Von Ralf Keuper

Dass sich Bezahl­ver­fah­ren beson­ders gut für die Kun­den­bin­dung ver­wen­den las­sen, fin­det in den Ban­ken und Spar­kas­sen lang­sam Gehör. Ange­sichts der Akti­vi­tä­ten der gro­ßen Inter­net- und Tech­no­lo­gie­kon­zer­ne (Big­Tech) auf dem Gebiet, genannt sei­en Goog­le Pay und Apple Pay, ist die Gefahr, dass die Kun­den den Bezug zu ihrer Bank und womög­lich zu ihrer Regi­on ver­lie­ren, groß. Noch besteht aller­dings die Chan­ce, dass sich die Kun­den und der Han­del mit Lösun­gen, die weder eine gro­ße Umge­wöh­nung noch hohe Inves­ti­tio­nen in Hard­ware und Soft­ware erfor­dern, hal­ten las­sen. Moder­ne Bezahl­me­di­en, die den Kun­den auto­ma­tisch für sei­nen Kauf beloh­nen und den Händ­lern die Mög­lich­keit an die Hand geben, das Ein­kaufs­ver­hal­ten ihrer Kun­den beein­flus­sen zu kön­nen, sind ein geeig­ne­tes Mit­tel für die Ban­ken und den Han­del, um auch künf­tig noch an der Benut­zer­schnitt­stel­le wahr­ge­nom­men zu werden. 

Kar­ten­dschun­gel statt Kun­den­nut­zen

Wer die ver­schie­de­nen Ange­bo­te in Form von Rabatt­gut­schei­nen, Bonus-Apps und Pay­back wahr­neh­men will, ver­liert schnell die Über­sicht. Das Hand­ling ist irgend­wann unprak­tisch. Wohl kaum ein Kun­de wird auf Dau­er zehn ver­schie­de­ne Bonus­pro­gram­me auf sei­nen mobi­len End­ge­rä­ten ver­wal­ten wol­len. Auch hier gilt, dass die­je­ni­ge Lösung, die alles aus einer Hand anbie­ten kann, den größ­ten Kun­den­nut­zen stif­tet. Die Bank oder Spar­kas­se agiert in die­sem Fall als Ver­mitt­ler zwi­schen Kun­den und Han­del, wobei nur soviel Daten wie unbe­dingt nötig offen gelegt wer­den und die Anony­mi­tät der Kun­den gewähr­leis­tet ist. 

Um so einen Fall han­delt es sich bei pay­cen­ti­ve (pay­ment + incen­ti­ve). Mit der digi­ta­len Kun­den­bin­dungs­lö­sung kann die Bank- oder Kre­dit­kar­te gleich­zei­tig als Bonus­kar­te ver­wen­det wer­den. Damit sind sepa­ra­te Kun­den- oder Bonus­kar­ten überflüssig.

Die Bank­kar­te als Bonuskarte 

Die (Vor-)Geschichte von pay­cen­ti­ve ist ein gutes Bei­spiel für den Wan­del, der sich in den letz­ten zwan­zig Jah­ren im Zah­lungs­ver­kehr voll­zo­gen hat und bei bis­lang bran­chen­frem­den Mit­be­wer­bern gro­ße Begehr­lich­kei­ten weckt. Bereits im Jahr 1997 star­te­te Fir­men­grün­der und CEO Oli­ver Düm­pe (Foto) eines der ers­ten sozia­len Netz­wer­ke für Stu­den­ten in Deutsch­land, aus dem im Jahr 2001 die card4students her­vor­ging. Die card4students wur­de zusam­men von der 4students AG und Bar­clay­card her­aus­ge­ge­ben. Neben ihrer Funk­ti­on als nor­ma­le VISA-Kre­dit­kar­te war sie als Bonus­kar­te bei über 10.000 Part­nern vor Ort ein­setz­bar. Das Kre­dit­kar­ten­an­ge­bot war für die Stu­den­ten kos­ten­los. Aus card4students wur­de im Jahr 2008 card4you in Koope­ra­ti­on mit der Deut­schen Kre­dit­bank (DKB). Die Kar­ten­in­ha­ber erhiel­ten damit Preis­nach­läs­se oder ande­re Ver­güns­ti­gun­gen. Was noch fehl­te war die Ein­bin­dung in den Bezahl­pro­zess. Im Jahr 2014 wur­de mit pay­cen­ti­ve die Ver­bin­dung der Beloh­nungs- mit der Bezahl­funk­ti­on realisiert. 

