Von Ralf Keuper
In dem Beitrag Big Data – Chance und Risiko für Banken behandelt Stefanie Auge-Dickhut das Dilemma der Banken beim Einsatz ausgefeilter Algorithmen im Kundenkontakt.
Zum einen wird den Banken der Vorwurf gemacht, neuen Technologien gegenüber nicht aufgeschlossen genug zu sein, zum anderen sollen sie sich im Umgang mit den Kundendaten von den “Datenkraken” wie Google, Amazon oder Facebook abheben.
Die Quadratur des Kreises. Kann man beides tun, ohne dabei als Bank seine Glaubwürdigkeit und den Vertrauensvorschuss in Fragen der (Daten-) Sicherheit aufs Spiel zu setzen?
So weit ich sehen kann, nehmen die Stimmen, die sich für eine Stärkung der Datensouveränität des Bürgers einsetzen, zu, wie jüngst Doc Searls, einer der Verfasser des Cluetrain-Manifests, in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Darin sagt er u.a.:
Das Netz ist keine Kathedrale, es steht höchstens das Baugerüst. Denken Sie an Privatsphäre, die war zunächst nicht mal Teil des Designs. Die ursprünglichen Internet-Protokolle wurden entwickelt, damit wir uns vernetzen. Es war ein bisschen wie im Garten Eden, wir sprangen nackt umher. In der physischen Welt haben wir 10.000 Jahre dafür gebraucht, so etwas wie Privatsphäre zu entwickeln und uns Kleidung anzuziehen. Im Netz sind wir nackt und Firmen nutzen das aus. Wir müssen das Äquivalent zu Bekleidung erst noch entwerfen.
Ein (lukratives) Geschäftsmodell für Banken könnte das Angebot von Mehrwertdienstleistungen im Bereich Datenschutz/Data Privacy sein, wie Hannes Bauer in Mehrwertdienst: Geldinstitute als ideale Daten-Dienstleister schreibt. In gewisser Weise also: Zurück zu den Wurzeln.
Oder, wie es im dem Beitrag Digital transformation: how banks are cashing in im Abschnitt Revenues beyond banking? heisst:
There are areas where banks could actually turn the tables on their new competitors – identity management in particular. Tech companies genuinely struggle to address this, but it is one of the few areas where consumers trust their bank. A trial in the UK has recently concluded, exploring how bank-issued digital identities could be used for online public services, and there’s no reason why they couldn’t be used for commercial purposes, too.
Im Grunde genommen geht es beim Einsatz von Big Data im Banking darum, wer künftig “im Besitz” des Finanzprofils der Kunden ist, wie es Hans-Ulrich Doerig bereits vor Jahren thematisiert hat:
Wer dank IT das Finanzprofil des Kunden >besitztzuhören< zu können. (in: Universalbank – Banktypus der Zukunft).
Indes: Sind die Erwartungen an Big Data womöglich überzogen? Muss man als Bank hier unbedingt an der Spitze liegen? Reicht es ggf. aus, die Entwicklung bewerten zu können und die Technologien dort einzusetzen, wo sie einen für den Kunden erkennbaren Beitrag leisten, ohne sich dabei vorwiegend auf die digitalen Daten zu stützen? Wie analog darf bzw. muss das Banking auch künftig sein?
Kurzum: Wie können sich die Banken in dem Spannungsfeld, bestehend aus dem zunehmenden Wettbewerb durch die Internetkonzerne, dem wachsenden Interesse bzw. Bedürfnis nach Datenschutz und Sicherheit sowie dem Anspruch der Kunden nach personalisierten, technologisch anspruchsvollen Dienstleistungen, (glaubhaft) positionieren?
Das wird m.E. eine der entscheidenden Fragen sein, auf die die Banken eine passende Antwort finden müssen und auch können.