Von Ralf Keuper
Ein Gespenst geht um. Es heisst die “Superbank”. Künftig könnten, so der Philosoph David Precht vor einiger Zeit in einem Interview mit der Zeitung Die Presse, digitale Supermächte die Kontrolle über die Finanzwirtschaft übernehmen. Kaum ein Unternehmen sei dafür prädestinierter als Google. Precht geht in dem Interview so weit, von einer Spekulationsbank Google zu sprechen, welche die Entwicklungen an den Finanzmärkten vorhersagen und im eigenen Interesse beeinflussen könne.
Aber nicht nur aus den Reihen der Philosophen kommen Prophezeiungen, die einen Einheitsstil, eine Monokultur im Banking an die Wand malen. Apple, Amazon, Google, Alibaba, facebook & Co. werden demzufolge im Jahr 2030, vielleicht auch schon eher, das Banking weitgehend beherrschen. Allenfalls noch einige Großbanken, die die Warnzeichen noch gerade rechtzeitig erkannt und selber den Wandel zur digitalen Superbank vollzogen haben, können gegenüber den Internetgiganten, den digitalen Supermächten, bestehen.
Jetzt ist es nicht so, dass die Szenarien völlig aus der Luft gegriffen sind. Die Digitalisierung wird dazu führen, dass die Kräfteverhältnisse im Banking neu bestimmt werden. Viele Banken werden von der Bildfläche verschwinden oder in die Statisten-Rolle gedrängt. Zweifellos befinden sich die Internetgiganten bei diesem Machtbeben (Alvin Toffler) in einer komfortablen Ausgangsposition. Fasst könnten sie sich auf die Rolle des Beobachters beschränken und abwarten, dass die Regulierung wie auch die zahlreichen FinTech-Startups die Festung schleifen. Irgendwann fiele ihnen das Bankgeschäft wie eine reife Frucht in die Hände.
Dieses Szenario ist allerdings nur dann plausibel, wenn wir davon ausgehen, dass die Entwicklung im Banking linear verlaufen wird: Die Zukunft mehr oder weniger als Fortsetzung der Gegenwart. Man braucht kein Prophet zu sein, um darin einen Trugschluss zu erkennen.
Google, facebook, Amazon und Alibaba werden diesen Wandel mit Sicherheit maßgeblich mit gestalten – keine Frage. Aber auch sie unterliegen als Unternehmen einem Wandel. Das “Innovators Dilemma” macht auch vor ihnen nicht halt. Sie haben den Erfolg nicht gepachtet. Außerdem tanzen sie irgendwann auf zu vielen Hochzeiten gleichzeitig.
Solange wir uns in einer offenen Gesellschaft mit entsprechender Wettbewerbsordnung bewegen, wird auch das Banking pluralistisch sein. Die Globalisierung hat, wie u.a. Pankaj Ghemawat hervorhebt, bisher jedenfalls, nicht dazu geführt, dass die Welt flach geworden ist. Auch künftig werden sich die Regionen der Welt in ihrer Art zu Wirtschaften und Bankgeschäfte zu betreiben, bei aller Angleichung durch die Digitalisierung, unterscheiden. Einen Einheitsstil, eine Monokultur wird es nicht geben. Eher schon Stilmischungen. Neue Arten könnten entstehen. Ein Blick nach Afrika lohnt sich.