Oli­ver Düm­pe, Grün­der und CEO von paycentive

Momen­tan sind mehr als 4.000 Unter­neh­men (Händ­ler, Dienst­leis­ter, Gas­tro­no­men und Out­lets) an die pay­cen­ti­ve-Platt­form ange­schlos­sen; 38 Spar­kas­sen haben die pay­cen­ti­ve-Bezahl­funk­ti­on für ihre Kun­den frei­ge­ge­ben, 5,5 Mil­lio­nen Kun­den kön­nen den Ser­vice nut­zen. Die Kun­den erhal­ten am Monats­en­de auto­ma­tisch Gut­schrif­ten (Treue­bo­nus) auf ihr Kon­to, wenn sie bei den teil­neh­men­den Han­dels­part­nern ein­kau­fen und mit ihrer Spar­kas­sen-Card bezah­len. Die Kun­den wer­den für den Ein­satz der Spar­kas­sen-Card belohnt. Der Han­del pro­fi­tiert, indem er neue Kun­den gewinnt, sei­ne Bestands­kun­den akti­viert und an sich bin­det. Vor allem klei­ne und mitt­le­re Händ­ler, für die ein eige­nes Loyal­ty-Pro­gramm zu kost­spie­lig wäre, bekom­men damit ein wich­ti­ges Mar­ke­ting-Instru­ment an die Hand. Kun­den­treue kann gezielt belohnt wer­den, ohne dass die Kun­den ihre per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten preis geben müssen. 

Der Imple­men­tie­rungs­auf­wand auf Sei­ten der teil­neh­men­den Han­dels­part­ner und Banken/​Sparkassen ist über­schau­bar. Pay­cen­ti­ve ist mit allen gän­gi­gen Bezahl­ver­fah­ren kom­bi­nier­bar. Die Kos­ten­struk­tur von pay­cen­ti­ve aus Sicht des Han­dels gleicht mehr der von iZett­le als der von ingenico. 

Kun­den­bin­dung, Daten­ho­heit und Daten­spar­sam­keit gehen Hand in Hand 

Die Daten, die wäh­rend der Trans­ak­ti­on anfal­len, blei­ben unter der Hoheit der jewei­li­gen Spar­kas­se. Es wer­den kei­ne per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten nach außen gegeben. 

Die Vor­tei­le für die Betei­lig­ten auf einen Blick

Bezah­len und Beloh­nen als Medi­en­prak­tik

Die Ban­ken dro­hen im Zah­lungs­ver­kehr den Anschluss zu ver­lie­ren. Die Kun­den­schnitt­stel­le wird dann von den gro­ßen Tech­no­lo­gie- und Inter­net­kon­zer­nen wie Apple, Goog­le oder Face­book domi­niert. Die Bestre­bun­gen von Big­Tech, wie sie aktu­ell durch das geplan­te inter­na­tio­na­le Zah­lungs­sys­tem auf Initia­ti­ve von Face­book deut­lich zu Tage tre­ten, zie­len bewusst auf den Zah­lungs­ver­kehr, genau­er auf die Bezahl­me­di­en. Anders als die Ban­ken und Spar­kas­se in ihrer Mehr­zahl, betrach­ten Goog­le & Co. den Zah­lungs­ver­kehr aus der Medi­en­per­spek­ti­ve. Erst dann wer­den die ver­schie­de­nen Kom­bi­na­ti­ons­mög­lich­kei­ten mit ande­ren Ser­vices, die der Kun­de als Mehr­wert inter­pre­tiert, offen­sicht­lich. Bezah­len und Beloh­nen als Medi­en­prak­tik. Bes­tes Bei­spiel dafür ist die Kom­bi­na­ti­on von Apple Pay, Apple Card und Sign In with Apple. Die Ban­ken und Spar­kas­sen ste­hen vor der Her­aus­for­de­run­gen die­se Medi­en­kom­bi­na­tio­nen nach­zu­bau­en. Der Vor­teil der Regio­nal­ban­ken mit ihrer Kun­den­nä­he und Ver­net­zung vor Ort, wird sich nur dann in die Digi­tal­mo­der­ne über­füh­ren las­sen, wenn die Kun­den und die ört­li­che Wirt­schaft den Ein­druck gewin­nen, dass räum­li­che und per­sön­li­che Nähe nicht nur – aber auch – geld­wer­te Vor­tei­le sind. Hier­für sind ent­spre­chen­de Lösun­gen, die – bei mini­ma­lem Auf­wand für die Betei­lig­ten – für die Ver­net­zung und Abwick­lung im Hin­ter­grund sor­gen, unab­ding­bar. Gro­ßes Poten­zi­al bie­ten die Smart City (Mit­tel­städ­te) und Digi­ta­le Dör­fer. Ein wei­te­res Dif­fe­ren­zie­rungs­merk­mal ist, dass die per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten der Kun­den die Bank oder Spar­kas­se nicht ver­las­sen, die Kun­den also nicht aus­ge­späht und zum Pro­dukt werden.