Von Ralf Keuper

Der deutsch-bri­ti­sche Ban­kier Sieg­mund War­burg ver­kör­pert wohl nicht nur für den His­to­ri­ker Neill Fer­gu­son das, was man in der Finanz­ge­schich­te als Hoch­fi­nanz, High Finan­ce oder Hau­te ban­que bezeich­net.  Zwar gab es schon Bio­gra­fien, die sich mit dem aus der Ham­bur­ger Ban­kiers-Fami­lie War­burg stam­men­den Aus­nah­me-Ban­kier beschäf­tig­ten, wie Sieg­mund G. War­burg. Das Leben eines gro­ßen Ban­kiers von Jac­ques Attali; aller­dings, so Fer­gu­son, han­delt es sich dabei mehr um anek­do­ten­haf­te Erzäh­lun­gen; die eigent­li­che Leis­tung War­burgs für das Ban­king gehe dabei unter. Mit sei­nem Buch High Finan­cier: The Lives and Time of Sieg­mund War­burg will Fer­gu­son die­sen Misstand behe­ben und dem Ban­kier Sieg­mund War­burg als jeman­den vor­stel­len, des­sen Geschäfts­prin­zi­pi­en nicht aus der Mode gekom­men sind. Die Besin­nung dar­auf täte, so Fer­gu­son bei der Vor­stel­lung sei­nes Buches in New York, ange­sichts der Finanz­kri­se von 2007/​2008 drin­gend not.

[you­tube https://www.youtube.com/watch?v=Jc_cbvIMmmA]

 

Für Fer­gu­son hat Sieg­mund War­burg mit sei­nen geschäft­li­chen Inno­va­tio­nen maß­geb­li­chen Anteil am Wie­der­auf­stieg Lon­dons nach dem zwei­ten Welt­krieg zur neben New York welt­weit füh­ren­den Finanzmetropole.

In sei­nen Auf­zeich­nun­gen hielt War­burg den Unter­schied zwi­schen dem tran­sac­tion­al und dem rela­ti­onship ban­king fest:

tran­sac­tions 

Chan­nell­ing big sums of money from cer­tain quar­ters which had a sur­plus to cer­tain other quar­ters whe­re the­re was a scar­ci­ty of funds .. tra­ding in money and of moving funds. 

rela­ti­onship 

Chan­ging and adjus­ting manage­ment and capi­tal struc­tures of indus­tri­al and finan­cial busi­nesses to altera­ti­ons in our envi­ron­ments. 

Per­so­nal­ly, I am not inte­res­ted in the waves of despon­den­cy and enthu­si­asm. The­se are appro­pria­te for peo­p­le who look upon mat­ters purely from a Stock Exch­an­ge point of view … Howe­ver, if we want to suc­ceed, we must make up our mind to fol­low a poli­cy of estab­li­shing new values and new pro­ce­du­res rather than to act main­ly as trad­ers and sel­lers of secu­ri­ties which we find rela­tively easy to dis­po­se of. In others words, we must be awa­re that we are pri­ma­ri­ly ban­kers and only secon­da­ri­ly Stock Exch­an­ge trad­ers (1964)

War­burg revo­lu­tio­nier­te das Ban­king, indem er u.a. mit der bis dahin gän­gi­gen Club-Atmo­sphä­re auf­räum­te und an ihre Stel­le ein gleich­be­rech­tig­tes, part­ner­schaft­li­ches Zusam­men­ar­bei­ten setzte.

Sehr zu sei­ner Über­ra­schung, so Fer­gu­son, tau­chen in War­burgs unzäh­li­gen Memo­ran­den kei­ne Hin­wei­se auf Pro­fi­te, Mar­gen oder gar Bonus­zah­lun­gen auf. Erst wäh­rend der wei­te­ren Recher­che wur­de Fer­gu­son klar war­um, als er auf die von War­burg for­mu­lier­ten Prin­zi­pi­en (Hau­te ban­que prin­ci­ples) eines erst­klas­si­gen Pri­va­te Ban­kiers stieß:

The important ele­ments of a first class pri­va­te ban­king busi­ness (1953)

  1. Moral stan­ding
  2. Repu­ta­ti­on for effi­ci­en­cy and high qua­li­ty brain work
  3. Con­nec­tions
  4. Capi­tal funds
  5. Per­son­nel and organization

Am wich­tigs­ten war für War­burg der ers­te Punkt:

Moral stan­ding 

The basic con­cep­ti­on of our firm has always been foun­ded on the fol­lo­wing prin­ci­ples: suc­cess from the finan­cial and from the pres­ti­ge point of view, important and self-unders­tood as it is, is not enough; what mat­ters even more is con­s­truc­ti­ve achie­ve­ment and adhe­rence to high moral and aes­the­tic stan­dards in the way in which we do our work. (1959)

Wer­den die genann­ten Prin­zi­pi­en ein­ge­hal­ten, stel­le sich der Gewinn qua­si als natür­li­che Neben­fol­ge von selbst ein.

Am Leben und Wir­ken von Sieg­mund War­burg wird auch der Stil­wan­del im Ban­king sicht­bar, der sich in den letz­ten Jahr­zehn­ten voll­zo­gen hat, und für den der Wech­sel vom rela­ti­onship ban­king hin zum tran­sac­tion­al ban­king kenn­zeich­nend ist. Die­ser Stil­wan­del fand sei­nen ers­ten spek­ta­ku­lä­ren Aus­druck beim Unter­gang von Salo­mon Brot­hers. Wei­te­re folg­ten, wie wir wis­sen. Für War­burg, so Fer­gu­son, war das Tran­sac­tion­al Ban­king Vor­läu­fer des Rela­ti­onship Ban­king, wenn­gleich das auf den ers­ten Blick ver­wun­dern mag.

Die Fra­ge ist, wie sich in der Digi­tal­mo­der­ne ein Ban­king, das den Prin­zi­pi­en des Rela­ti­onship Ban­king nahe kommt, betrei­ben lässt. Geht das über­haupt noch? Zeigt nicht das Robo Advi­sing, das die Zei­ten des per­sön­li­chen Kon­takt zum Kun­den selbst im Pri­va­te Ban­king vor­bei sind? Oder aber kann mit­tels Tech­no­lo­gien der alte Zustand wenigs­tens ansatz­wei­se wie­der­her­ge­stellt wer­den? Ohne einen wei­te­ren, tief­grei­fen­den Stil­wan­del wird das nicht gehen.

Wei­te­re Informationen:

High Finan­cier: The Lives and Time of Sieg­mund War­burg by Niall Ferguson

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert