Von Ralf Keuper

Für den Sozio­lo­gen Niklas Luh­mann besteht das eigent­li­che Geschäft der Ban­ken in der Risi­ko­ver­ar­bei­tung bzw. in der Risi­ko­trans­for­ma­ti­on, d.h. die Umwand­lung von Risi­ken in Risi­ken ande­ren Zuschnitts. Damit sor­gen die Ban­ken dafür, dass der Wirt­schafts­kreis­lauf nicht zum Erlie­gen kommt.  Zah­lungs­aus­fäl­le ein­zel­ner Akteu­re, sei­en es Unter­neh­men, Kom­mu­nen oder Pri­vat­per­so­nen, kön­nen auf­ge­fan­gen wer­den, ohne dass der Wirt­schafts­mo­tor dadurch gleich ins Sto­cken gerät. Jedoch kann auch das bes­te Risi­ko­ma­nage­ment der Ban­ken kei­ne Sicher­heit garan­tie­ren, son­dern, nach Luh­mann, nur den best­mög­li­chen Umgang mit Unsi­cher­heit. Die­se Dienst­leis­tung las­sen sich die Ban­ken bezah­len – zu Recht, wenn sie ihre Auf­ga­be gut machen, wie u.a. Die­ter Wer­muth anmerkt.

Letzt­end­lich han­deln Ban­ken mit Zah­lungs­ver­spre­chen. Einer­seits mit Zah­lungs­ver­spre­chen, die sie ihren Kun­den geben (Ein­la­gen) und ande­rer­seits mit den Zah­lungs­ver­spre­chen der Kun­den ihnen gegen­über (Kre­di­te). Ent­schei­dend ist für Luh­mann dabei der Zeitfaktor:

Vor allem aber las­sen sich Ban­ken Geld geben gegen das Ver­spre­chen, es künf­tig zurück­zu­zah­len, und nut­zen dann ihrer­seits die Zeit­span­ne aus, um Geld aus­zu­lei­hen, das heißt: ihrer­seits Zah­lungs­ver­spre­chen zu erwer­ben. Ban­ken han­deln also mit Zah­lungs­ver­spre­chen. Falls dabei eige­ne Liqui­di­täts­pro­ble­me auf­tre­ten, kön­nen sie ihre Zah­lungs­fä­hig­keit in gewis­sen Gren­zen am Inter­ban­ken­markt auf­fri­schen. (in: Sozio­lo­gie des Risikos)

Wie wich­tig für die Ban­ken die Geld­be­schaf­fung über den Inter­ban­ken­markt ist, hat die Finanz­kri­se nur zu gut gezeigt. Sobald sich die Ban­ken unter­ein­an­der nicht mehr zutrau­en, ihre Zah­lungs­ver­spre­chen ein­lö­sen zu kön­nen, kann ein exis­tenz­be­dro­hen­der Liqui­di­täts­eng­pass die Fol­ge sein, oder um mit dem Luh­mann-Schü­ler Dirk Bae­cker zu spre­chen: Der recht­zei­ti­ge Geld­an­schluss schei­tert, wenn die Kos­ten für die nöti­ge Liqui­di­tät die vor­han­de­nen Eigen­mit­tel übersteigen.

In ihrer Rol­le als Risi­ko­ver­ar­bei­ter sind die Ban­ken, Stand heu­te, unver­zicht­bar, wenn­gleich die Finanz­kri­se dar­an erns­te Zwei­fel hat auf­kom­men las­sen. Mag der Ban­ken­markt auch noch so im Umbruch sein, so ist der­zeit noch kein ernst­zu­neh­men­der neu­er Anbie­ter auf der Bild­flä­che erschie­nen, der die­se Funk­ti­on unter den aktu­el­len Bedin­gun­gen bes­ser erfül­len könnte.

Die Fra­ge ist, ob die Ver­tei­lung der Risi­ko­ver­ar­bei­tung auf mög­lichst vie­le Akteu­re, wie auf die Crowd oder Com­mu­ni­ty oder der geziel­te Ein­satz von Big Data für mehr Sicher­heit sor­gen kann. Bestimm­te Regeln wer­den sich  aber auch damit nicht außer Kraft set­zen las­sen. Bis zum Beweis des Gegen­teils, gilt wei­ter­hin, dass Risi­ken nur in Risi­ken ande­ren Zuschnitts und nicht in (voll­stän­di­ge) Sicher­heit umge­wan­delt wer­den kön­nen. Damit wird eine gol­de­ne Regel der Invest­ment­theo­rie ihre Gül­tig­keit behal­ten, die Peter L. Bern­stein in sei­nem Buch Wider die Göt­ter. Die Geschich­te von Risi­ko und Risi­ko­ma­nage­ment von der Anti­ke bis heu­te erwähnt:

Man kann kei­ne gro­ßen Gewin­ne erwar­ten, ohne das Risi­ko gro­ßer Ver­lus­te einzugehen.

Wach­sen­de Bedeu­tung haben die Tech­no­lo­gie­ri­si­ken. Hier deu­tet sich eine neue Dimen­si­on an.

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