Im Gespräch mit Bank­stil erläu­tert der Depu­ty CEO von Blue Code Inter­na­tio­nal, Dr. Jens Lütcke (Foto), war­um wir in Euro­pa ein eige­nes Mobi­le-Pay­ment-Sys­tem benö­ti­gen und wel­che Vor­tei­le sich dar­aus für die Kun­den und Ban­ken ergeben. 

Dr. Jens Lütcke, Depu­ty CEO Blue Code Inter­na­tio­nal AG 
  • Herr Lütcke, Sie sind ein “alter Hase” im Pay­ment-Geschäft. Was hat Sie dazu bewo­gen, bei Blue­code anzuheuern?

Die Visi­on, mit Blue­code ein eige­nes euro­päi­sches Mobi­le-Pay­ment-Sys­tem für Ban­ken, Han­del und End­kun­den auf­zu­bau­en, hat mich begeis­tert, weil wir bei Blue­code die bereits mit Sofort ver­folg­te Idee eines kon­to­ba­sier­ten Zah­lungs­ver­fah­rens – ohne dazwi­schen­ge­schal­te­te US-basier­te Kar­ten­sys­te­me – vor­an­trei­ben kön­nen. Blue­code bie­tet – im Gegen­satz zu Sofort – aber den Vor­teil, dass es POS‑, E‑Com­mer­ce- und Mobi­le-Pay­ment abdeckt, also wirk­lich eine Omnich­an­nel-Lösung ist. Dies wird ergänzt durch eine Ver­knüp­fung mit Mehr­wert­diens­ten. Letzt­lich wer­den in Zukunft nur Pay­ment-Lösun­gen erfolg­reich sein, die im Omnich­an­nel-Busi­ness ein­setz­bar sind und über das rei­ne Pay­ment hinausgehen.

  • Wel­che Vor­tei­le hat eine Bank oder Spar­kas­se davon, Blue­code einzusetzen?

Wir unter­stüt­zen Ban­ken mit unse­rer Co-Bran­ded Apps-Initia­ti­ve zum einen dabei, eige­ne mehr­wert­ba­sier­te Mobi­le-Pay­ment-Sys­te­me nach euro­päi­schen Regeln zu ent­wi­ckeln. Und zum ande­ren, eine mobi­le Zah­lungs­funk­ti­on in ihre eige­nen Ban­king Apps zu inte­grie­ren, um Zah­lun­gen per iPho­ne und Android-Smart­phone direkt vom Giro­kon­to des Bank­kun­den abzu­wi­ckeln. Dadurch blei­ben die Daten­ho­heit und die Cus­to­mer Jour­ney bei den Ban­ken und es wer­den kei­ne Dritt­an­bie­ter zwi­schen­ge­schal­tet, wie es bei popu­lä­ren ame­ri­ka­ni­schen Pay­ment-Lösun­gen der Fall ist. Durch eige­ne Mobi­le-Pay­ment-Lösun­gen kön­nen Ban­ken wie­der an der Wert­schöp­fung teil­ha­ben und ihre künf­ti­gen Erträ­ge im mobi­len Zah­lungs­ver­kehr sichern. Bei Lösun­gen von US-Anbie­tern hin­ge­gen müs­sen Ban­ken für die Abtre­tung ihrer Kund­schaft sogar noch trans­ak­ti­ons­ba­sier­te Gebüh­ren zah­len und wer­den auf lan­ge Sicht aus der Wert­schöp­fungs­ket­te aus­ge­schlos­sen, wenn zum Bei­spiel Apple Pay mit der eige­nen Kre­dit­kar­te die umsatz­star­ken Kun­den sel­ber über­neh­men wird.

  • Ist der Zug für die Ban­ken im Bereich Online- und Mobi­le Pay­ments nicht schon abgefahren?

