Von Ralf Keuper
Dass Banken eigentlich die besten Voraussetzungen mitbringen, bei der Verifizierung der digitalen Identitäten von Personen eine gewichtige Rolle zu spielen, dürfte unstrittig sein. Zweifel kommen dann auf, wenn es um die technische und organisatorische Umsetzung geht. Hier befinden sich die Banken, von wenigen Ausnahmen abgesehen (wie in den skandinavischen Ländern), im Anfangsstadium. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass statt der Banken die großen Technologiekonzerne wie Google, Amazon und Apple die erste Anlaufstelle für die digitale Identifizierung werden (Vgl. dazu: Banken als Digital Identity Provider – das Zeitfenster schließt sich). Die digitalen Identitäten wandern auf die mobilen Endgeräte, wie das iPhone (Vgl. dazu: Apple Identity App als Disruptor).
Zu den wenigen informativen Beiträgen, die sich mit der Thematik beschäftigen, zählt Digital Identities in Financial Services Part 3: The Business Opportunity for Digital Identity vom Institute of International Finance (IIF).
Die Ausgangssituation in den Banken:
The current internal organizational structure of most financial service providers is a departmental focus on the products and services the institutions provide. Concurrently, financial institutions (FIs) are also structured to focus on segments, in which departmental heads focus on a specific segment of customers, and by branch network.
Die Herausforderungen bzw. Chance für die Banken:
With increasingly more customers migrating their daily activities to digital channels the digital footprint left by these individuals acts as a gold mine for financial service providers. Proper digital identity data analytics can have a profound impact on customer engagement/satisfaction resulting in better bottom-line results and therefore on shareholders’ value. …
Der Vorteil der Banken:
Digital identity lies at the heart of this customer-focused ecosystem in which trusted financial service providers leverage their experience with risk management, gained through decades of abiding by banking regulation, while utilizing the alternative data amassed by technology companies and third-party vendors.
Die Rolle der Banken in den sich bildenden Ökosystemen:
In this ecosystem, identities can be verified by multiple digital identity attributes (bill and tax payment records, financial statements, call data records, etc.) that are issued by trusted entities who have an established relationship with consumers. Financial service providers would act as financial advisors while utilizing technology platforms’ large consumer bases to best help serve customers.
So weit, so gut.
Die Autoren gehen demnach davon aus, dass die großen Technologiekonzerne eine neutrale Rolle übernehmen und den Banken bereitwillig die nötigen Daten und Services zur Verfügung stellen. Diese Annahme ist realitätsfremd. Sie wird durch die verschiedenen Initiativen von Apple und Google in dem Bereich widerlegt (Vgl. dazu: Apple als ID-Standard). Initiativen weiterer Technologiekonzerne werden kommen oder sind schon unterwegs. Ganz abgesehen von neuen Konzepten, wie selbstverwalteten Digitalen Identitäten und der Verwaltung der Identitäten mit Hilfe der Blockchain-Technologie.
In einem Punkt ist den Autoren indes zuzustimmen:
Emerging data platforms would act as trusted data custodians and are well-positioned to be at the forefront of protecting client privacy.
Diese Plattformen bzw. strategischen Vertrauensnetzwerke setzen auf anerkannten Standards und gemeinsamen Regelwerken auf. Die Identitäten werden, wie schon erwähnt, gerätebasiert(er), d.h. Hardware und (Embedded) Software übernehmen die Regie – sowohl für Personen wie auch für Maschinen und juristische Personen. Das geht weit über klassisches KYC hinaus.