Von Ralf Keuper

Blin­de Fort­schritts­gläu­big­keit war sel­ten ein guter Rat­ge­ber, um den Trans­for­ma­ti­ons­pro­zess, den die moder­nen Gesell­schaf­ten seit ca. 200 Jah­ren durch­lau­fen, zum Woh­le mög­lichst vie­ler zu gestal­ten. Ohne ein bestimm­tes Maß an Sta­bi­li­tät und Ver­traut­heit ver­liert die Gesell­schaft ihren Zusam­men­halt. Inso­fern ist es nicht zwangs­läu­fig ein Zei­chen von Rück­stän­dig­keit, wenn hin und wie­der Nost­al­gie­wel­len dafür sor­gen, die gute alte Zeit in Erin­ne­rung zu rufen.

Der Satz:

Das Alte tut mir wohl

, wie es an einer Stel­le in dem Roman Der Kut­scher und der Wap­pen­ma­ler von Her­mann Lenz heisst, hat durch­aus sei­ne Berechtigung.

Das gilt gera­de für die Digi­tal­mo­der­ne. Jede Bewe­gung ruft, sofern sie für sich den Allein­an­spruch erhebt, eine Gegen­re­ak­ti­on her­vor, wie wir sie u.a. bei den Vinyl-Schall­plat­ten seit eini­ger Zeit beob­ach­ten kön­nen. Es ent­steht bei vie­len das Gefühl, etwas Unwie­der­bring­li­ches, Kost­ba­res könn­te durch die voll­stän­di­ge Digi­ta­li­sie­rung ver­lo­ren gehen. So auch im Banking.

Die Bank- oder Spar­kas­sen­fi­lia­le war über Jahr­zehn­te fes­ter Bestand­teil des wirt­schaft­li­chen und auch kul­tu­rel­len Lebens in einer Gemein­de oder Stadt. Ein Ort der Begeg­nung. Unver­ges­sen für die Älte­ren die Welt­spar­ta­ge oder die Aktio­nen in der Weih­nachts­zeit und zu Kar­ne­val. Der Kas­sie­rer, der vie­le Kun­den noch per­sön­lich kann­te, der Kun­den­be­ra­ter, der fast die gesam­te beruf­li­che Lauf­bahn in einem Insti­tut oder einer Filia­le ver­brach­te – sie alle gaben den Kun­den ein Gefühl der Ver­traut­heit. Ban­king war noch greif­bar. Inso­fern ist das Ban­king heu­te (noch) abs­trak­ter und unper­sön­li­cher gewor­den. Das Ver­trau­en müs­sen heu­te in ers­ter Linie die technis…