Nein, die Ver­än­de­run­gen durch die mobi­le Revo­lu­ti­on und der Über­gang zu Omnich­an­nel-Lösun­gen eröff­net noch ein­mal die Chan­ce, neu­ar­ti­ge Lösun­gen zu plat­zie­ren. Die Ban­ken wer­den dies aber nicht allei­ne schaf­fen. Sie brin­gen zwar wesent­li­che Assets  wie Kun­den­ba­sis, Trust oder Kun­dens­core mit, aber sie brau­chen einen Part­ner, der schnell und fle­xi­bel die not­wen­di­gen tech­ni­schen Umwäl­zun­gen vor­an­trei­ben und Lösun­gen bau­en kann, die über das rei­ne Pay­ment hin­aus­ge­hen. Euro­pa­weit besteht auch ein Inter­es­se an einer pan­eu­ro­päi­schen Mobi­le-Pay­ment-Lösung ‚made in Euro­pe‘, was unter ande­rem auch von der EZB gefor­dert wird. Gemein­sam mit sechs füh­ren­den opti­schen Pay­ment-Lösun­gen aus Euro­pa – dar­un­ter auch Swish, die in ihrem Hei­mat­land Schwe­den über sie­ben Mil­lio­nen Nut­zer ver­zeich­net – arbei­ten wir in der Euro­pean Mobi­le Pay­ment Sys­tems Asso­cia­ti­on (EMPSA) gera­de inten­siv dar­an, die Mobi­le-Pay­ment-Tech­no­lo­gie in allen Mit­glieds­staa­ten zu ver­ein­heit­li­chen. Durch EMPSA kann zu Beginn ein Netz­werk aus neun euro­päi­schen Län­dern mit meh­re­ren hun­dert ange­schlos­se­nen Ban­ken, ins­ge­samt rund 25 Mil­lio­nen Mobi­le-Pay­ment-Nut­zern sowie rund einer Mil­li­on Akzep­tanz­stel­len in Han­del, Gas­tro­no­mie und Hotel­le­rie ent­ste­hen. Wenn das Netz­werk wächst, wird es für alle Betei­lig­ten noch attrak­ti­ver „euro­pä­isch“ per Smart­phone zu bezahlen.

  • Die Bereit­schaft der Ban­ken und Spar­kas­sen, Apple Pay anzu­bie­ten, erscheint vie­len Markt­be­ob­ach­tern als der rich­ti­ge Schritt – bestün­de ansons­ten nicht die Gefahr, die Kun­den zu vergraulen?

Mit gro­ßen Namen wie Apple und Goog­le gewin­nen die Ban­ken zwar kurz­fris­tig die Auf­merk­sam­keit der Kun­den, lang­fris­tig gese­hen tre­ten euro­päi­sche Ban­ken jedoch die Cus­to­mer Jour­ney an ame­ri­ka­ni­sche Kon­zer­ne ab und brin­gen ihre Erträ­ge aus dem mobi­len Zah­lungs­ver­kehr in Gefahr. Ein düs­te­res Sze­na­rio wäre, dass außer­eu­ro­päi­sche Dritt­an­bie­ter die euro­päi­schen Ban­ken nach und nach ganz aus der Wert­schöp­fungs­ket­te ver­drän­gen und zu blo­ßen Infra­struk­tur-Erhal­tern degra­die­ren. Man muss natür­lich sei­nen eige­nen Kun­den eine attrak­ti­ve Alter­na­ti­ve bie­ten. Durch den Ein­satz eines opti­schen Bezahl­ver­fah­rens, das bei­spiels­wei­se so wie Blue­code mit­tels Bar­code- oder QR-Code-Scan funk­tio­niert, ist man nicht auf die von Apple gesperr­te NFC-Schnitt­stel­le angewiesen.

  • Wel­che Kom­pe­ten­zen müss­ten sei­tens der Ban­ken noch auf­ge­baut wer­den, um den Händ­lern das Geschäft zu erleich­tern – wel­che Rol­le kön­nen exter­ne Dienst­leis­ter bzw. Koope­ra­tio­nen dabei übernehmen?

Es hat sich schon im E‑Commerce gezeigt, dass sich die Ban­ken mit den schnell ver­än­der­li­chen, stark soft­ware­ba­sier­ten neu­en Lösun­gen nicht ein­fach getan haben. Von daher wird es für die Ban­ken wich­tig wer­den, Part­ner zu fin­den, die sie in die­sem Bereich unter­stüt­zen kön­nen – zum Bei­spiel durch Mehr­wert­diens­te und Lösun­gen, die Händ­ler hel­fen, die Digi­ta­li­sie­rung vor­an­zu­trei­ben, etwa im Bereich Self-Checkout.

