Von Ralf Keuper

All­ge­mein wird vor­aus­ge­setzt, dass sich die maß­geb­li­chen Insti­tu­tio­nen der Wirt­schaft bei ihren Ent­schei­dun­gen wei­test­ge­hend ratio­nal ver­hal­ten. Den Ban­ken wird unter­stellt, mit dem Geld ihrer Kun­den aber auch mit ihrem eige­nen sehr sorg­sam umzugehen.

Mel­dun­gen, wonach Ban­ken ver­se­hent­lich eini­ge hun­dert Mil­lio­nen Euro zu viel über­wei­sen, sind gar nicht mal so sel­ten. Die KfW brach­te die­ses Kunst­stück bereits zwei­mal zustan­de[1]KfW macht nach Leh­man-Feh­ler erneut Fehl­über­wei­sun­gen von 5 Mrd€, eben­so die Deut­sche Bank [2]21-Mil­li­ar­den-Euro-Fehl­über­wei­sung der Deut­schen Bank.

Inso­fern fügen sich die 900 Mil­lio­nen Dol­lar, wel­che die Citi­bank im August ver­gan­ge­nen Jah­res zu viel an die Kre­dit­ge­ber des Kos­me­tik­kon­zerns Rev­lon über­wie­sen hat, zunächst naht­los ins Bild. Neu an dem Fall ist dage­gen, dass ein Gericht in New York die Kla­ge der Citi­bank auf Rück­zah­lung der fälsch­li­cher­wei­se an die Kre­dit­ge­ber von Rev­lon gezahl­ten Beträ­ge mit der Begrün­dung abwies, ein Feh­ler die­ses Aus­ma­ßes bei einer Bank wie Citi wür­de den Rah­men ratio­na­ler Erwar­tun­gen sprengen.

Der vor­sit­zen­de Rich­ter wird mit den Wor­ten zitiert[3]Citi Loses Bid to Recoup Mas­si­ve Mista­ke in Sur­pri­se Ruling:

Zu glau­ben, dass die Citi­bank, eine der anspruchs­volls­ten Finanz­in­sti­tu­tio­nen der Welt, einen Feh­ler gemacht hat­te, der noch nie zuvor pas­siert war, und zwar in Höhe von fast 1 Mil­li­ar­de Dol­lar, wäre grenz­wer­tig irra­tio­nal gewesen

Doch wie kam es zu dem Vorfall?

Die Citi­bank fun­giert als Ver­wal­tungs­stel­le für den Kre­dit, den Rev­lon im Jahr 2016 mit einer Lauf­zeit von sie­ben Jah­ren bei meh­re­ren Kre­dit­ge­bern auf­ge­nom­men hat­te. In die­ser Funk­ti­on lei­te­te Citi ledig­lich die Til­gungs- und Zins­zah­lun­gen an die Kre­dit­ge­ber wei­ter.  Als Rev­lon in Schwie­rig­kei­ten geriet, gelang es dem Unter­neh­men im Mai 2020, eini­ge Kre­dit­ge­ber davon zu über­zeu­gen, die Sicher­hei­ten aus dem Kre­dit frei­zu­ge­ben, um sie zur Absi­che­rung neu­er Schul­den ver­wen­den zu kön­nen. Die Kre­dit­ge­ber, die Teil die­ses Deals waren, durf­ten in die neu­en, effek­tiv höher­ran­gi­gen Schul­den über­ge­hen; die ande­ren Kre­dit­ge­ber blie­ben mit schlech­te­ren Schul­den zurück. Dar­auf­hin taten sich eini­ge der letzt­ge­nann­ten zusam­men, um an einer Kla­ge zu arbei­ten, die sie am 12. August ein­reich­ten[4]Citi Can’t Have Its $900 Mil­li­on Back.

Bis dahin han­del­te es sich um einen etwas unge­wöhn­li­chen Vor­gang, der an sich je…