech, neben ande­ren, grö­ße­re Auf­merk­sam­keit als bisher.

Update:

Über twit­ter kam von Dirk Els­ner der Hin­weis, dass es sich weni­ger um eine Schlüs­sel­tech­no­lo­gie, als um eine Schlüs­sel­phi­lo­so­phie bzw. Kul­tur handele.

Da ist was dran. Wir haben uns dar­auf geei­nigt, dass es wohl die­se Mischung aus Tech­no­lo­gie und Philosophie/​Kultur ist, die den Reiz von Fin­Tech ausmacht.

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