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Ob Raiff­ei­sen in Öster­reich oder Volks­bank in Deutsch­land – die Genos­sen­schafts­ban­ken bei­der Län­der durch­le­ben eine Pha­se des Wan­dels. Dabei zei­gen sich ver­blüf­fen­de Par­al­le­len: vom Ertrags­druck bis hin zu ris­kan­ten Immo­bi­li­en­ge­schäf­ten. Die aktu­el­len Pro­ble­me sind in bei­den Län­dern auf ver­gleich­ba­re Ursa­chen zurück­zu­füh­ren: Ertrags­druck, Expan­si­ons­drang und in man­chen Fäl­len unzu­rei­chen­des Risikomanagement

Ein Blick auf zwei Ban­ken­sys­te­me, die mehr ver­bin­det als trennt.

Die Land­kar­te des euro­päi­schen Ban­ken­we­sens zeigt in Deutsch­land und Öster­reich ein ähn­li­ches Bild: Bei­de Län­der ver­fü­gen über ein dich­tes Netz regio­nal ver­an­ker­ter Genos­sen­schafts­ban­ken, die das Rück­grat der Finan­zie­rung für Pri­vat­per­so­nen und den Mit­tel­stand bil­den. Doch wäh­rend die geo­gra­fi­sche Nähe offen­sicht­lich ist, erstau­nen die struk­tu­rel­len und stra­te­gi­schen Gemein­sam­kei­ten zwi­schen den Sys­te­men bei­der­seits der Grenze.

In Öster­reich prä­gen vor allem Raiff­ei­sen­ban­ken und Volks­ban­ken das genos­sen­schaft­li­che Ban­ken­we­sen, wäh­rend in Deutsch­land die Volks- und Raiff­ei­sen­ban­ken die­se Rol­le über­neh­men. Bei­de Sys­te­me fol­gen dem­sel­ben orga­ni­sa­to­ri­schen Prin­zip: einem mehr­stu­fi­gen Auf­bau mit regio­na­len Insti­tu­ten an der Basis und Zen­tral­in­sti­tu­ten an der Spit­ze. Die Raiff­ei­sen Zen­tral­bank in Öster­reich und die DZ Bank in Deutsch­land fun­gie­ren dabei als koor­di­nie­ren­de Dreh­schei­ben, die den Geld­aus­gleich orga­ni­sie­ren und stra­te­gi­sche Impul­se setzen.

Die­se struk­tu­rel­le Ähn­lich­keit spie­gelt sich auch in der Geschäfts­phi­lo­so­phie wider. Regio­na­li­tät und Kun­den­nä­he gel­ten in bei­den Län­dern als die DNA der Genos­sen­schafts­ban­ken. Die per­sön­li­che Bera­tung, die enge Ver­bin­dung zur loka­len Wirt­schaft und das Ver­trau­en, das über Gene­ra­tio­nen gewach­sen ist, bil­den das Fun­da­ment des Geschäftsmodells.

Doch die Par­al­le­len beschrän­ken sich nicht nur auf die Erfolgs­ge­schich­te. In den ver­gan­ge­nen Jah­ren sahen sich Genos­sen­schafts­ban­ken in bei­den Län­dern mit ähn­li­chen Her­aus­for­de­run­gen kon­fron­tiert. Die anhal­ten­de Nied­rig­zins­pha­se setz­te die tra­di­tio­nel­len Ertrags­quel­len unter mas­si­ven Druck. Zins­span­nen schmol­zen zusam­men, und die bewähr­ten Geschäfts­mo­del­le gerie­ten ins Wanken.

Die Reak­ti­on dar­auf war dies­seits wie jen­seits der Gren­ze bemer­kens­wert ähn­lich: Vie­le Insti­tu­te such­ten ihr Heil in der Expan­si­on und wag­ten sich in ris­kan­te­re Geschäfts­fel­der vor. Beson­ders die gewerb­li­che Immo­bi­li­en­fi­nan­zie­rung wur­de zu einem bevor­zug­ten Ter­rain für Wachs­tums­stra­te­gien. Was zunächst als logi­sche Diver­si­fi­zie­rung erschien, ent­pupp­te sich jedoch zuneh­mend als Risi­ko­fal­le. Fehl­ein­schät­zun­gen bei Immo­bi­li­en­pro­jek­ten, Kon­zen­tra­ti­ons­ri­si­ken und in man­chen Fäl­len unzu­rei­chen­des Risi­ko­ma­nage­ment führ­ten zu Pro­ble­men, die in ihrer Struk­tur und ihren Ursa­chen frap­pie­rend ähn­lich sind.

