Von Ralf Keuper
Der durch die neuen Technologien im Banking angestoßene Wandel verleitet einige Banken dazu, die Reihen noch fester zu schließen, d.h. der Blick wird auf die Innenperspektive gerichtet. Mobile Banking dient dann in erster Linie dem Zweck, die Kunden über die digitalen Kanäle an die Bank zu binden, wie es zuvor über die Filialen geschah. Man versucht, das eigene geschlossene System in die digitale Welt zu überführen. Das kann nicht funktionieren.
Die Digitalisierung lässt auch im Banking die Grenzen fließender verlaufen. Die Linien der Identität muss jede Bank immer wieder zu ziehen, austarieren. Dabei spielen die verschiedenen Interessengruppen (Stakeholder), wie Kunden und Lieferanten, eine immer wichtigere Rolle – genannt seien Crowdsourcing, Open Innovation und Collaboration. Die besten Ideen kommen sehr oft von außen. Ein System, das die Grenzen zu eng schließt, koppelt sich damit vom Ideenfluss aber auch von der Akzeptanz der Stakeholder ab.
Wie Steven Johnson in seinem Buch Wo die guten Ideen herkommen. Eine kurze Geschichte der Innovation schreibt, ist die Wahrscheinlichkeit für bahnbrechende Innovationen dann besonders hoch, wenn das System, die Organisation Informationen aus völlig anderen Bereichen verfügbar macht. Wer als Unternehmer, Banker oder Berater immer nur mit seinesgleichen kommuniziert, dem gehen auf Dauer nicht nur die Ideen aus.
Einer der Väter der Sozialen Netzwerkanalyse, Marc Granoveter, fand bereits in den 1970er Jahren heraus, das für Innovationen die sog. “schwachen Bindungen” besonders wichtig sind.
In den USA betreibt Sandy Pentland vom MIT intensive Forschungen darüber, wie sich das Kommunikationsverhalten erfolgreicher Unternehmen von den weniger erfolgreichen unterscheidet. Weiterer neuer Ansatz ist, mittels Social Scoring festzustellen, welche Mitarbeiter durch ihre Aktivitäten außerhalb des Unternehmens dazu beitragen, die Sensibilität für äußere Ereignisse zu erhöhen. Vor Jahren machten Haim Mendelson und Johannes Ziegle in Organisationsintelligenz. Innovatives Informationsmanagement für das 21. Jahrhundert auf die Bedeutung externer Informationen für den Unternehmenserfolg in der digitalen Ökonomie aufmerksam. Je schneller Unternehmen in der Lage sind, externe Informationen zu verarbeiten und sinnhaft einzuordnen, um so besser gelingt es ihnen, in einem dynamischen Umfeld zu bestehen und die Strategischen Wendepunkte (Andy Grove) oder Schwachen Signale (Igor Ansoff) zu vorzeitig zu erkennen. (Vgl. dazu: Soziometrie 2.0)
Die Gefahr für die Banken kommt in erster Linie nicht aus der eigenen Branche. Das wäre noch auf die althergebrachte Weise irgendwie zu handhaben. Die eigentliche Bedrohung für das Geschäft kommt von außerhalb, von Mitbewerbern, die man noch nicht auf der Liste hat, oder die sich noch in der Gründungsphase befinden, wie die unzähligen FinTech-Startups.
Insofern passt es ins Bild, wenn der Managing Direktor der indischen Kotak Mahindra Bank ganz aktuell seine Sorgen formuliert:
What keeps me awake at night is the possibility of players such as Google, Facebook, Alibaba and others taking away the business .
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