Von Ralf Keuper
Nach längerer Abwesenheit, ist im Netz erneut die Frage nach der Zukunft der Filiale aufgetaucht. Auslöser war u.a. Matthias Kröners provokante Kolumne Warum die klassische Bankfiliale vor dem Aus steht. In Zeiten, in denen Bankgeschäfte von jedem beliebigen Ort aus, unterwegs erledigt werden können, bestehe für die Bankfiliale kein Bedarf mehr. Ein Trend, der durch die Nicht-Banken wie Google, Apple und PayPal, die verstärkt in das Banking drängen, verstärkt wird.
Trotzdem wollen die Stimmen nicht verstummen, die den Abgesang auf die Filiale für verfrüht halten. Für die Banken ist ein Bekenntnis zur Filiale fast schon obligatorisch. Verständlicherweise stimmen die Hersteller von Geldautomaten, wie Wincor Nixdorf, in den Chor ein.
Selbst die größten Optimisten bzw. Traditionalisten räumen ein, dass die Bankfilialen ihr Gesicht deutlich werden wandeln müssen. Einen guten Überblick über den aktuellen Stand der Diskussion gibt der Beitrag Filialen werden künftig mobile Banking unterstützen. Der Artikel handelt von dem von Wincor Nixdorf in Istanbul ausgerichteten 22. International Management Seminar. Darin wird u.a. Brett King zitiert, der zwar nicht davon ausgeht, dass die Bankfiliale verschwinden wird, wohl aber davon überzeugt ist, dass sie als verlängerter Arm des Mobile Banking zu fungieren habe, also in gewisser Weise von untergeordneter Bedeutung ist.
Das führt uns zu der generellen Frage, welchen Bedarf es in der Digitalmoderne (Hanno Rauterberg), die u.a. von einer neuen Form, vielleicht einer Renaissance der Urbanität geprägt sein wird, an ortsgebundenen, physischen Filialen geben wird. Hat der (geografische/urbane) Raum neben dem Handel auch im Banking demnächst ausgedient?
Ich denke nicht. Was ich allerdings nicht glaube ist, dass Filialen nur noch von einer Bank oder einem Finanzdienstleister betrieben werden. Ähnlich wie im Einzelhandel wird sich hier das Shop-In-Shop-System etablieren. Warum sollten die Kunden, die vom Internet her gewohnt sind, aus einer großen Vielzahl von Angeboten auswählen zu können, in der Filiale wieder in die alten Verhaltens- und Kommunikationsmuster zurückfallen, noch dazu, wenn die Zahl der Kunden, die die alte Welt nicht mehr kennen, zunimmt? Das ist Wunschdenken.
Vorstellbar ist, dass sich, ähnlich wie im Einzelhandel, auch im Banking Flagship-Stores oder Outlet-Stores etablieren werden. Vielleicht werden Filialen auch provisorischer, bilden sich spontaner? Jedenfalls sollten sie bunter werden; einen Hauch von Gegen- bzw. Startup-Kultur verströmen.
Massen- und Standardgeschäft verlangen nach anderen Filialkonzepten. Kiosksysteme, Smart ATMs, Video-Beratung – schön und gut – letztlich jedoch nichts anderes, als die Übertragung der alten Konzepte in die digitale Welt – neuer Wein in alte Schläuche. Konservierungsmaßnahmen. Denken in geschlossenen Systemen.
Wir brauchen neue, wirklich innovative Ansätze. Davon ist derzeit nicht viel zu sehen.
Mobiler werden die Filialen jedenfalls: Die Bank im Auto
Immerhin 😉