Die Rechtswissenschaftlerin Katharina Pistor, die an der Columbia Law School lehrt, argumentiert in dem Beitrag Capitalism Is Driving Democracy’s Death Spiral, dass das gegenwärtige Verhältnis zwischen Kapitalismus und Demokratie problematisch ist, da der Kapitalismus zunehmend demokratische Prinzipien untergräbt. Ein zentrales Argument ist, dass das Rechtssystem, insbesondere das Privatrecht, eine entscheidende Rolle bei der Schaffung und dem Schutz von Kapital spielt. Dies führt zu wachsender Ungleichheit und einer schwindenden demokratischen Kontrolle. Juristen nutzen allgemeine Rechtsdoktrinen wie Eigentums‑, Vertrags‑, Treuhand‑, Gesellschafts- und Insolvenzrecht, um Vermögenswerte so zu “codieren”, dass privates Vermögen geschützt und vermehrt wird. Aussagen, die sich auch ihrem Buch Der Codes des Kapitals finden.
Staaten sind bereit, die Schaffung von Kapital durch rechtliche Anerkennung und Durchsetzung von Vermögenswerten als private Rechte zu erleichtern. Dies führt dazu, dass einige wenige enormen Reichtum anhäufen, während wirtschaftliche Ungleichheiten verschärft und die öffentliche politische Kontrolle reduziert werden. Der Kapitalismus ist auf staatliches Recht angewiesen, um Verträge und Eigentumsrechte durchzusetzen, was die Unterordnung entgegenstehender Interessen erfordert. Dies schafft eine symbiotische Beziehung zwischen dem Kapitalismus und einem “freundlichen Staat”, der bei Bedarf auch Gewalt einsetzt, um Kapitalinteressen zu schützen.
Pistor kritisiert, dass der aktuelle “Code des Kapitals” Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit verletzt, insbesondere solche, die auf Gleichheit und Demokratie abzielen. Das Privatrecht fungiert als Subvention für das Kapital, wobei erhebliche gesellschaftliche Ressourcen aufgewendet werden, um sicherzustellen, dass neue Finanzprodukte und andere Kapitalanlagen vom Staat anerkannt und durchgesetzt werden.
Die Finanzialisierung der globalen Wirtschaft erfolgte auf Kosten demokratischer Prinzipien. Diese Transformation hat zu einer “Winner-takes-all”-Ökonomie geführt, in der technologisch dominante Unternehmen Sektoren monopolisieren und nicht nur Marktmacht, sondern auch politische Macht erlangen, die der Demokratie entgegensteht.
Insgesamt argumentiert Pistor, dass das derzeitige kapitalistische System durch seine rechtlichen und finanziellen Mechanismen die demokratische Kontrolle erodiert und Ungleichheiten verschärft. Dies schafft eine grundlegende Spannung zwischen den Interessen des Kapitals und den Prinzipien der Demokratie.