Von Ralf Keuper

Hin und wie­der kann der Ein­druck ent­ste­hen, dass gera­de in Deutsch­land ger­ne an Plä­nen fest­ge­hal­ten wird, die zu einer bestimm­ten Zeit auf gül­ti­gen Annah­men beruh­ten, unter geän­der­ten Bedin­gun­gen jedoch in den siche­ren Unter­gang füh­ren. Um so einen Fall han­delt es sich bei dem Schlief­fen-Plan, einer Denk­schrift, die im Jahr 1905 von dem Gene­ral­feld­mar­schall Alfred Graf von Schlief­fen ver­fasst wur­de. Dar­in emp­fahl Schlief­fen, im Kriegs­fall einen Zwei­fron­ten­krieg zu füh­ren. Zuerst soll­te Frank­reich in sechs Wochen besiegt wer­den, um im Anschluss dar­an alle ver­füg­ba­ren Kräf­te an die Ost­front zu schi­cken. Auf die­se Wei­se soll­te der Krieg in nur weni­gen Mona­ten sieg­reich been­det wer­den. An die­sem Plan hielt der deut­sche Gene­ral­stab beim Kriegs­aus­bruch im Jahr 1914 in sei­nen Grund­zü­gen fest. Man glaub­te, den Zwei­fron­ten­krieg in kur­zer Zeit gewin­nen zu kön­nen. Damit hat­te man sei­ne eige­nen Mög­lich­kei­ten weit über­schätzt. Die Über­le­gen­heit der Geg­ner, was die Anzahl von Sol­da­ten, Waf­fen wie auch die Ver­sor­gung mit Roh­stof­fen betraf, wur­de im Lau­fe der Jah­re so erdrü­ckend, dass spä­tes­tens mit dem Kriegs­ein­tritt der USA das Pen­del end­gül­tig zuun­guns­ten des Deut­schen Kai­ser­reichs aus­schlug. Man hat­te sei­ne Kräf­te weit überdehnt.

Sebas­ti­an Haff­ner kom­men­tier­te die­se fata­le Denk­blo­cka­de ein­drück­lich. Es sei unglaub­lich, aber, so Haff­ner, lei­der eine Tatsache,

dass der deut­sche Gene­ral­stab für einen euro­päi­schen Zwei-Fron­ten-Krieg im Jah­re 1914 kei­nen andern Plan besaß als den soge­nann­ten Schlief­fen-Plan, der im Osten die Defen­si­ve und not­falls sogar den Rück­zug vor­sah, im Wes­ten aber die Offen­si­ve zur schnel­len Nie­der­wer­fung Frank­reichs, und zwar unter Ver­let­zung der von Eng­land übri­gens auch von Deutsch­land garan­tier­ten Neu­tra­li­tät Bel­gi­ens. Die letz­ten Alter­na­tiv­plä­ne, die es frü­her gege­ben hat­te, waren 1913 kas­siert wor­den. Ohne jede Rück­sicht auf die poli­ti­sche Lage muss­te Deutsch­land also, nach dem Wil­len sei­nes Gene­ral­stabs, im Fal­les eines Krie­ges das Schwer­ge­wicht sei­ner Krieg­füh­rung in den Wes­ten legen und Eng­land in den Krieg hin­ein­zie­hen (in: Die sie­ben Tod­sün­den des Deut­schen Kai­ser­reichs im 1. Weltkrieg).

Die deut­schen Ban­ken und Spar­kas­sen handel…