Von Ralf Keuper

Wer über die man­geln­de Inno­va­ti­ons­fä­hig­keit der Ban­ken lamen­tiert, soll­te dabei nicht die Rol­le der Bera­tungs­häu­ser ver­ges­sen. Viel zu sel­ten ver­nimmt man aus den Rei­hen der Bera­ter Stim­men, wel­che die Sache und nicht die eige­nen Fak­tu­rie­rungs­mög­lich­kei­ten in den Vor­der­grund stel­len. Dabei waren es Bera­ter­le­gen­den wie Mar­vin Bower und Bruce Hen­der­son, die auch in Gegen­wart ihrer Kun­den mit ihrer Mei­nung nicht hin­ter dem Berg hiel­ten, selbst wenn das zu einem Zer­würf­nis führ­te.  Wer sich dar­über hin­aus für die Geschich­te der Stra­te­gie­be­ra­tung inter­es­siert, sei auf The Lords of Stra­tegy von Wal­ter Kie­chel hingewiesen.

Seit Hen­der­son, Bower und Por­ter haben wir in der Bera­tung kei­ne wirk­li­chen Inno­va­tio­nen mehr sehen kön­nen. Statt­des­sen haben wir es mit einem Auf­guss der ver­schie­de­nen Metho­den zu tun, was meis­tens auf die von Por­ter auf­ge­wor­fe­ne Fra­ge nach der Dif­fe­ren­zie­rung oder Kos­ten­füh­rer­schaft hin­aus läuft. Wer etwas moder­ner in sei­ner Argu­men­ta­ti­on ist, bringt die Pro­zess­op­ti­mie­rung in die Dis­kus­si­on. Inso­fern herrscht sowohl auf Ban­ken- wie auch auf Bera­tungs­sei­te ein Jah­re wäh­ren­der Still­stand. Es wäre die Auf­ga­be der Bera­ter, ihre Kun­den mit neu­en Sicht­wei­sen zu kon­fron­tie­ren, statt sich hin­ter Bera­ter­sprech und Power Point ‑Foli­en zu verstecken.

Gera­de am Bera­ter­sprech lässt sich erken­nen, wie sehr mitt­ler­wei­le Text­bau­stei­ne und Power Point-Foli­en das eigen­stän­di­ge Den­ken ersetzt haben. Wir haben zuviel vom Gleichen.

Ein Phä­no­men, das mit­nich­ten neu ist. Bereits im Jahr 1916 gelang­te Wal­ter Rathen­au zu der Feststellung:

Schon heu­te, zunächst in Poli­tik und Wirt­schaft, sodann in Tech­nik und Wis­sen­schaft, über­mü­det das Über­an­ge­bot intel­li­gen­ter, ver­sagt der Bestand intui­ti­ver und cha­rak­ter­vol­ler Kräf­te. Der Intel­lekt beginnt selbst­ver­ständ­li­che Vor­aus­set­zung zu wer­den, wirk­sam bleibt nur die Erhö­hung, die ihm durch die edle­re Kom­po­nen­te zuteil wird. Es tre­ten die ange­bo­re­nen Karg­hei­ten der Intel­li­genz zuta­ge; die uner­träg­li­che Ähn­lich­keit alles des­sen, was gedacht und getan wird, im Größ­ten wie im Kleins­ten, ebnet die Bahn für uner­hör­ten Vor­sprung Des­sen, der Pel­ion auf Ossa türmt, der die Kraft des Ver­stan­des durch Intui­ti­on über­höht (in: Wirt­schaft ist Schicksal).

Es geht also dar­um, im Sin­ne Alfred Herr­hau­sens, Denk­mus­ter und Rea­li­tät anein­an­der anzu­glei­chen. Unre­flek­tiert über­nom­me­ne Phra­sen, wie Digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on, Omnich­an­nel und neu­er­dings Fin­tech-Ein­hör­ner oder Block­chain, wer­den es künf­tig nicht mehr wie gewohnt ver­mö­gen, den Ein­druck von Kom­pe­tenz zu erwe­cken, wenn es sich doch nur um die mög­lichst feh­ler­freie Wie­der­ga­be von Vor­ge­kau­tem han­delt. Denk- und Rezi­ta­ti­ons­ma­schi­nen gehö­ren in das Arse­nal der Künst­li­chen Intel­li­genz und der Robotik.

Kein Wun­der daher, dass die Grün­der­sze­ne in Deutsch­land der­zeit dar­un­ter lei­det, dass sie von Absol­ven­ten von Pri­vat­unis domi­niert wird, die noch vor Jah­ren bei McK­in­sey ange­heu­ert hät­ten.

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