Von Ralf Keuper
Es gibt Ent­wick­lun­gen, bei denen man nicht weiss, was davon zu hal­ten ist. Das gilt für das in letz­ter Zeit ver­stärkt zir­ku­lie­ren­de Enga­ge­ment-Ban­king. Selbst die Emo­tio­nen blei­ben nicht mehr außen vor. Die Ban­ken sol­len emo­tio­na­le Bezie­hun­gen zu ihren Kun­den auf­bau­en, um ihnen das Gefühl zu geben, bei ihnen in den bes­ten Hän­den zu sein – qua­si Wohl­fühl oder Well­ness-Ban­king. Ban­king im Blümchen-Stil 😉
Da kann ich mich noch an Zei­ten erin­nern, als die Kun­den froh waren, mit einer Bank so wenig wie mög­lich zu tun zu haben. Eine Ein­stel­lung, die im deut­schen Mit­tel­stand noch weit ver­brei­tet ist, da man eine Abhän­gig­keit von Ban­ken unbe­dingt ver­hin­dern will. 
Der Pri­vat­kun­de dage­gen scheint nichts sehn­li­cher zu wün­schen, als mit sei­ner Bank in viel­fäl­ti­ge Bezie­hun­gen zu tre­ten, die das Gefühl ver­ges­sen machen, es gin­ge bei Bank­ge­schäf­ten nur um so schnö­de Din­ge wie Geld, Zin­sen, Gebüh­ren, Pro­vi­sio­nen – weit gefehlt! Nein – der Kun­de darf sogar mit­ar­bei­ten – das wird dann Self-Ser­vice genannt. Man könn­te dazu auch sagen: Den Kun­den zum (unbe­zahl­ten) Mit­ar­bei­ter machen. Sicher: Dazu gehö­ren immer zwei – das macht den Deal aber nicht besser. 

Die Instru­men­ta­li­sie­rung von Emo­tio­nen für den rei­bungs­lo­sen Geschäfts­ver­lauf wird dann zum Pro­blem, wenn kri­ti­sche Situa­tio­nen auf­tre­ten, in denen die Mas­ke schnell fällt und die Ratio, das Kal­kül wie­der die Kon­trol­le über­nimmt. Aus mei­ner Lehr­zeit weiss ich, dass die Kol­le­gen mit dem meis­ten Mit­ge­fühl häu­fig die­je­ni­gen waren, bei denen man es so nicht ver­mu­tet hat­te. Sie haben in bestimm­ten Situa­tio­nen – im Rah­men ihrer Mög­lich­kei­ten – mensch­lich gehan­delt, ohne das Bedürf­nis, sich gut dabei zu füh­len oder ande­ren ein gutes Gefühl zu geben. 

Das wür­de schon rei­chen … noch immer. 

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