Von Ralf Keuper
Wohl nur weni­ge Berufs­stän­de kön­nen auf eine ver­gleich­ba­re Feh­ler­to­le­ranz beim Publi­kum ver­trau­en, wie Akti­en­ana­lys­ten und Meter­eo­lo­gen. Was heu­te noch laut “Kopf-Schul­ter-For­ma­ti­on” auf den Akti­en­märk­ten ein lang­fris­ti­ger Trend war, kann mor­gen schon von einem “unge­ahn­ten” oder “über­ra­schen­den” Höhen­flug oder von des­sen Gegen­teil durch­kreuzt wer­den. Getreu dem Mot­to: Shit happens!
Doch wie sehr auch die Pro­gno­sen auf mitt­le­re und län­ge­re Sicht dane­ben lie­gen, die Ana­lys­ten kön­nen dar­auf set­zen, dass das Publi­kum auch mor­gen wie­der an ihren Lip­pen hängt, um vom Nek­tar der Erkennt­nis kos­ten zu dürfen. 
Der legen­dä­re Inves­tor War­ren Buf­fett fühlt sich mit Blick auf die diver­sen Tech­ni­ken zur Ein­schät­zung der lang­fris­ti­gen Wert­ent­wick­lung bör­sen­no­tier­ter Unter­neh­men an “Mark­te­so­te­rik” erin­nert, wie er in einem sei­ner Inves­to­ren­brie­fe schreibt:
Ihr (gemeint insti­tu­tio­nel­le Anle­ger und Aka­de­mi­ker) Inter­es­se an sol­chen Din­gen (effi­zi­en­te Märk­te, dyna­mi­sches Hedging und Beta-Fak­to­ren) ist ver­ständ­lich, denn geheim­nis­um­wit­ter­te Tech­ni­ken haben ganz klar einen Wert für die Lie­fe­ran­ten von Inves­ti­ti­ons­rat­schlä­gen. Wel­cher Medi­zin­mann ist schließ­lich jemals mit dem ein­fa­chen Rat “Nimm zwei Aspi­rin” reich und berühmt geworden?

Der Wert sol­cher Mark­te­so­te­rik für die­je­ni­gen, an die die Inves­ti­ti­ons­rat­schlä­ge gerich­tet sind, steht auf einem ande­ren Blatt. Mei­ner Mei­nung nach kann man Inves­ti­ti­ons­er­folg nicht durch geheim­nis­vol­le For­meln, Com­pu­ter­pro­gram­me oder Signa­le aus dem Kurs­ver­hal­ten von Akti­en und Märk­ten errei­chen. Ein Inves­tor wird eher erfolg­reich sein, wenn er ein gutes wirt­schaft­li­ches Urteils­ver­mö­gen mit der Fähig­keit paart, sei­ne Gedan­ken und sein Ver­hal­ten gegen die höchst anste­cken­den Stim­mun­gen, die auf dem Markt­platz umher­schwim­men, zu immu­ni­sie­ren (Quel­le: Die Essays von War­ren Buf­fett – Das Buch für Investoren). 

Nicht viel anders ver­hält es sich mit den Pro­gno­sen der Meter­eo­lo­gen, in gewis­ser Wei­se die moder­nen Med­zin­män­ner bzw. Seher. Obwohl es noch immer hoch spe­ku­la­tiv ist, das Wet­ter für mehr als drei Tage vor­her­zu­sa­gen, kön­nen vie­le Meter­eo­lo­gen oder sol­che, die sich dafür hal­ten, nur schwer der Ver­su­chung wider­ste­hen, das Wet­ter für die kom­plet­te Woche zu pro­gnos­ti­zie­ren. Schnell ist auch der Grund dafür zur Hand, dass sich nicht die 35 Grad im Schat­ten bei strah­len­dem Son­nen­schein, son­dern 20 Grad mit Nie­sel­re­gen ein­ge­stellt haben. Für gewöhn­lich war es irgend­ein Tief­aus­läu­fer, der plötz­lich und uner­war­tet, wie aus dem Nichts, auf­tauch­te und die Berech­nun­gen über den Hau­fen warf. 
Das konn­te doch kei­ner vorhersehen! 
Ach, wirk­lich … 

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