Am 11. Juni gab die Frankfurter ICF BANK AG ihre Kooperation mit Spectrum Markets bekannt. Ziel dieser Zusammenarbeit ist die Erweiterung des Handelsangebotes um mehr als 1.700 ETFs von mehr als 30 Fondsanbietern. Damit wollen beide Finanzinstitute der steigenden Nachfrage nach ETFs Rechnung tragen. Bankstil-Chefredakteur Ralf Keuper (RK) sprach mit Lars Lautenschläger (LL), Managing Director der ICF BANK AG („ICF“) und Christoph Lehl (CL), Chief Operating Officer (COO) von Spectrum Markets (“Spectrum”).
RK: Warum haben Spectrum und ICF die Kooperation gestartet?
LL: Die ICF ist schon seit 2009 stark im Bereich ETF-Trading engagiert. Mittlerweile arbeiten wir an fünf verschiedenen Handelsplätzen und wollen durch die Kooperation mit Spectrum Markets unseren paneuropäischen Handel aufbauen.
CL: Unsere Arbeit hier in Frankfurt begann 2019 als Handelsplatz von Hebelprodukten wie Turbo Warrants und seitdem sind wir bestrebt, unser Angebot an handelbaren Produkten ständig zu erweitern. Da passen ETFs als Produkt sehr gut ins Konzept, unser Portfolio zu komplettieren. Broker sind ja immer daran interessiert, mit Handelsplätzen zusammenzuarbeiten, die ein möglichst breit aufgestelltes Portfolio haben.
Je mehr Provider man hinzuzieht, desto länger dauern die Anpassungen (Christoph Lehl)
RK: ICF bietet ebenfalls Software an. Gibt es da Überschneidungen?
LL: Die ICF BANK AG versteht sich als reiner Market Maker, der Liquidität bereitstellt und als solcher auf mehreren Handelsplätzen erfolgreich ist. Unser Tochterunternehmen entwickelt Software auch für die ICF. Die zum Market Making eingesetzte Software stammt dabei überwiegend aus solchen Eigenproduktionen.
CL: Wir machen genau das gleiche, nur auf Seiten des Marktplatzes und bieten Systeme zur Zusammenführung von Transaktionen an. Wir sorgen dafür, dass der Handel zwischen Market-Makern und Brokern auf unserer Multilateral Trading Facility (MTF) reibungslos vonstattengeht und nutzen dafür ebenfalls eigene IT. So kann man schnell auf Bedürfnisse reagieren. Wenn man Software von Dritten kauft, hat man immer das Problem, dass man Infrastrukturen nutzt, die andere auch verwenden. Hinzu kommt: Je mehr externe Provider man hinzuzieht, desto länger dauern auch die Anpassungen.
RK: Die Handelszeiten sind derzeit 08:00 bis 22:00 Uhr an fünf Tagen die Woche. Ist geplant, diese auszuweiten?
LL: Mit 14 Handelsstunden am Tag decken wir die kompletten europäischen und amerikanischen Handelszeiten ab. Für den Privatanleger ist das bisher ausreichend. Mittelfristig ist eine Ausweitung denkbar, wenn der Bedarf in dieser Richtung wächst und es wirtschaftlich Sinn macht.
Bei ETNs auf Krypto war Deutschland den USA weit voraus (Lars Lautenschläger)
RK: Wird die Bedeutung von Krypto weiter zunehmen oder überwiegen die Risiken?
LL: Die ICF handelt die gesamte Palette von Aktien, Bonds, ETPs, Mutual Funds bis zu REITs und haben auch schon erste Krypto-Trades gemacht. Wir handeln bereits über 100 Exchanged Traded Notes (ETN) auf Krypto, was kundenseitig sehr gut angenommen wird. Denn der Endkunde bekommt diese Produkte von seiner Hausbank, ist abgesichert und braucht dafür auch keine gesonderten Wallets. Das Angebot an ETNs auf Kryptowährungen in Deutschland ist gigantisch. Da waren wir den USA weit voraus.
CL: Spectrum Markets hat zudem verschiedenste Derivate auf Krypto im Portfolio. Während Kryptos eine eigenständige Infrastruktur benötigen, um Kryptos vom Verkäufer zum Käufer auf verschiedene Wallet-Systeme zu übertragen, ist das bei Derivaten nicht der Fall. Viele Privatanleger vergessen auch oft die mit dem Kryptohandel verbundenen Transaktionskosten.
Je kompletter sich ein Marktplatz aufstellt, desto attraktiver wird er für den Neobroker (Christoph Lehl)
RK: Inwieweit unterscheidet sich Ihr Angebot von Neobanken wie N26 und TradeRepublic?
