Robin Busch­mann

Mit der Umset­zung von PSD2 sind die Ban­ken ver­pflich­tet, Drit­ten Zugriff auf die Kun­den­da­ten zu gewäh­ren, sofern die Kun­den dem zuvor zuge­stimmt haben. Das bie­tet sowohl für Fin­tech-Start­ups wie auch für die Inter­net­kon­zer­ne gro­ßes Poten­zi­al. Die Ban­ken könn­ten den Kon­takt zu ihren Kun­den ver­lie­ren. Um das zu ver­hin­dern, gehen Ban­ken u.a. Koope­ra­tio­nen mit Fin­tech-Start­ups, wie Giro­match, ein. Das Fin­tech-Start­up wirbt mit sei­ner API-Platt­form, die es Ban­ken ermög­licht, ohne gro­ße Ände­run­gen an den eige­nen IT-Sys­te­men Anschluss an der Ent­wick­lung zu hal­ten und inno­va­tiv zu blei­ben. Im Gespräch mit Bank­stil erläu­tert der Grün­der und CEO von Giro­match, Robin Busch­mann (Foto), was sich seit dem letz­ten Inter­view getan hat, wie Giro­match die Ban­ken von ihrer API-Platt­form über­zeu­gen will und wie er die Aus­wir­kun­gen von PSD2 und Open Ban­king auf die Ban­ken­bran­che einschätzt. 

Herr Busch­mann, was hat sich seit unse­rem letz­ten Inter­view vor ca. 6 Mona­ten bei Giro­match getan?

Wir fokus­sie­ren uns mitt­ler­wei­le kom­plett auf das B2B-Geschäft. Mit unse­rer API-Platt­form kön­nen wir im Rah­men eines Busi­ness Pro­cess Out­sour­cing zwei Pro­ble­me der­Ban­ken lösen. Mit unse­rer effi­zi­en­ten IT-Archi­tek­tur sind wir in der Lage, die Kos­ten für das Stan­dard­kre­dit­ge­schäft erheb­lich zu sen­ken. Genau dort drückt näm­lich der Schuh vie­ler Finan­zu­in­sti­tu­te. Laut einer McK­in­sey-Stu­die sind 60% der Bank-Pro­fi­te bis 2025 gefähr­det. In der Stu­die wird sogar von einem „Pro­fi­ta­bi­li­täts­mas­sa­ker“ gespro­chen, falls Digi­ta­li­sie­rungs­stra­te­gien nicht zu neu­en Ertrags­fel­dern füh­ren soll­ten. Dies ist ein zwei­ter Vor­teil in der Zusam­men­ar­beit mit uns, denn durch die Anbin­dung digi­ta­ler Ver­triebs­ka­nä­le gene­rie­ren wir zusätz­lich Neu­kun­den­ge­schäft für Ban­ken. Wir den­ken, dass dies nicht unbe­dingt zu den Kern­kom­pe­ten­zen der Ban­ken gehört, wes­halb unse­re Lösung einen ech­ten Mehr­wert für die Ban­ken schafft. Hier wol­len wir uns mit unse­rem Kre­dit-Öko­sys­tem als stra­te­gi­scher Digi­ta­li­sie­rungs­part­ner plat­zie­ren, der die Pro­ble­me der Ban­ken genau kennt und ste­ti­ge Inno­va­tio­nen im Kre­dit­ge­schäft ermöglicht. 

War­um hat das The­ma PSD2 für die Ban­ken­bran­che und Fin­tech-Start­ups wie Giro­match einen hohen Stellenwert?

PSD2 ermög­licht es exter­nen Dienst­leis­tern, auf Kun­den­da­ten zuzu­grei­fen, vor­aus­ge­setzt der Kun­de gestat­tet die­sen Zugriff. Damit geht der Infor­ma­ti­ons­vor­sprung der Ban­ken ver­lo­ren. Im euro­päi­schen Rechts­ver­ständ­nis gehö­ren die­se Daten dem Kun­den und nur die­ser soll­te ent­schei­den, wer damit wann etwas macht. Die gro­ße Auf­ga­be, die sich nun stellt, besteht dar­in, die immer mehr anwach­sen­den und kom­ple­xe­ren Daten­men­gen mög­lichst schnell und effek­tiv zu ver­ar­bei­ten und den größt­mög­li­chen Nut­zen dar­aus zu zie­hen. Auf der Suche nach neu­en Ertrags­fel­dern könn­te genau in die­sen Daten der Grund­stein für neue Geschäfts­mo­del­le der Zukunft lie­gen. Daher wird PSD2 eine wich­ti­ge Wei­che in Rich­tung digi­ta­les Ban­king stellen. 

Ban­ken lau­fen Gefahr, den Kon­takt zu ihren Kun­den an Mit­be­wer­ber, auch bran­chen­frem­de, zu ver­lie­ren – wie kann Giro­match hier helfen?

