Von Ralf Keuper
Seit Jahren kämpft die Deutsche Bank mit den (Spät-)folgen der Finanzkrise, ohne dabei groß voran zu kommen. Wenn es mal einen Erfolg zu vermelden gibt, dann dauert es für gewöhnlich nicht lange, dass neue Informationen auftauchen, die die Bank in Bedrängnis bringen. Wie konnte es soweit kommen? Wie war es möglich, dass eine der führenden Banken der Welt, die mit Abstand größte in Deutschland so tief fallen konnte?
Über mehrere Jahre hat Dirk Laabs für sein Buch Bad Bank. Aufstieg und Fall der Deutschen Bank recherchiert. In dieser Zeit hat Laabs zwei Dokumentationsfilme über die Deutsche Bank produziert. Was sich dem Leser auf den mehr als 500 Seiten präsentiert, trägt Züge eines Dramas, einer Tragödie. Anders als von der Bank und ihrem Chef Josef Ackermann medienwirksam verbreitet, zählt die Deutsche Bank nicht zu den Gewinnern der Finanzkrise, wie Dirk Laabs in einigen Interviews anmerkte.
Laabs zitiert den damaligen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück:
Ich vermute, dass die nationalen Stützungsmaßnahmen für IKB und HRE, die US-Rettung der AIG, die Stützung des Einlagensicherungsfonds der deutschen privaten Banken durch die Angebote des Finanzmarktstabililsierungsgesetzes und die Gewährleistungen der EU-Staaten … der Deutschen Bank einen Abschreibungsbedarf von 25 bis 30 Milliarden Euro erspart haben.
Laabs hält dazu fest:
Die Erkenntnis, dass die Deutsche Bank durch staatliche Mittel, durch Geld, das die Steuerzahler aufbrachten, gerettet worden war – mehrfach in den USA, in Kanada, in Europa -, die drang in der Öffentlichkeit allerdings nicht durch.
Die Deutsche Bank stieg zu einem Zeitpunkt in das Geschäft mit den gebündelten Hypotheken ein, als deren Qualität deutlich nachzulassen begann. Bereits 2005 gab interne Warnhinweise, die auf die steigenden Risiken aufmerksam machten. Die Deutsche Bank verfolgte dabei, so Laabs, ein bestimmtes Ziel:
Die Deutsche Bank stieg trotz aller Warnungen immer tiefer in das Geschäft mit den Schrottimmobilien ein, denn der Plan war nicht, die Hypotheken zu behalten, sondern sie schnell weiterzuverkaufen.
Bereits seit den 1990er Jahren, eigentlich schon in den 1980er Jahren, waren die Banken auf der Suche nach einem neuen tragfähigen Geschäftsmodell.
Ein solches Modell war jedoch nicht in Sicht. So probierten die Banken ständig, vermeintlich innovative Ideen aus, legten alte Modelle neu auf, benannten sie um, stellten sie wieder ein und begannen von vorn. Fast jede große Investmentbank nahm daher in Kauf, dass ihre Händler Produkte verkauften, deren Halbwertszeit bereits abgelaufen war oder – schlimmer noch – von denen man wusste, dass der Kunde viel Geld mit ihnen verlieren konnte.
Nicht alle Banken jedoch folgten dem Herdentrieb, wie J.P. Morgan und Goldman Sachs.
Ein weiteres, großes operationelles Risiko war der Zustand der IT-Systeme, vor allem in London, wo das Herz des Investmentbanking der Deutschen Bank schlug. Dessen Chef war Anju Jain.
Man schaffte es nicht, das Management aktuell über Risiken zu informieren. Viele Abläufe erfolgten noch per Hand, etwa der Eintrag in Exceltabellen. Die Computerleistung, die alle Derivatepositionen auf einen Schlag durchrechnen konnte, war in der Bank nicht vorhanden. Die veraltete Computertechnik hatte bereits zu Buchungsfehlern geführt und einen Verlust von 166 Millionen Euro verursacht.
Auch nach 2008 blieb der proklamierte Kulturwandel in der Deutschen Bank aus, wie der Libor- und Euribor-Skandal zeigten.
Die Deutsche Bank ist von der Gnade der Märkte abhängig. Sie ist, wie Laabs schreibt, eine leere Hülle. Von außen zwar noch immer die Deutsche Bank, von innen jedoch ausgehöhlt. Kein Vergleich mehr zu der Bank unter Georg von Siemens, Hermann Wallich, Abs, Ulrich, Klasen, Christians, Guth und Herrhausen.
Zum Schluss noch mal Laabs:
Zu viele Menschen um die Banker herum – Aufseher, Politiker, Kunden, Journalisten – haben die angeblich beispiellose Erfolgsgeschichte zu leichtfertig geglaubt. Diese Fehleinschätzungen führten zu einer der schwersten Finanzkrisen der letzten Jahrzehnte, deren Folgen noch lange nicht überwunden sind. Oft machen Menschen Fehler, nicht weil sie sie zu dumm waren, sondern weil sie menschlich gehandelt haben – kurzsichtig, unüberlegt, egoistisch. Auch das macht uns alle aus.