Von Ralf Keuper
Die Fra­ge Wer bin ich?, die schon im guten, alten ana­lo­gen Zeit­al­ter selbst die größ­ten Geis­ter nicht sel­ten an den Rand der Ver­zweif­lung getrie­ben hat, scheint in der Digi­tal­mo­der­ne eine Poten­zie­rung zu erfah­ren. Als Inha­ber meh­re­rer Digi­ta­ler Iden­ti­tä­ten führt der Nut­zer mehr als “nur” ein Dop­pel­le­ben. Ver­ständ­lich, dass Bera­tungs­häu­ser und Uni­ver­si­tä­ten bereits dar­auf reagie­ren, und Hil­fe­stel­lun­gen anbieten. 
Vor­bei die Zeit des pro­fa­nen Know Your Cus­to­mer (KYC) – Das Zeit­al­ter des Bring your own per­so­na (BYOP) ist ange­bro­chen, wie Jim Marous uns in Per­so­nas Must Bet­ter Defi­ne Digi­tal Ban­king Con­su­mer wis­sen lässt. 
Das Modell geht zurück auf die Whar­ton School, wonach sich die digi­ta­le Per­so­na aus den Kom­po­nen­ten digi­tal capa­bi­li­ty und trust zusammensetzt. 
In dem Bei­trag heisst es:

Using the Whar­ton defi­ni­ti­on, ‘digi­tal capa­bi­li­ty’ is a con­su­mers’ abili­ty to maxi­mi­se their usa­ge of the latest tech­no­lo­gies such as mobi­le apps, weara­bles, social inter­ac­tion tools, video chat, mobi­le pay­ments and loca­ti­on-based ser­vices. ‘Trust’ is the “wil­ling­ness of users to share per­so­nal data and, in some cases, relin­quish pri­va­cy in exch­an­ge for a per­cei­ved benefit.”

Die Ban­ken hät­ten nun die Auf­ga­be, ein Per­sön­lich­keits­pro­fil zu jedem Kun­den zu erstel­len, gemes­sen an dem Level of trust, digi­tal pro­fi­ci­en­cy und depth of rela­ti­onships. Mit die­ser Klas­si­fi­zie­rung sei es den Ban­ken mög­lich, den “Digi­tal Nati­ves” die Erfah­run­gen bie­ten zu kön­nen, die sie gewohnt sind. Die Daten soll­ten dazu ver­wen­det wer­den, das Ver­trau­ens­ver­hält­nis zum Kun­den zu stär­ken, indem die Bank per­so­na­li­sier­te und, dem Bedarf und der Situa­ti­on ent­spre­chend, hoch­wer­ti­ge Ange­bo­te unter­brei­tet. Selbst­ver­ständ­lich müs­se dabei unbe­dingt der Ein­druck ver­mie­den wer­den, dass die Ban­ken hier in unver­ant­wort­li­cher Wei­se mit den Kun­den­da­ten umge­hen. Schnell sei dann näm­lich das Ver­trau­en zerstört. 
Bewer­tung
Es fällt schwer den Ansatz des BYOP einer bestimm­ten Rich­tung zuzu­ord­nen. Das Sche­ma hat gro­ße Ähn­lich­keit mit Ver­fah­ren zur Per­sön­lich­keits­be­wer­tung wie dem Myers-Briggs Typ­in­di­ka­tor, der aber wohl noch deut­lich dif­fe­ren­zier­ter ist, was nicht zwangs­läu­fig heis­sen muss, das er des­we­gen aus­sa­ge­kräf­ti­ger als ande­re ist. Jedoch hat die Kri­tik in den letz­ten Jah­ren an die­sen Ver­fah­ren deut­lich zuge­nom­men, da hier die Gefahr besteht, Kli­schees und Ste­reo­ty­pen Vor­schub zu leis­ten. Hin­zu kommt, dass sich die Per­sön­lich­keit eines Men­schen, bei allen Gemein­sam­kei­ten, nicht in Scha­blo­nen pres­sen lässt. Wenn dies schon für den anlo­gen Modus gilt, um wie viel mehr muss die­se Ein­schrän­kung dann für die digi­ta­len Iden­ti­tä­ten zutreffen. 
Es ist nur schwer vor­stell­bar, dass die Kun­den erfreut dar­über sind, von ihrer Bank in einer Form klas­si­fi­ziert zu wer­den, die ihren Typ auf Dau­er bzw. für lan­ge Zeit fest­le­gen. Schnell kann der Schuss nach hin­ten los gehen, näm­lich dann, wenn die Kun­den den Ein­druck gewin­nen soll­ten, in Scha­blo­nen gepresst und in gewis­ser Wei­se mani­pu­liert bzw. abge­stem­pelt zu wer­den, was bei der Anwen­dung sol­cher Ver­fah­ren kaum aus­zu­schlie­ßen ist. Die Klas­si­fi­zie­rung von Per­so­nen nach den Maß­stä­ben, die dem BYOP – Modell zugrun­de zu lie­gen schei­nen, gehört in die Hän­de von beson­ders geschul­tem Per­so­nal – auch im digi­ta­len Zeit­al­ter. Es darf bezwei­felt wer­den, dass Ban­ken, eben­so wie ande­re Anbie­ter, dar­über in aus­rei­chen­dem Maß ver­fü­gen. Eben­so fehlt das Man­dat der Kunden. 
Inso­fern ist Zurück­hal­tung, Dis­kre­ti­on ange­bracht. Letz­te­re war es auch, was die Ban­ken frü­her ein­mal und zum Teil auch heu­te noch aus­ge­zeich­net hat. 
Kurz­um: Schus­ter, bleib bei den Leisten!

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