  • Wenn der Zah­lungs­vor­gang dem­nächst mehr oder weni­ger unsicht­bar wird, wie kann eine Bank über­haupt noch mit den Kun­den inter­agie­ren, d.h. wie kann sie ver­hin­dern, aus dem Blick­feld der Kun­den zu verschwinden?

Durch die Digi­ta­li­sie­rung der Zah­lungs­kar­ten in die Smart­phones ver­schwin­den die­se heu­te meist in den Zah­lungs­lö­sun­gen außer­eu­ro­päi­scher Dritt­an­bie­ter. Eine Con­clu­sio der Ban­ken müss­te also sein, eige­ne ban­ken­ge­bran­de­te Mobi­le-Pay­ment-Apps zu star­ten, um die Kun­den­bin­dung zu stär­ken. Mit unse­rer Co-Bran­ded Apps-Initia­ti­ve kön­nen Ban­ken inner­halb kur­zer Zeit ihre eige­ne Mobi­le-Pay­ment-App mit Bran­ding star­ten bezie­hungs­wei­se eine Mobi­le-Pay­ment-Funk­ti­on in ihre gebran­de­te Ban­king-App inte­grie­ren. Um eine regel­mä­ßi­ge Nut­zung anzu­re­gen, soll­te Mobi­le Pay­ment dar­über hin­aus immer mehr wert sein als Cash oder Kar­te und für jede mobi­le Zah­lung einen zusätz­li­chen Mehr­wert bie­ten, wie Ali­pay und WeChat Pay erfolg­reich vor­zei­gen. Daher haben wir eine Mehr­wert­platt­form ent­wi­ckelt, um ein Öko­sys­tem rund ums mobi­le Bezah­len auf­zu­bau­en und treue Kun­den mit Gut­schei­nen, Rabat­ten und Cash­back-Aktio­nen am Smart­phone zu beloh­nen. Alle Part­ner, dar­un­ter vor allem Ban­ken und Han­dels­un­ter­neh­men, kön­nen ihre eige­nen Kun­den­bin­dungs­pro­gram­me digi­ta­li­sie­ren und mit dem Blue­code-Bezahl­vor­gang ver­knüp­fen oder neue Mehr­wert­ser­vices wie digi­ta­le Stem­pel­päs­se oder Lot­te­rien kom­plett digi­tal über Blue­code aufsetzen.

  • Gibt es Bei­spie­le aus der täg­li­chen Pra­xis von Blue­code, wo es gelun­gen ist, die Kun­den über die Zah­lungs­ab­wick­lung stär­ker an die Bank und den Händ­ler zu binden?

In Öster­reich haben vor Kur­zem eini­ge Ban­ken, dar­un­ter Raiff­ei­sen und die BKS Bank, Co-Bran­ded Apps wie „Raiff­ei­sen Blue­code“ ein­ge­führt. Dies wird in Öster­reich schon sehr gut ange­nom­men. Auch in Deutsch­land sind wir mit Ban­ken in Gesprä­chen zur Ein­füh­rung von Co-Bran­ded Apps oder zur Inte­gra­ti­on in Ban­king Apps. Auf Händ­ler­sei­te sieht man eben­falls, dass die Kun­den­bin­dung durch gebran­de­te Apps gestärkt wird – bei­spiels­wei­se die „FC App“ des 1. FC Köln oder „Adler Pay“ des Eis­ho­ckey­ver­eins Adler Mann­heim, die alle die Blue­code-Zah­lungs­funk­ti­on inte­griert haben. Ein wei­te­res Bei­spiel ist die Glo­bus-Grup­pe mit ihren SB-Waren­häu­sern und Bau­märk­ten, die nach dem erfolg­rei­chen Start im Saar­land das mobi­le Bezah­len per Blue­code auf alle Stand­or­te in Deutsch­land aus­ge­rollt haben.

  • Was muss eine Bank machen, wenn sie Blue­code ein­set­zen will – wie hoch ist der tech­ni­sche und orga­ni­sa­to­ri­sche Aufwand?

