Wenn Unter­neh­men sich im Höhen­flug befin­den, führt das nicht sel­ten zu einer Hal­tung, die auf abwei­chen­de Mei­nun­gen und Infor­ma­tio­nen all­er­gisch reagiert. Der Glau­be an die eige­ne Über­le­gen­heit und  Ein­zig­ar­tig­keit wird pro­ble­ma­tisch, sobald die Füh­rung des Unter­neh­mens damit beginnt, mit mani­pu­la­ti­ven Mit­teln die Fas­sa­de auf­recht zu erhal­ten. Kri­ti­sche Fra­gen wer­den unter­drückt, Abweich­ler aus dem Unter­neh­men gedrängt; viel Auf­wand wird dage­gen auf die Außen­dar­stel­lung und die Ver­brei­tung von Nar­ra­ti­ven ver­wen­det, wobei, wie im Fall Wire­card, die Medi­en, die Fin­tech-Com­mu­ni­ty, Wirt­schafts­prü­fer und Auf­sichts­be­hör­den, ger­ne behilf­lich waren.

Die Welt da drau­ßen wird zuneh­mend als feind­se­lig emp­fun­den, wes­halb in sol­chen Fäl­len die Tücken des Grup­pen­den­kens beson­ders deut­lich zu Tage tre­ten – wie bei Wire­card, wie Kat­ja Lan­gen­bu­cher in Grup­pen­den­ken und Cor­po­ra­te Gover­nan­ce – illus­triert am Bei­spiel des Wire­card-Skan­dals herausarbeitet.

Der Begriff des Grup­pen­den­kens (Group Think) wur­de von Irving Janis in die sozi­al­psy­cho­lo­gi­sche For­schung ein­ge­führt. Die Grund­an­nah­me lau­tet, dass sich Hand­lun­gen in Grup­pen “nicht aus­schließ­lich durch die Addi­ti­on ein­zel­ner Indi­vi­du­en inner­halb des Kol­lek­tivs erklä­ren. Statt­des­sen zeigt sich Ver­hal­ten, wel­ches erst durch die Inter­ak­ti­on inner­halb der Grup­pe erklär­bar wird. Janis’ Bei­trag besteht unter ande­rem in der Erstre­ckung die­ser Theo­rie auf kogni­ti­ve Phä­no­me­ne, ins­be­son­de­re auf Ent­schei­dungs­fin­dung in Grup­pen. Anders als bei vie­len sei­ner Vor­gän­ger betref­fen sei­ne Über­le­gun­gen nicht die zeit­lich eng begrenz­ten Grup­pen­bil­dung im Kon­text psy­cho­lo­gi­scher Labor­ex­pe­ri­men­te, son­dern Grup­pen, die lang­fris­tig zusam­men­ar­bei­ten und an Ent­schei­dun­gen arbei­ten, für die sie gemein­sam die Ver­ant­wor­tung über­neh­men. Prä­gend für Janis‘ Theo­rie ist die Annah­me, dass sozia­le Kon­for­mi­tät und Grup­pen­druck über all­täg­li­che Ver­hal­tens­wei­sen hin­aus auch die Ent­schei­dun­gen von Füh­rungs­kräf­ten mit Spit­zen­aus­bil­dung und breit…