LL: Wir handeln über 2.500 verschiedene ETFs und haben damit eine der breitesten Produktpaletten. Sowohl Spreads, Handelsvolumen – als auch die bereits angesprochenen langen Handelszeiten tragen dazu bei, dass wir uns hier vor den anderen Neobanken nicht zu verstecken brauchen. Spätestens mit dem Aufkommen von Corona, wo sich viele intensiver mit Kapitalmärkten beschäftigt haben, war der ETF als günstiges Anlagevehikel mit überschaubarem Risiko das richtige Produkt zur richtigen Zeit. Hinzu kommt: man kann heute bereits ab einem Euro investieren, was früher wegen der Gebühren überhaupt keinen Sinn ergeben hätte.
CL: Gerade bei den neuen Sparten – nehmen wir einmal die Biotechnologie als Beispiel – haben Privatanleger in der Regel keine Vorstellung, welches Unternehmen da gerade auf dem Markt erfolgreich ist und warum. Wenn Sie ein gutes Unternehmen kennenlernen, können sie sicher sein, dass viele andere Investoren dies schon sehr viel früher kannten, Stichwort Nvidia. Ein Themen-ETF erleichtert hier natürlich die Auswahl. Neobanken wiederum brauchen immer neue Handelsplätze und werden auch die Zusammenarbeit mit Spectrum suchen. Ein Neobroker ist letztlich auch nur jemand, der ein raffinierteres Marketing und ein moderneres Zugangssystem bietet als Filialbanken. Erste Gespräche laufen bereits und einige Anbindungen werden demnächst erfolgen. Je kompletter sich ein Marktplatz aufstellt, desto attraktiver wird er auch für den Neobroker
RK: Wie stellen Sie eigentlich Liquidität sicher?
LL: Das alte Orderbuch – Käufer gegen Verkäufer – gibt es nur noch in den seltensten Fällen. Deshalb ist auch unser besonderes Know How und unser USP als Market Maker Liquidität auf der Gegenseite eines Geschäftes bereitzustellen.
RK: 1987 – am „schwarzen Freitag“ – konnte man auch beobachten, wie schnell Liquidität weg sein kann.
CL: Solche Marktkorrekturen passieren immer wieder und gehören auch dazu.
Etwa 80 Prozent des europäischen ETF-Volumens werden in Deutschland umgesetzt (Lars Lautenschläger)
RK: Sie sind als pan-Europäischer Handelsplatz aufgestellt. Sehen Sie Unterschiede im Anlegerverhalten? Der deutsche Anleger ist ja zum Beispiel eher risikoavers.
LL: Der ETF ist, über die Diversifikation mit mehreren Underlyings, bereitsrisikoärmer als die meisten Direktinvestments in Einzeltitel. Statistiken zeigen, dass die Anleger in allen Ländern sich eher über die Altersklasse unterscheiden. Investoren in ETFs sind eher jüngere Leute, also die Altersgruppe unter 30.
RK: Was muss der Kunde eigentlich bei Spectrum und ICF durchschnittlich zahlen?
CL: Das Angebot von Spectrum Markets kostet für den Endkunden gar nichts. Auch für den Broker gibt es keinerlei Handelsgebühren. Der Broker selbst wird allenfalls Gebühren erheben. Die Transaktionskosten sind unter dem Strich also sehr gering. Auch die Real-Time-Kurse können jederzeit von Privatanlegern kostenfrei eingesehen werden.
LL: Der ETF an sich ist ebenfalls ein sehr kostengünstiges Produkt. Etwa 80 Prozent des europäischen ETF-Volumens werden übrigens in Deutschland umgesetzt. Das hat Deutschland zu einem sehr kompetitiven und preisbewussten Markt gemacht, wovon Privatanleger profitieren.
CL: Hinzu kommt, dass Spectrum in anderen europäischen Ländern bereits Produkte anbietet.
RK: Spectrum Markets und ICF sind beide in Frankfurt. Ist das ein Zufall?
LL: An der Frankfurter Wertpapierbörse liegen die Wurzeln der ICF BANK AG.
CL: Alle unsere Market Maker sitzen in oder um Frankfurt. Zudem bietet Frankfurt den besten europäischen Internetknoten mit den besten Latenzzeiten. Hinzu kommt die in Frankfurt angesiedelte Geldwäschebehörde und die EZB. Die ganze Infrastruktur ist also in Frankfurt sehr gut. Neobroker kommen hingegen häufig aus Berlin. Man siedelt sich immer schon dort an, wo andere sind.
RK: Herr Lautenschläger, Herr Lehl, ich danke Ihnen für dieses Gespräch!