Ein Vor­teil von Blue­code ist, dass die Inte­gra­ti­on mit einem sehr gerin­gen Auf­wand ver­bun­den ist. Auf recht­li­cher Sei­te müs­sen Ban­ken ledig­lich unse­rem Euro­pean Pay­ment Sche­me bei­tre­ten – ein Ver­trag, der regelt, wie Zah­lun­gen zwi­schen den betei­lig­ten Par­tei­en abge­wi­ckelt und ver­gü­tet wer­den. Es sind kei­ne wei­te­ren Ver­trä­ge mit wei­te­ren Par­tei­en wie Part­ner­händ­lern nötig. Dane­ben ist eine tech­ni­sche Inte­gra­ti­on not­wen­dig, wobei wir inzwi­schen auch eine „Express-Lösung“ anbie­ten, um einen schnel­len Start zu ermög­li­chen.

  • Herr Lütcke, wie wird der Pay­ments-Markt in fünf Jah­ren aus­se­hen – viel­fäl­tig oder von Goog­le, Apple & Co. dominiert?

Als Opti­mist sehe ich natür­lich einen viel­fäl­ti­gen Pay­ment-Markt. Allein in Deutsch­land wol­len laut aktu­el­ler PwC-Stu­die ‚Mobi­le Pay­ment Report 2019‘ 57 Pro­zent der Befrag­ten in den nächs­ten fünf Jah­ren mobi­les Bezah­len via Smart­phone oder Tablet nut­zen. Die kürz­lich ver­öf­fent­lich­te Stu­die „The Future of Pay­ments“ von Deut­sche Bank Rese­arch pro­gnos­ti­ziert, dass in Deutsch­land der Anteil der mobi­len Zah­lun­gen am POS bis 2025 auf rund 30 Pro­zent stei­gen wird. Wir wol­len die­sen Trend den US-Kon­zer­nen nicht kampf­los über­las­sen. Wenn alle Betei­lig­ten gemein­sam an einem Strang zie­hen und eine pan­eu­ro­päi­sche Alter­na­ti­ve zu Apple Pay, Goog­le Pay & Co. eta­blie­ren, dann hat Euro­pa noch eine Chan­ce, einem Oli­go­pol ame­ri­ka­ni­scher Kon­zer­ne in Euro­pa ent­ge­gen­zu­wir­ken und in Zukunft ein gewich­ti­ges Wort mitzureden.

Zur Per­son: Dr. Jens Lütcke

Dr. Jens Lütcke ist seit 1.1.2020 Depu­ty CEO der Blue Code Inter­na­tio­nal und besitzt mehr als 15 Jah­re Erfah­rung im Zah­lungs­ver­kehr. Er war einer der Co-Foun­der von Sofort­über­wei­sung und CEO und CFO bei SOFORT. Nach der Über­nah­me durch Klar­na  hat er zusätz­lich für Klar­na die DACH-Regi­on geleitet.

Über Blue­code

Blue­code ist die ers­te pan­eu­ro­päi­sche Mobi­le-Pay­ment-Lösung, die bar­geld­lo­ses Bezah­len per Android-Smart­phone, iPho­ne und Apple Watch gemein­sam mit Value Added Ser­vices (digi­ta­le Mehr­wert­ser­vices) in Apps – ins­be­son­de­re von Ban­ken und Händ­lern – ermög­licht. Das anony­me, hoch­si­che­re Bezahl­ver­fah­ren funk­tio­niert mit jedem Giro­kon­to und basiert auf dem opti­schen Bezah­len via Bar­code/­QR-Code, ist aber auch mit ande­ren Über­tra­gungs­tech­no­lo­gien (Blue­tooth, NFC) kom­pa­ti­bel. Nam­haf­te euro­päi­sche Ban­ken, vor­wie­gend in Öster­reich und Deutsch­land, Acqui­rer sowie füh­ren­de Händ­ler (u.a. Glo­bus-Grup­pe, Kon­sum, REWE Inter­na­tio­nal-Töch­ter Bil­la, Mer­kur und Bipa, Spar Öster­reich-Grup­pe) unter­stüt­zen den euro­pa­wei­ten Roll­out und die Inte­gra­ti­on in Regis­trier­kas­sen, Auto­ma­ten, Banking‑, Retail- und Kun­den­kar­ten-Apps (u.a. mobi­le-pocket). Mehr Infor­ma­tio­nen unter: www.bluecode.com

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