Von Ralf Keuper

Lan­ge ist es her, als man sei­ne Lebens­mit­tel im Tan­te-Emma – Laden kauf­te. Der per­sön­li­che Kon­takt zwi­schen dem Ein­zel­händ­ler und sei­nen Kun­den war aus­ge­prägt. Man kann­te sich. Der Händ­ler wuss­te um die Vor­lie­ben sei­ner Kund­schaft. Häu­fig stand er ihnen bera­tend zur Sei­te. Irgend­wann jedoch begann sich das Kun­den­ver­hal­ten zu ändern. Der per­sön­li­che Kon­takt war den Kun­den auf ein­mal nicht mehr so wich­tig – häu­fig wur­de er sogar als stö­rend, bevor­mun­dend empfunden.

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Man bevor­zug­te statt­des­sen die unper­sön­li­che Atmo­sphä­re der damals auf­kom­men­den Super­märk­te und Dis­coun­ter. Selbst­be­die­nung in Läden mit kar­ger Aus­stat­tung und wenig Per­so­nal war salon­fä­hig gewor­den. Kun­den und Händ­ler spar­ten dabei Geld und Zeit. Zudem war das Sor­ti­ment an Pro­duk­ten in den Super­märk­ten deut­lich grö­ßer, Preis­ver­glei­che mit ande­ren Super­märk­ten waren für die Kun­den ein­fach. Die Händ­ler kon­kur­rier­ten vor allem über den Preis, aber auch die Qua­li­tät der Pro­duk­te. Nur weni­ge Ein­zel­händ­ler erkann­ten den Trend und nah­men Abschied vom Modell des Kolo­ni­al-Waren­la­dens, wie die Brü­der Albrecht. Heu­te ist der Super­markt eine “Erleb­nis-Oase” …

Die Ban­ken ver­wei­sen noch immer ger­ne auf die Bera­tungs­qua­li­tät, die in ihren Filia­len von den Kun­den­be­ra­tern täg­lich erbracht wer­de. Der per­sön­li­che Kon­takt, das Wis­sen um die Bedürf­nis­se der Kun­den, die man über Jah­re oder Jahr­zehn­te kennt, sei durch noch so viel Tech­nik nicht zu erset­zen. Abge­se­hen davon, dass auch in den Filia­len die Ent­schei­dun­gen über Kre­di­te auto­ma­tisch von Sys­te­men gefällt wer­den, die nach bestimm­ten, von der Zen­tra­le vor­ge­ge­be­nen Regeln agie­ren, sind die Pro­duk­te, die in den Filia­len ange­bo­ten wer­den, im Gegen­satz zum Tan­te – Emma-Laden, unstoff­lich. Man kann sie nicht berüh­ren, ein sinn­li­ches Erleb­nis ist nicht mög­lich. Wenn man in den 1950er und 1960er Jah­ren etwas zum Essen benö­tig­te, dann führ­te am Tan­te-Emma-Lan­den kein Weg vor­bei. Bei den Ban­ken ist die Ent­wick­lung ähn­lich. Bis in die 1990er und viel­leicht noch frü­hen 2000er Jah­ren war die Filia­le für die meis­ten Kun­den die ers­te Anlauf­stel­le in Finanz­fra­gen. Mit der Ver­la­ge­rung der Filia­le auf das Smart­phone ist das anders gewor­den. Das Ange­bot an Finanz­dienst­leis­tun­gen ist grö­ßer gewor­den – u.a. durch die zahl­rei­chen Fin­tech-Start­ups aber auch durch Tech­no­lo­gie­kon­zer­ne wie Apple, Goog­le, Ama­zon oder Pay­pal. Die Dis­tri­bu­ti­ons­ka­nä­le haben sich ins Inter­net ver­la­gert. Die Tan­te-Emma-Läden wur­den dage­gen durch die schie­re Zahl der Super­märk­te und deren Sor­ti­ment – und spä­ter dann auch sicher­lich auf­grund ihrer Ver­hand­lungs­macht gegen­über den Lie­fe­ran­ten – aus dem Markt gedrängt. Die Her­aus­for­de­rer der Ban­ken kom­men erst gar nicht auf die Idee, die Städ­te und Dör­fer mit Filia­len zuzupflas­tern. Ihr Ter­rain ist das Inter­net. Dort sind die Ban­ken nur ein Akteur von vie­len, und nicht ein­mal einer von denen, die über die größ­te Reich­wei­te und Kund­schaft verfügen.

Wie sol­len die Ban­ken reagie­ren? Den Weg wie die Gebrü­der Albrecht gehen, aus der Flä­che ver­schwin­den und das Geschäft kom­plett in das Inter­net ver­la­gern? Oder aber eine deut­lich gerin­ge­re Anzahl an Filia­len erhal­ten, die­se moder­ni­sie­ren und dar­auf hof­fen, dass die Kun­den irgend­wann ein Ein­se­hen haben, und zurück kom­men? Wie sta­tio­när ist das Ban­king künf­tig noch? Reicht es aus, mobi­ler zu wer­den oder mit Fin­tech-Start­ups zu kooperieren?