Das Kre­dit­ge­schäft ver­än­dert sich und bewegt sich dabei auch weg von den Ban­ken hin zum Point of Sales. Ob Kre­dit­kar­ten oder Raten­zah­lung der Händ­ler: Kre­dit­ähn­li­che Pro­duk­te gibt es vie­le und der Kun­de schafft es meist nicht mehr bis zu sei­ner Haus­bank für eine Finan­zie­rung, da ande­re Markt­teil­neh­mer ihn vor­her abgrei­fen. An die­ser Stel­le dockt die Idee des API-Ban­king an: Ban­ken erhal­ten durch die von Giro­match bereit­ge­stell­ten schnitt­stel­len­ba­sier­ten Lösun­gen die Mög­lich­keit Kun­den direkt beim Ent­ste­hen eines Kre­dit­be­darfs Finan­zie­run­gen anzu­bie­ten, die inner­halb von Sekun­den zu Kre­dit­ent­schei­dun­gen füh­ren. Dies spart nicht nur Zeit und Kos­ten, son­dern schafft auch beim End­kun­den einen erheb­li­chen Mehr­wert und eine ange­neh­me Kauf­erfah­rung. Fintechs haben oft den gro­ßen Vor­teil, Inno­va­tio­nen auf der grü­nen Wie­se zu ent­wi­ckeln, ganz frei von bestehen­den Kern­ban­ken­sys­te­men und der typi­schen Lega­cy. Das führt zu erheb­lich schnel­le­ren und kos­ten­güns­ti­ge­ren Inno­va­tio­nen, die aus der Kun­den­per­spek­ti­ve gedacht sind. Genau an die­sem Know-How wol­len wir unse­re Part­ner teil­ha­ben lassen.

Wie kann ich mir das in der Pra­xis vor­stel­len – kön­nen Sie ein Bei­spiel geben?

Ban­ken kön­nen, wenn es dar­um geht, Kre­dit­kun­den digi­tal onzu­boar­den und auto­ma­ti­siert in Sekun­den­schnel­le zu bear­bei­ten, ein­zel­ne Modu­le, Modul­grup­pen oder auch die kom­plet­te Wert­schöp­fungs­ket­te an uns aus­la­gern. Wir über­neh­men dann die­sen Part im Namen der Bank. In der Pra­xis sieht der End­kun­de uns nicht unbe­dingt, weil wir die Mar­ke der Bank in den Vor­der­grund stel­len. Wenn sich der End­kun­de dann zum Bei­spiel im Fach­ge­schäft in sei­ne Traum­kü­che ver­liebt hat und sich über­legt, wie er die­se finan­zie­ren kann, haben wir bereits die fer­ti­ge Lösung für ihn gene­riert. Wir ver­net­zen somit das Kre­dit­pro­dukt der Bank mit dem Ort, wo der Kre­dit benö­tigt wird, über Schnitt­stel­len, 100% digi­tal und auto­ma­ti­siert. Der Kun­de muss im Küchen­cen­ter ledig­lich mit 2 Klicks sei­ne Boni­tät bestä­ti­gen. Dies erfolgt über den Log­in auf sei­nem Gehalts­kon­to. Alle wei­te­ren Infor­ma­tio­nen, die die Bank für den Abschluss eines Kre­dit­ver­tra­ges benö­tigt, zie­hen wir aut­om­na­tis­ert über Schnitt­stel­len. Den Kre­dit­ver­trag kann der Kun­de dann direkt vor Ort oder online zu Hau­se unter­schrei­ben. So wer­den off­line Ver­kaufs­ka­nä­le mit digi­ta­len Pro­duk­ten verbunden. 

Was hat der Kun­de davon?

Der Kun­de bekommt Zugang zu Fian­zie­rungs­mög­lich­kei­ten, die in Echt­zeit zu Kre­dit­ent­schei­dun­gen und zur Auzah­lun­gen füh­ren. Lan­ge Prüf­zei­ten von Kre­dit­an­trä­gen, das Ein­rei­chen und Nach­sen­den von papier­haf­ten Doku­men­ten sowie das War­ten vor Ort im Geschäft oder der Besuch in der Filia­le ent­fal­len. Nutzt die Haus­bank des Kun­den unse­re Lösung, bleibt der Kun­de nach wie vor bei sei­ner Bank. Loya­li­tät gegen­über der Haus­bank ist gera­de in Zei­ten der Digi­ta­li­sie­rung ein sen­si­bles The­ma, da die Wech­sel­be­reit­schaft der Kun­den zunimmt. Der Kun­de erwar­tet von sei­ner Bank, dass die­se ihm zu jeder Zeit eine brei­te Pro­dukt­pa­let­te zu mög­lichst nied­ri­gen Kos­ten, anbie­tet. Ban­ken kön­nen dies leis­ten, wenn sie die rich­ti­gen Fin­tech-Part­ner an ihrer Sei­te haben.

Wie reagie­ren die Ban­ken auf Ihr Ange­bot – gibt es schon ers­te Rückmeldungen?

