Von Ralf Keuper
In der Festschrift zum hundertjährigen Bestehen der Berliner Handels-Gesellschaft im Jahr 1956 wiesen die Verfasser darauf hin, dass die deutschen Banken als “Kinder der politischen und industriellen Revolution” geboren wurden[1]Bankhistorisches Fundstück: Die Berliner Handels-Gesellschaft in einem Jahrhundert deutscher Wirtschaft – 1856–1956 (Festschrift). Eine jener Banken war die Berliner Handels ‑Gesellschaft.
Im Jahr 1970 schlossen sich die Berliner Handels-Gesellschaft und die Frankfurter Bank zur BHF-Bank zusammen. “Die BHF-Bank zählte in den Siebziger- und Achtzigerjahren im Emissionsgeschäft zu den drei bis fünf führenden Häusern Deutschlands und konnte auch im Devisenhandel sowie im kommerziellen Auslandsgeschäft im deutschen Bankwesen eine Spitzenposition einnehmen. Zudem verfügte sie über umfangreiche Industriebeteiligungen[2]Die Geschichte der AGIV: Eine Bank als Eigentümerin von Industrieunternehmen. Ihr früherer Seniorpartner Hanns Schroeder-Hohenwarth war von 1983 bis 1987 Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken”[3]Wikipedia[4]Die Geschichte der BHF-BANK und ihrer Vorgängerinstitute. Heute firmiert das Institut als ODDO BHF. In die Schlagzeilen geriet die BHF-Bank vor wenigen Jahren im Zuge der Einführung des Kernbankensystems von Avaloq[5]BHF-Bank stoppt die Einführung von Avaloq.
Im Unterschied zu den anderen Banken, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegründet wurden, unterhielt die Berliner Handels-Gesellschaft keine Filialen[6]Seine Haltung zu der Frage, ob eine erfolgreiche Bank ein Filialnetz benötigt, verdeutlichte Fürstenberg am Beispiel der Deutschen Bank: “Seine (Georg von Siemens) wichtigste Tat war aber wohl die … Continue reading. Von Beginn an positionierte sich das Bankhaus als Spezialinstitut, das in der Industriefinanzierung eine führende Rolle einnahm.
Ihren Aufstieg zu einer der führenden Banken im Deutschen Kaiserreich verdankte die Berliner Handels-Gesellschaft Carl Fürstenberg, der das Bankhaus als Chef über mehrere Jahrzehnte prägte. Wie bereits erwähnt, sah sich die Berliner Handels-Gesellschaft als Spezialinstitut mit den Schwerpunkten Industriefinanzierung und Effektenhandel. Das Einlagengeschäft spielte indes keine Rolle. Für die Informationsbeschaffung war in der Bank die Korrespondenzabteilung zuständig. Ihr zugeordnet war die Auskunftei. Sie beschaffte und sammelte Auskünfte, “die aus Kundenanfragen, aus der Begutachtung von Wechseln und aus der Anknüpfung neuer Geschäftsverbindungen resultierten. Wurde für einen Kunden ein neues Konto eingerichtet, so erhielt die Auskunftei von der Buchhaltung eine entsprechende Mitteilung, um gegebenenfalls zusätzliche Auskünfte über den Kunden zu beschaffen”.
Die beste Informationsquelle war jedoch das weitverzweigte Netzwerk aus per…
References
↑1 | Bankhistorisches Fundstück: Die Berliner Handels-Gesellschaft in einem Jahrhundert deutscher Wirtschaft – 1856–1956 (Festschrift) |
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↑2 | Die Geschichte der AGIV: Eine Bank als Eigentümerin von Industrieunternehmen |
↑3 | Wikipedia |
↑4 | Die Geschichte der BHF-BANK und ihrer Vorgängerinstitute |
↑5 | BHF-Bank stoppt die Einführung von Avaloq |
↑6 | Seine Haltung zu der Frage, ob eine erfolgreiche Bank ein Filialnetz benötigt, verdeutlichte Fürstenberg am Beispiel der Deutschen Bank: “Seine (Georg von Siemens) wichtigste Tat war aber wohl die gleichfalls westeuropäischen Verhältnissen nachgebildete Entwicklung des Filialwesens in Deutschland selbst, die nicht zuletzt dazu beigetragen hat, der Deutschen Bank ihren Platz zu sichern. Den Vorsprung, den sie damals gewann, haben andere nur mühsam und allmählich einholen können. Meine eigene Einstellung zum Depositen- und Filialgeschäft habe ich bereits gekennzeichnet. Ich habe es nie bereut, ihm gänzlich fern geblieben zu sein, ohne deswegen die Bedeutung, die dieser Geschäftszweig für anders geartete Institute besitzt, zu verkennen”. (in: Carl Fürstenberg. Die Lebensgeschichte eines Bankiers. Niedergeschrieben von Hans Fürstenberg) |