Von Ralf Keuper

Lan­ge hat es gedau­ert, bis die Ban­ken die Tat­sa­che aner­kannt haben, dass sich ihre eigent­li­chen Mit­be­wer­ber außer­halb der eige­nen Bran­che befin­den. So ergab eine aktu­el­le Stu­die, dass nur noch 15 Pro­zent der Ban­ken ande­re Geld­häu­ser als ihre wich­tigs­ten Kon­kur­ren­ten betrach­ten[1]Stu­die: Ban­ken sehen ihre Haupt­wett­be­wer­ber nicht mehr inner­halb, son­dern außer­halb der eige­nen Bran­che. “82 Pro­zent sehen die größ­te Gefahr für das eige­ne Geschäft durch welt­weit täti­ge Zah­lungs­an­bie­ter wie Pay­pal oder Klar­na, 66 Pro­zent nen­nen inter­na­tio­nal agie­ren­de IT-Kon­zer­ne”.

Seit Jah­ren ver­weist die­ser Blog dar­auf, dass die Ban­ken der alten Bran­chen- und Hand­lungs­lo­gik ver­haf­tet sind[2]Vor­herr­schen­de Bran­chen­lo­gik als größ­tes Hin­der­nis für Inno­va­tio­nen im Ban­king[3]Ver­al­te­te Bran­chen­lo­gik bestimmt nach wie vor die Hand­lungs­lo­gik der Ban­ken[4]War­um die Fin­Tech-Start­ups nicht das eigent­li­che Pro­blem der Ban­ken sind[5]Ban­ken vs. Fin­Tech-Start­ups? War­um die Fra­ge an dem eigent­li­chen Pro­blem kom­plett vor­bei geht. Die eigent­li­che Fra­ge lau­tet: Ver­wen­den wir im Ban­king noch das pas­sen­de Bezugs­sys­tem? Das betrifft nicht nur die Ban­ken, son­dern auch die Fin­tech-Start­ups und die zahl­rei­chen Stra­te­gie- und Manage­ment­be­ra­tun­gen. Zusam­men bewe­gen sie sich in einem “Roten Oze­an”[6]Ban­ken und Fin­tech-Start­ups: Gefan­gen im roten Oze­an #1, den sie mit her­kömm­li­chen Stra­te­gien und Kon­zep­ten über­win­den wol­len. Bei­spiel­haft dafür sind Begrif­fe und Schlag­wor­te wie “Öko­sys­tem”, Ban­king-as‑a Ser­vice und Ban­king as a Plat­form. Die dahin­ter­lie­gen­den Denk­mus­ter sind die glei­chen. “Wir müs­sen digi­ta­ler wer­den, näher an den Kun­den und sei­ne Bedürf­nis­se rücken und nicht mehr in den übli­chen Bran­chen­gren­zen den­ken und agieren”.

Her­vor­ge­holt wer­den die alten Rezep­te von vor 20 Jah­ren[7]Ban­ken­kon­gress CIBI 2002. Kos­ten­sen­kung durch Wert­schöp­fungs­net­ze: “Die kla­re Fokus­sie­rung ist wich­ti­ger denn je. Jedes Insti­tut muss dabei sei­nen Platz im Markt fin­den, ob als Ver­triebs­bank, Pro­dukt­bank oder als Trans­ak­ti­ons­bank im Hin­ter­grund”, so eine Emp­feh­lung der ein­gangs erwähn­ten Stu­die. Die­se Rol­len­mo­del­le ste­hen als Alter­na­ti­ve mit Aus­sicht auf lang­fris­ti­gen Erfolg nicht mehr zur Aus­wahl. Alter Wein in neue Schläu­che oder Neu­er Wein in alte Schläuche. 

Wer so denkt, agiert noch immer in den alten Kate­go­rien und Bran­chen­gren­zen. Ein Pro­blem, das auch in der Wis­sen­schaft weit ver­brei­tet ist. So kam der Sozio­lo­ge Ray­mond Kli­bank­sy mit Blick auf die auf Max Weber nach­fol­gen­de Gene­ra­ti­on von Sozio­lo­gen zu einem ernüch­tern­den Befund:

Ich stell­te fest, dass die nach­fol­gen­de Gene­ra­ti­on in der Sozio­lo­gie ein Mit­tel sah, die Geschich­te im Lich­te bestimm­ter Begrif­fe zu bemeis­tern. Wenn man die Ter­mi­no­lo­gie kann­te, wenn man einen bestimm­ten Begriff benen­nen konn­te, der die Phä­no­me­ne zu erfas­sen schien, glaub­te man schon, sie zu begrei­fen (Quel­le: Erin­ne­rung an ein Jahr­hun­dert. Gesprä­che mit Geor­ges Leroux)