Von Ralf Keuper

Die Zei­ten zur Grün­dung einer Bank waren sel­ten so güns­tig wie heu­te. Gebäu­de, Büro­tür­me gar, wer­den eigent­lich nicht mehr benö­tigt; auch die Filia­len schei­nen ihren Zenith end­gül­tig über­schrit­ten zu haben.

Prin­zi­pi­ell lässt sich das Bank­ge­schäft nahe­zu kom­plett über das Inter­net betrei­ben. Schon jetzt ste­hen mit den zahl­rei­chen Fin­Tech-Start­ups die Bau­stei­ne zur Ver­fü­gung, um dar­aus eine Bank zu bau­en. Von der Geld­an­la­ge über die Finan­zie­rung bis hin zur Zah­lungs­ab­wick­lung und Com­pli­ance – für die Kern­funk­tio­nen hat min­des­tens ein Fin­Tech-Start­up eine Lösung parat. Selbst Kern­ban­ken­sys­te­me, das  “Aller­hei­ligs­te” einer jeden Bank, kön­nen über die Cloud bezo­gen werden.

So gese­hen ist es nur ein logi­scher Schritt, wenn die Über­le­gun­gen, wie man sich eine Bank bau­en kann, kon­kre­ter und rea­li­täts­nä­her wer­den, wie bei Jack Gavi­gan in sei­nem lesens­wer­ten Bei­trag What would a dis­rup­ti­ve bank look like?.

Zen­tra­ler Bau­stein ist dar­in die Core Ban­king Engi­ne. Sie umfasst neben CRM-Funk­tio­nen auch einen API-Ser­vice-Lay­er, der die Anbin­dung von Lösun­gen Drit­ter ermög­licht, wie z.B. Tools für das Per­so­nal Finan­ce Manage­ment. Da sie das Rück­grat der Bank-IT bil­det, soll­te die Core Ban­king Engi­ne in Eigen­re­gie erstellt wer­den. Auch die ATMs und die Aus­ga­be von Kun­den­kar­ten blei­ben unter der Hoheit der Bank. Alle wei­te­ren Bau­stei­ne kön­nen mit­tels Open-API inte­griert wer­den. Gavi­gan ist nicht der Ansicht, dass sich eine Bank nur noch auf das Front End kon­zen­trie­ren soll­te, wie Moven.

Neu ist der Gedan­ke eines Markt­plat­zes für Pro­duk­te und Dienst­leis­tun­gen, auf dem sich die Kun­den die für sie pas­sen­den Pro­duk­te und Dienst­leis­tun­gen aus­su­chen kön­nen. Das Ange­bot stammt dabei nicht nur von der Bank, son­dern auch von Dritten.

Das alles kommt dem Modell der Bank als digi­ta­ler Platt­form schon sehr nahe.

An Gren­zen stösst das Modell der­zeit noch, wenn es um Fra­gen der Koor­di­na­ti­on wie auch der Abde­ckung der nicht-funk­tio­na­len Anfor­de­run­gen geht.

Die Digi­ta­li­sie­rung des Bank­ge­schäfts hat die Annah­men der Trans­ak­ti­ons­kos­ten­theo­rie nach Coa­se und Wil­liam­son noch nicht obso­let machen kön­nen. Dem­nach ste­hen für die Koor­di­na­ti­on bzw. Abwick­lung der Trans­ak­tio­nen eines Unter­neh­mens die Alter­na­ti­ven Hier­ar­chie oder Markt zur Ver­fü­gung. Die For­schung zur Koor­di­na­ti­on mit­tels Netz­wer­ken ist dage­gen noch in den Anfän­gen. Bis heu­te erfolgt die Koor­di­na­ti­on der Akti­vi­tä­ten in den Ban­ken vor­wie­gend mit­tels Hier­ar­chie, d.h. die Leis­tun­gen wer­den intern erstellt und koor­di­niert. Sicher­lich hat das Out­sour­cing zu einer Ver­la­ge­rung hin zum Markt geführt; in ihrem Kern wer­den die Ban­ken indes nach wie vor über die Hier­ar­chie, d.h als geschlos­se­nes Sys­tem gesteuert.

Den Schwer­punkt der Koor­di­na­ti­on auf den Markt zu ver­le­gen, erfor­dert einen nicht zu unter­schät­zen­den Auf­wand. Ver­trä­ge müs­sen neu aus­ge­han­delt, die Leis­tungs­er­fül­lung über­wacht wer­den. Anbie­ter schei­den aus, neue kom­men hin­zu. Die Preis- und Erlös­mo­del­le müs­sen fort­lau­fend ange­passt und aus­ge­han­delt wer­den. Der Auf­wand wird auch dann nicht gerin­ger, wenn, wie in dem Modell von Gavi­gan, eine Misch­form gewählt wird. Zwei ver­schie­de­ne Koor­di­na­ti­ons­me­cha­nis­men unter einen Hut zu brin­gen, erfor­dert selbst wie­der­um einen hohen Koor­di­na­ti­ons­auf­wand. Das dürf­te ein lan­ger und schwie­ri­ger Lern­pro­zess wer­den. Fast schon eine Qua­dra­tur des Kreises.

Hin­zu kommt das The­ma der nicht-funk­tio­na­len Anfor­de­run­gen wie der Sicher­heit und der Hoch­ver­füg­bar­keit. Wer küm­mert sich dar­um? Kön­nen sie über­haupt von einem Akteur allei­ne garan­tiert werden?

Auch wenn es heu­te – im Prin­zip – ein­fa­cher ist eine Bank zu grün­den, als viel­leicht noch vor zehn oder zwan­zig Jah­ren, wir las­sen jetzt mal die Beschaf­fung der fünf Mil­lio­nen Euro Grund­ka­pi­tal bei­sei­te, ist der tech­no­lo­gi­sche Vor­sprung schnell dahin, wenn die Voll­bank­li­zenz ange­strebt und erteilt wird. Allein die Regu­lie­rung sorgt dafür, dass der Kos­ten­block mit einem Schlag ganz neue Dimen­sio­nen annimmt. Die Hand­lungs­frei­heit wird dadurch eingeschränkt.

Eine Bank nur über das Inter­net pro­fi­ta­bel zu betrei­ben, wird auch künf­tig schwer sein. Ob eine Misch­form, wie von Gavi­gan vor­ge­schla­gen, die Lösung ist, bleibt aus den genann­ten Grün­den abzuwarten.

Einen wei­te­ren, viel­leicht sogar den ent­schei­den­den, Schub könn­te das The­ma dann bekom­men, wenn sich die digi­ta­len Wäh­run­gen in der einen oder ande­ren Form durch­set­zen. Vor allem aus dem Bereich Pay­ments und Secu­ri­ty könn­ten eini­ge Inno­va­tio­nen zu einer Umwäl­zung des Bank­ge­schäfts füh­ren. Genannt sei­en die Trus­ted Plat­form Modu­les oder Bit­co­in Wal­lets. Dann stellt sich das The­ma der Sicher­heit wie auch der Hoch­ver­füg­bar­keit neu. Eben­so könn­te der dezen­tra­le Ansatz die heu­te noch bestehen­den Gren­zen bei der Trans­ak­ti­ons­ab­wick­lung und Koor­di­nie­rung auf­he­ben, zumin­dest aber die Ent­ste­hung neu­er Orga­ni­sa­ti­ons­for­men im Ban­king, wie Netz­werk­or­ga­ni­sa­tio­nen und/​oder die Bank als Platt­form, begünstigen.

Dann könn­te es tat­säch­lich hei­ßen: Wir bau­en uns eine Bank

 

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