Von Ralf Keuper

In einem Fern­seh­in­ter­view mit Alex­an­der Klu­ge lie­fert Dirk Bae­cker eine sys­tem­theo­re­ti­sche Sicht auf die Ban­ken und ihre Funk­ti­on in der Wirt­schaft. Im Vor­der­grund steht dabei die Finanz­kri­se von 2007/​2008. Erwähnt wird auch der Fall Lehman. 
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Wäh­rend sei­ner Arbei­ten zu sei­nem Buch Womit han­deln Ban­ken? stell­te Bae­cker zu sei­ner eige­nen wie auch zur Über­ra­schung sei­nes Men­tors Niklas Luh­mann fest, dass die Ban­ker in Gesprä­chen lie­ber von Sicher­hei­ten als von Risi­ken spra­chen. Statt sich also als Risi­ko­händ­ler bzw. Risi­ko­ver­ar­bei­ter zu inter­pre­tie­ren, ver­leg­ten die Ban­ker den Kern ihres Geschäfts in den Bereich Sicher­hei­ten. Bae­cker erkennt dar­in eine seman­ti­sche Fal­le, die zur struk­tu­rel­len Fal­le wird, d.h. die Bank ver­liert den Blick auf die eige­ne Intel­li­genz und ihre Fähig­keit, mit Risi­ken, und weni­ger mit Sicher­hei­ten, umzu­ge­hen. Im Grun­de also eine Art Selbsttäuschung. 
Die Blind­heit resul­tiert auch dar­aus, dass die Begrenzt­heit der eige­nen Intel­li­genz bei der Ent­schei­dung über einen Kre­dit, über ein ris­kan­tes Geschäft, aus dem Blick gerät. Bae­cker argu­men­tiert in dem Zusam­men­hang mit dem Prin­zip der Beob­ach­tung zwei­ter Ord­nung, d.h. die Ent­schei­der sehen nicht die Unter­schei­dung, die sie ver­wen­den. Sie neh­men ande­re Alter­na­ti­ven und Kon­stel­la­tio­nen nicht (mehr) wahr. Man könn­te hier m.E. auch von Groupt­hink oder den Gestal­te­ten Umwel­ten im Sin­ne von Karl Weick sprechen. 
Die eigent­li­che Gefahr für die Ban­ken als Fol­ge der Finanz­kri­se und gra­vie­ren­der Fehl­ent­schei­dun­gen, wel­che die gan­ze Volks­wirt­schaft schwer in Mit­lei­den­schaft zie­hen kön­nen, besteht laut Bae­cker dar­in, dass sie ihren Son­der­sta­tus ver­lie­ren. Inso­fern ergibt das Güte­sie­gel “Sys­tem­re­le­vanz” m.E. durch­aus Sinn. 
Jedoch kann das nicht den Ein­druck ver­hin­dern, dass die Ban­ken in ihrer eigent­li­chen Funk­ti­on, der Risi­ko­ver­ar­bei­tung, über wei­te Stre­cken ver­sagt haben. Das allein wäre indes noch kei­ne ernst­haf­te Bedro­hung für den Son­der­sta­tus der Ban­ken. Erst im Zusam­men­hang mit den tech­no­lo­gi­schen und sozia­len Inno­va­tio­nen der letz­ten Jah­re, ist hier ein neu­es Bedro­hungs­sze­na­rio ent­stan­den, auf das die Ban­ken bis­her kei­ne schlüs­si­ge Ant­wort gefun­den haben, und sie m.E. auch nicht fin­den wer­den, solan­ge sie an der tra­dier­ten Vor­stel­lung einer Bank festhalten. 

Wei­te­re Informationen:

Ban­ken als Risikoverarbeiter

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