Von Ralf Keuper
Als Apple vor vier Jahren seine mobile Bezahllösung Apple Pay vorstellte, waren einige Bankenvertreter und Branchenbeobachter der Ansicht, dass sich am Bankgeschäft eigentlich wenig ändern würde. An ihrer Infrastruktur konnte auch Apple nicht vorbei. Dass es sich dabei jedoch um ein echtes Machtbeben handelte, konnte man schon daran ablesen, dass Apple den US-amerikanischen Banken Sonderkonditionen abtrotzen konnte. (Vgl. dazu: Machtbeben: Apple handelt mit einigen Banken Sonderkonditionen bei der Zahlungsabwicklung aus).
In den Betriebswirtschaftlichen Blättern, die von den Sparkassen herausgegeben werden, warnte Gert Penzel seinerzeit die Banken davor, den Markteintritt von PayPal und anderen Anbietern im Zahlungsverkehr auf die leichte Schulter zu nehmen:
Die Aussage von Banken und Sparkassen, die Lastschrift-Abwicklung oder die Kreditkarten-Abwicklung bleibe ihnen ja, ist nicht einmal ein schwacher Trost. Mit PayPal verdient derjenige, der sich zwischen Kunde und Bank geschoben hat. Und die vom Kunden entkoppelten Geldinstitute müssen weiterhin zu niedrigsten Preisen die gesamte komplexe Infrastruktur im Hintergrund betreiben. Noch kürzer und härter: Der Kapitän PayPal steht mit seinen Offizieren an Deck, die Banken schaufeln tief unten die Kohlen – und sind zufrieden, weiter mit an Bord zu sein (Vgl. dazu: Zahlungsverkehr: Sparkassen zu sorglos?).
Warum die Internet- und Technologiekonzerne in das Bezahlgeschäft drängen, lässt sich für Key Pousttchi mit dem hohen Wert der Bezahldaten erklären. Wer im Besitz dieser Daten ist, verfügt über die Empfehlungsmacht und kann damit das Kaufverhalten der Nutzer beeinflussen bzw. die Bindung an die eigene Plattform erhöhen (Vgl. dazu: Bezahldaten: Das letzte Puzzlestück für die universelle Empfehlungsmacht).
Indes, die Banken waren in den letzten zwanzig Jahren nicht völlig untätig, worauf Marcus W. Mosen in Was Apple Pay jetzt macht, haben die deutschen Banken 20 Jahre lang versäumt verweist. So versuchte die Deutsche Bank mit ihrer Paybox in das Geschäft für das Online-Bezahlen einzusteigen. Die Versuche der Deutschen Bank, die anderen Institute dazu zu bewegen, sich an dem Vorhaben zu beteiligten, verliefen im Sande. Ein Muster, das sich im Bereich Digitale Identitäten gerade wiederholt. Wenn auch dieses strategisch äußerst wichtige Segment an Apple oder andere Anbieter verloren geht und jeder sein Heil in einem Alleingang oder in eigenen “Allianzen” sucht, bleibt für die Banken nicht mehr allzu viel an Aufgaben in der Digital‑, Netzwerk- oder Plattformökonomie übrig. Das wäre dann schon mehr als ein Machtbeben; es wäre eine Wachablösung.