Rol­le der Signa im Kon­text der öster­rei­chi­schen Genossenschaftsbanken

Aus­lö­ser für Pro­ble­me im Immobiliensektor 

  • Die Plei­te der Signa Hol­ding, eines der größ­ten euro­päi­schen Immo­bi­li­en- und Han­dels­kon­zer­ne, hat eine Ket­ten­re­ak­ti­on aus­ge­löst: Vie­le Ban­ken, die Signa oder mit ihr ver­bun­de­ne Pro­jek­te finan­ziert hat­ten, sahen sich plötz­lich mit Kre­dit­aus­fäl­len und Wert­be­rich­ti­gun­gen konfrontiert.
  • Beson­ders betrof­fen waren Insti­tu­te, die in den letz­ten Jah­ren ver­stärkt in groß­vo­lu­mi­ge Gewer­be­im­mo­bi­li­en inves­tiert hat­ten – ein Bereich, in den auch zahl­rei­che Genos­sen­schafts­ban­ken vor­ge­sto­ßen sind.

Erhöh­te Risi­ken und Verluste 

  • Die Insol­venz hat die Schwä­chen im Risi­ko­ma­nage­ment vie­ler Ban­ken offen­ge­legt. Vor allem Regio­nal- und Genos­sen­schafts­ban­ken, die außer­halb ihres tra­di­tio­nel­len Geschäfts­ge­biets in Immo­bi­li­en­pro­jek­te inves­tier­ten, waren von den Fol­gen beson­ders betroffen.
  • Die FMA (Finanz­markt­auf­sicht) berich­te­te, dass ein erheb­li­cher Teil der not­lei­den­den Kre­di­te im Immo­bi­li­en­be­reich direkt oder indi­rekt mit Signa-Pro­jek­ten zusammenhängt.

Ver­stärk­te Auf­sicht und Regulierung 

  • Die Pro­ble­me rund um Signa haben dazu geführt, dass die Auf­sicht die Ver­ga­be­pra­xis und das Risi­ko­ma­nage­ment der Ban­ken – ins­be­son­de­re bei Immo­bi­li­en­fi­nan­zie­run­gen – deut­lich ver­schärft hat.
  • Es wur­den zusätz­li­che Kapi­tal­puf­fer und stren­ge­re Prü­fun­gen ein­ge­führt, um die Sta­bi­li­tät des Ban­ken­sek­tors zu sichern und ähn­li­che Risi­ken künf­tig bes­ser zu kontrollieren.

Ver­trau­ens­ver­lust und stra­te­gi­sche Neuausrichtung 

  • Die Signa-Insol­venz hat das Ver­trau­en in die Risi­ko­po­li­tik man­cher Ban­ken erschüt­tert und zu einer kri­ti­schen Über­prü­fung der eige­nen Geschäfts­mo­del­le geführt.
  • Vie­le Genos­sen­schafts­ban­ken zie­hen sich nun wie­der stär­ker auf ihr Kern­ge­schäft und ihre regio­na­le Exper­ti­se zurück, um Risi­ken zu begrenzen.

Die­ser Wan­del ist Teil einer grö­ße­ren Trans­for­ma­ti­on: Aus den tra­di­tio­nel­len Regio­nal­ban­ken sind viel­fach Uni­ver­sal­ban­ken gewor­den, die eine brei­te Palet­te an Finanz­dienst­leis­tun­gen anbie­ten. Der Spa­gat zwi­schen regio­na­ler Ver­wur­ze­lung und über­re­gio­na­ler Expan­si­on, zwi­schen tra­di­tio­nel­ler Vor­sicht und moder­nem Wachs­tums­druck prägt heu­te das Bild bei­der Bankensysteme.

Trotz unter­schied­li­cher gesetz­li­cher Rah­men­be­din­gun­gen und regu­la­to­ri­scher Beson­der­hei­ten zei­gen die aktu­el­len Ent­wick­lun­gen, dass die struk­tu­rel­len Her­aus­for­de­run­gen grenz­über­schrei­tend sind. Die Pro­ble­me mit ris­kan­ten Immo­bi­li­en­fi­nan­zie­run­gen sind sym­pto­ma­tisch für eine Bran­che im Umbruch – eine Bran­che, die ihre bewähr­ten Prin­zi­pi­en mit den Anfor­de­run­gen eines sich wan­deln­den Mark­tes in Ein­klang brin­gen muss.

Die Geschich­te der Genos­sen­schafts­ban­ken in Deutsch­land und Öster­reich ist damit auch eine Geschich­te über die Gren­zen des Wachs­tums und die Besin­nung auf die eige­nen Stär­ken. Sie zeigt, dass erfolg­rei­che Geschäfts­mo­del­le nicht belie­big ska­lier­bar sind und dass die Rück­be­sin­nung auf Regio­na­li­tät und Kun­den­nä­he mög­li­cher­wei­se der Schlüs­sel für eine nach­hal­ti­ge Zukunft ist.

Quel­len und wei­te­re Informationen

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