Sei­tens der Ban­ken besteht gro­ßes Inter­es­se an unse­rer Ban­king-Platt­form und der Fra­ge wie wir es geschafft haben, Kre­di­te zu rei­nen Tech-Kos­ten zu pro­zes­sie­ren. Wir beka­men durch­weg posi­ti­ves Feed­back, nur waren Koope­ra­tio­nen im Kre­dit­be­reich neu. Des­halb zogen sich die ers­ten Gesprä­che sowie Ver­trags­ver­hand­lun­gen in die Län­ge. 2017 haben wir aber die ers­ten gro­ßen Pro­jek­te umge­setzt und haben für 2018 wei­te­re in der Pipe­line. Wir mer­ken, dass die Koope­ra­ti­ons­be­reit­schaft ste­tig zunimmt und Part­ner aktiv auf uns zukom­men. Auch in Öster­reich ist die Nach­fra­ge nach ein­zel­nen Bau­stei­nen unse­res Öko­sys­tems zu spü­ren. Im Zuge des weXele­ra­te Pro­gramms, ein im Herbst die­ses Jah­res gestar­te­te Start­up-Pro­gramm in Wien, haben wir ers­te Pro­jek­te im euro­päi­schen Raum ver­wirk­li­chen können. 

Wor­in unter­schei­det sich das Geschäfts­mo­dell von Giro­match von dem der Datenaggregatoren?

Der Markt für Ban­ken hat sich seit der Jahr­tau­send­wen­de suk­zes­si­ve ver­än­dert. Dräng­ten sich zunächst rei­ne Online-Ban­ken wie z.B. DKB oder noris­bank auf den Markt, die rasch Nischen besetz­ten, waren es 8 Jah­re spä­ter die ers­ten Ver­gleichs­por­ta­le wie check24 oder sma­va, die ein­fach alle ver­füg­ba­ren Ange­bo­te ein­sam­mel­ten und dem Kun­den dann den güns­tigs­ten Anbie­ter in einer bestimm­ten Kate­go­rie nann­ten. Das setz­te die Mar­gen von Ban­ken erheb­lich unter Druck. Der Spiel­raum für Zins­un­ter­schie­de wur­de mini­mal, zusätz­li­che Kos­ten für die Lis­tung in Ver­gleich­spplatt­for­men kamen hin­zu und zu guter Letzt ging der direk­te Zugang zum Kun­den ver­lo­ren. Genau da kom­men wir wie­der ins Spiel – wir sor­gen dafür, dass Ban­ken über digi­ta­le Schnitt­stel­len wie­der direk­ten Zugang zu Kun­den bekom­men. So ver­min­dern wir nicht nur die Kun­den­ak­qui­si­ti­ons­kos­ten, son­dern kön­nen auch dank der Auto­ma­ti­sie­rung Ein­spar­po­ten­tia­le im Back­of­fice frei­setz­ten. Ein Teil unse­res Geschäfts­mo­dells ist sicher­lich die digi­ta­le Ver­dich­tung von Daten, um Ent­schei­dungs­pro­zes­se zu ver­kür­zen. Aber eben nicht nur, es geht vor allem auch dar­um, die Markt­po­si­tio­nie­rung wie­der auf nach­hal­ti­ge Bei­ne zu stel­len, und moder­ne digi­ta­le Akqui­si­ti­ons­ka­nä­le gemein­sam mit den Ban­ken zu erschlie­ßen. In Kom­bi­na­ti­on aus digi­ta­ler Akqui­se und auto­ma­ti­schen Pro­zess ergibt sich ein sehr effi­zi­en­tes Kre­dit-Öko­sys­tem. Dadurch ermög­li­chen wir Ban­ken, außer­halb ihrer eige­nen IT schlan­ke digi­ta­le Pro­duk­te anzu­bie­ten. Die dahin­ter­lie­gen­den Pro­zes­se erhal­ten sie von uns. Es muss natür­lich Bereit­schaft dafür da sein, die Wert­schöp­fungs­ket­te einer Bank eher dezen­tral zu den­ken, wie in der Auto­mo­bil­in­dus­trie, wo jeder das macht, was er am bes­ten kann.

Wie schät­zen Sie die Ent­wick­lung im Ban­king für die nächs­ten fünf Jah­re ein und wel­che Rol­le will Giro­match dabei spielen?

Die Ban­ken ste­hen vor der Her­aus­for­de­rung, ihr Kos­ten­pro­blem zu lösen, die digi­ta­len Ansprü­che der Gesell­schaft zu erfül­len, und die Angrif­fe der Tech-Gigan­ten abzu­weh­ren. Dar­über hin­aus bleibt die Regu­lie­rung auch nicht ste­hen. Daher den­ken wir, dass sie ver­läss­li­che Part­ner brau­chen, die ech­te Mehr­wer­te für ihre Geschäfts­mo­del­le kre­ieren. Hier­bei wol­len wir ger­ne eine gewich­ti­ge Rol­le spie­len. Das Fens­ter für die Neu­aus­rich­tung der Wertschpfungs­ket­ten ist die nächs­ten 5 Jah­re offen. Des­halb wer­den wir vie­le Koope­ra­tio­nen, Aus­la­ge­run­gen, Zusam­men­schlüs­se und Über­nah­men sehen, sowohl bei den Ban­ken unter­ein­an­der als auch zwi­schen Ban­ken und Fintechs. 

Herr Busch­mann, bes­ten Dank für das Gespräch!

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