Von Ralf Keuper
Die Meldung, dass Diebold mit dem Gedanken spielt, Wincor Nixdorf zu übernehmen, ist nicht wirklich überraschend. Dass Wincor Nixdorf ganz aus eigener Kraft wohl kaum noch eine Chance hat, wurde in den vergangenen Wochen und Monaten immer deutlicher. Bereits im Februar bin ich in dem Beitrag Das Innovator’s Dilemma der “Kistenschieber” auf die strukturellen Probleme der Branche eingegangen. Unter den drei großen Herstellern von GAAs und elektronischen Kassensystemen, sind NCR und Diebold nach Ansicht der meisten Branchenbeobachter, jedenfalls so weit ich das beurteilen kann, besser aufgestellt als Wincor Nixdorf.
Wie bei Marktkonsolidierungen üblich, trifft es das schwächste Glied zuerst – und das ist nach Stand der Dinge wohl Wincor Nixdorf. Der Wandel fordert sein erstes Opfer. Der Markt ist von Überkapazitäten geprägt, die über kurz oder lang abgebaut werden müssen – so oder so.
Die Entwicklung bei den Herstellern von GAAs und elektronischen Kassensystemen hat große Ähnlichkeit mit der, welche die Druckmaschinenhersteller seit einigen Jahren durchlaufen. Auch hier haben die Großen Drei, Heidelberger Druck, MAN Roland und Koenig & Bauer, lange Zeit den Markt beherrscht und Renditen erzielt, vor allem Heidelberger Druck, von denen andere Maschinenbauer nur träumen konnten. Das hat sich grundlegend gewandelt. Der Bedarf an Printerzeugnissen hat sich, nicht nur wegen der viel zitierten “Zeitungskrise”, drastisch reduziert. Die Digitalisierung in Kombination mit dem Medienwandel hat hier besonders hart zugeschlagen. Die goldenen Zeiten sind hier vorbei.
Die rückläufige Zahl der Filialen, der Rückzug des Bargelds aus dem Wirtschaftskreislauf, der Siegeszug der Mobilen und Online-Bezahlverfahren setzen den Herstellern von GAAs und Kassensystemen stark zu. Und wenn dann noch ALDI Nord, ein Schwergewicht im deutschen Einzelhandel und bisher für seine – im Gegensatz zu ALDI Süd – Innovationen gegenüber recht zurückhaltende Art bekannt, das mobile, kontaktlose Bezahlen in seinen Läden ermöglicht, dann dürfte klar sein, wohin die Reise geht …
Update 12.06.2015:
Der Chef von Wincor-Nixdorf, Eckard Heidloff, lässt verlauten, über kein Übernahmeangebot informiert zu sein, auch glaube er nicht, dass das der richtige Weg sei. Man sei auf der Suche nach Partnerschaften.
Das ändert jedoch nichts an dem Befund, dass der Markt vor einer Konsolidierung steht. Das Problem ist struktureller Natur. Da helfen Partnerschaften (mit wem überhaupt?) oder der Zukauf “digitaler Expertise” nicht mehr allzu viel. Dass eine verstärkte Präsenz in Asien Abhilfe schaffen kann, darf ebenfalls bezweifelt werden, da hier die Verbreitung von Mobile Payments insgesamt schon deutlich höher ist als hierzulande.
Wie sagt doch Warren Buffett:
Der Erfolg als Manager (gemessen an wirtschaftlichen Ergebnissen) hängt weit mehr davon ab, im Boot welcher Branche man sitzt, als davon, wie gut man rudert (obwohl Intelligenz und Einsatz natürlich in guten wie schlechten Branchen beträchtlich helfen). Sollten Sie sich in einem Bott wiederfinden, das chronisch leckt, dann verwenden Sie ihre Energie wahrscheinlich produktiver, wenn sie das Boot wechseln, statt Lecks abzudichten. (Quelle: Die Essays von Warren Buffett. Das Buch für Investoren).
Update 13.06.2015:
Heidloff legt im Interview mit dem Handelsblatt noch mal nach und betont, dass WN eigenständig bleiben wolle. Auch eine Konsolidierung vermag er nicht zu erkennen.
Das weckt wohl nicht nur bei mir langsam Erinnerungen an die finale Phase der Nixdorf Computer AG …
Update 19.06.2015:
In seiner neuesten Ausgabe widmet sich das manager magazin in Missmanagement. Warum der Geldautomatenhersteller Wincor Nixdorf verkauft werden soll dem ins Straucheln geratenen Unternehmen. Die Autorin sieht im rechtzeitigen Verkauf die einzige noch verbliebene Möglichkeit, um dem Schicksal der Nixdorf Computer AG doch noch entgehen zu können.