Von Ralf Keuper
Der schwer ins Straucheln geratene zweitgrößte chinesische Immobilienkonzern Evergrande versetzt die Börsen momentan in Unruhe. Einige sprechen sogar von einem Schwarzen Schwan, einem unerwarteten Ereignis[1]Evergrande: Schwarzer Schwan für die Aktienmärkte?.
Also unerwartet kommt der Zusammenbruch von Evergrande indes nicht. Bereits 2018 warnte der IWF vor einer Immobilienblase in China[2]Evergrande in China: Niedergang eines Giganten. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Reinhard Selten war 2011 der festen Überzeugung, dass der chinesische Immobilienmarkt kurz vor einem Kollaps stünde[3]Reinhard Selten: “Chinas Markt ist total überhitzt”.
Schon werden Vergleiche mit Lehman bemüht. Nach Ansicht von Mirko Wohlmuth vom deutsch-chinesischen Fonds Awesome Capital ist das jedoch an den Haaren herbeigezogen[4]„Der Vergleich von Lehman und Evergrande ist nicht angebracht“. Evergrande sei fast ausschließlich bei inländische Kreditinstituten verschuldet, weshalb ein direktes Übergreifen auf den internationalen Finanzmarkt sehr unwahrscheinlich ist. Die chinesische Regierung wird alles tun, um den vollständigen Zusammenbruch zu verhindern, da anderenfalls die Gefahr sozialer Unruhen besteht, da das Eigenheim fester Bestandteil der Altersvorsorge in China ist. Dazu Stefan Risse, Kapitalmarktstratege beim Vermögensverwalter Acatis. “Bevor Peking zulässt, dass Schockwellen durch die eigenen Finanzmärkte und die Volkswirtschaft laufen, wird man die Gläubiger irgendwie befriedigen.”[5]Evergrande: Droht ein chinesisches Lehman-Desaster?. Wie in UBS, House of Cards zu erfahren ist, sind sehr wohl ausländische Investoren im größeren Stil bei Evergrande engagiert, wie die UBS, BlackRock und die Ashmore Group. Ob es sich bei Evergrande um eine Art Subprime Reloaded in Fernost handelt, wie Lukas Hässig spekuliert, bleibt abzuwarten. Ganz abwegig ist das Szenario nicht.
Dennoch kann die Weltkonjunktur durch den Absturz von Evergrande und noch mehr durch den möglichen Einbruch auf dem chinesischen Immobilienmarkt in Mitleidenschaft gezogen werden, weil von der dann zu erwartenden sinkenden Nachfrage auch ausländische Unternehmen betroffen sind.
Die Frage ist allerdings, ob die Immobilienmärkte außerhalb Chinas nicht ebenfalls überhitzt sind und es hier über kurz oder lang zu ähnlichen Ereignissen kommen wird.
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