Von Ralf Keuper

Der jüngs­te Ban­ken­stress­test kam zu dem Ergeb­nis, dass die euro­päi­schen Ban­ken ins­ge­samt gut für den Fall einer erneu­ten Wirt­schafts­kri­se gerüs­tet sind. Das Eigen­ka­pi­tal der meis­ten Ban­ken, gemes­sen in der Kern­ka­pi­tal­quo­te, rei­che aus, um ähn­li­che Sze­na­ri­en wie bei der Finanz­kri­se von 2008, als es u.a. zu Liqui­di­täts­eng­päs­sen auf dem Inter­ban­ken­markt kam, auszuschließen.

Beson­ders schlecht schnit­ten die Deut­sche Bank und die Com­merz­bank ab, wie die Wirt­schafts­wo­che in Deut­sche Bank und Com­merz­bank unter den schwächs­ten zehn Ban­ken berichtet.

Die euro­päi­schen Ban­ken hät­ten, so die EZB in ihrer Ein­schät­zung, in den letz­ten Jah­ren ihr Eigen­ka­pi­tal deut­lich erhöht und die Risi­ken redu­ziert. Bei dem Test konn­te jedoch kei­ne Bank durch­fal­len, da eine Min­des­ka­pi­tal­quo­te, wie noch beim Stress­test 2014, nicht vor­ge­ge­ben war.

Nicht nur des­halb hal­ten eini­ge Beob­ach­ter den Stress­test für bedingt aus­sa­ge­kräf­tig. Wesent­li­che Risi­ken sei­en aus­ge­blen­det wor­den, wie Micha­el Ber­neg­ger in Ban­ken-Test wiegt Euro­pas Anle­ger und Spa­rer in fal­scher Sicher­heit schreibt. Ber­neg­ger bemän­gelt dar­in u.a., dass Deri­va­te und Außer­bi­lanz-Posi­tio­nen nicht berück­sich­tigt wor­den sei­en. Deri­va­te und Außer­bi­lanz-Posi­tio­nen gel­ten als Aus­lö­ser der letz­ten Finanzkrise.

Außer­dem, so Ber­neg­ger, sei der Fall einer sich abküh­len­den Wirt­schaft in Chi­na in den Tests nicht simu­liert wor­den. Eben­so blei­be uner­wähnt, dass die Levera­ge Ratio (Kern­ka­pi­tal rela­tiv zur Bilanz­sum­me) der meis­ten euro­päi­schen Ban­ken im Ver­gleich zu den US-ame­ri­ka­ni­schen Insti­tu­ten sehr gering ist. Wei­te­re Kri­tik kommt vom Zen­trum für euro­päi­sche Wirt­schafts­for­schung (ZEW) in Ban­ken­stress­test in Euro­pa – Finanz­häu­ser sind EU-weit drin­gend auf Reka­pi­ta­li­sie­rung ange­wie­sen.
Bereits im Vor­feld wur­de Kri­tik an der Metho­dik des Stress­tests laut, wie in Zu wenig Stress beim Stress­test und Wach­sen­de Zwei­fel an Ban­ken-Stress­tests.

Zu einem ähn­li­chen Urteil wie Ber­neg­ger gelangt Harald Frei­ber­ger in Deutsch­lands Kre­dit­wirt­schaft ist in erbärm­li­chem Zustand. Frei­ber­ger moniert, dass der Stress­test das größ­te Risi­ko unbe­rück­sich­tigt gelas­sen habe: das Geschäftsmodell.

Das größ­te Risi­ko für den euro­päi­schen Ban­ken­sek­tor hat der Stress­test näm­lich gar nicht getes­tet: Nach wie vor ist offen, woher in Zukunft die Gewin­ne kom­men sol­len: Invest­ment­ban­king ren­tiert sich in vie­len Berei­chen nicht mehr, weil es zu ris­kant ist und zu viel Kapi­tal ver­schlingt. Die euro­päi­sche Wirt­schaft ist schwach, zudem gehen Fir­men dazu über, sich anders zu finan­zie­ren als mit Bank­kre­di­ten. Die Zin­sen wer­den auf Jah­re hin­aus zwi­schen null und nega­tiv pen­deln, so dass sich die für vie­le Ban­ken wich­tigs­te Ein­nah­me­quel­le der Ver­gan­gen­heit, die Zins­span­ne, in Nichts auf­löst. Und schließ­lich kom­men immer mehr klei­ne, flin­ke Start-Ups auf den Markt, die Ban­ken das Basis­ge­schäft wegnehmen.

Das Geschäfts­mo­dell der klas­si­schen, kon­ti­nen­tal­eu­ro­päi­schen Uni­ver­sal­bank befin­det sich in der Aus­lauf­pha­se. Das Geschäft der Ban­ken, auch bzw. gera­de der US-ame­ri­ka­ni­schen, ren­tiert häu­fig nur noch dann, wenn hohe Risi­ken ein­ge­gan­gen wer­den. Das ist bzw. bleibt das Dilemma.

Wei­te­re Informationen:

Inter­view mit Ste­fan Mitt­nik: Eine Zahl ist bes­ser als keine …

Inter­view mit Prof. Dr. Nata­lie Pack­ham, Frank­furt School of Finan­ce & Manage­ment: Ver­zerr­te Wahr­neh­mung des Gesamt­ri­si­kos durch Modellrisiken

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