Der Her­stel­ler von auto­ma­ti­schen Kas­sen­sys­te­men und Geld­au­to­ma­ten Die­bold Nix­dorf befin­det sich bereits seit Jah­ren im Sink­flug[1]Die­bold Nix­dorf im Sink­flug[2]Die­bold Nix­dorf: Das letz­te Kapi­tel wird ein­ge­läu­tet. Aller­dings hat das Tem­po zuletzt deut­lich zuge­nom­men. So hat das Unter­neh­men im ver­gan­ge­nen Jahr einen Ver­lust von 581 Mio. Dol­lar ein­ge­fah­ren. Der Umsatz sank um 11 Pro­zent von 3,90 auf 3.46 Mil­li­ar­den Dol­lar[3]Die­bold Nix­dorf steckt tief in roten Zah­len.

Damals, im Jahr 2018, hieß es auf die­sem Blog:

Wenn über­haupt, dann ist im Bereich Soft­ware und Ter­mi­nals noch für einen gewis­sen Zeit­raum Geld zu ver­die­nen. Und auch die­ses Zeit­fens­ter beginnt sich mit der Ver­brei­tung von kon­takt­lo­sem Bezah­len und neu­en Fili­al­kon­zep­ten im Ein­zel­han­del wie Ama­zon Go zu schlie­ßen. Als Zulie­fe­rer, sowohl von Hard­ware wie auch von Soft­ware, wer­den NCR, Die­bold und Nix­dorf für die Ban­ken und den Han­del in nur noch gerin­gem Umfang benö­tigt. Bei den Geld­au­to­ma­ten wird es auch im Bar­geld­land Deutsch­land künf­tig um Ersatz- und nicht um Erwei­te­rungs­in­ves­ti­tio­nen gehen. Bald dar­auf kommt der Rück­bau. Geld­au­to­ma­ten, davon gehe ich aus, wird es auch in 10 Jah­ren in Deutsch­land geben – ihre Zahl wird jedoch deut­lich abneh­men. Die Auf­ga­ben, die heu­te noch von NCR & Co. aus­ge­führt wer­den, kön­nen dem­nächst ande­re Anbie­ter und Gerä­te über­neh­men. Inso­fern han­delt sich um kei­ne Markt­kon­so­li­die­rung– den Markt gibt es näm­lich bald in die­ser Form nicht mehr.

Der Bedarf an Geld­au­to­ma­ten ist (nicht nur) in Deutsch­land in den letz­ten Jah­ren deut­lich zurück­ge­gan­gen – nicht zuletzt auch auf­grund der zahl­rei­chen Auto­ma­ten­spren­gun­gen[4]Der Zusam­men­hang besteht des­halb, da vie­le Ban­ken die gespreng­ten Auto­ma­ten nicht mehr erset­zen.

Anläss­lich des Ver­kaufs von Die­bold Nix­dorf Tech­no­lo­gy und Die­bold Nix­dorf Retail Ser­vices an Remon­dis ließ der Seni­or Vice Pre­si­dent Glo­bal Retail, Her­mann Wim­mer, wis­sen: Mit die­sem Ver­kauf setzt Die­bold Nix­dorf Retail sei­ne Markt­stra­te­gie kon­se­quent um und fokus­siert sich auf die Software‑, Ser­vice- und Tech­no­lo­gie­part­ner­schaft für den Ein­zel­han­del im Check­out-Bereich”[5]REMONDIS Recy­cling über­nimmt Die­bold Nix­dorf Tech­no­lo­gy und Die­bold Nix­dorf Retail Ser­vices.

Damit lässt sich der Rück­gang im Geschäft im Geld­au­to­ma­ten allem Anschein nach nicht auffangen.

Die Anschaf­fungs­kos­ten für einen Geld­au­to­ma­ten hän­gen von ver­schie­de­nen Fak­to­ren ab, wie dem Modell, den Funk­tio­nen und der Grö­ße des Geräts. Ein­fa­che­re Model­le ohne vie­le zusätz­li­che Funk­tio­nen kön­nen bereits für ein paar tau­send Euro erwor­ben wer­den, wäh­rend fort­ge­schrit­te­ne Model­le mit mehr Funk­tio­na­li­tät und grö­ße­ren Bild­schir­men einen höhe­ren Preis haben kön­nen. Es ist auch wich­tig zu berück­sich­ti­gen, dass es zusätz­li­che Kos­ten wie Instal­la­ti­on, War­tung und Ver­si­che­rung gibt, die zu den Anschaf­fungs­kos­ten hin­zu­ge­rech­net wer­den müs­sen”[6]ChatGPT

Die Kos­ten für einen Geld­au­to­ma­ten, wie er übli­cher­wei­se von den Ban­ken ein­ge­setzt wird, belau­fen sich im Schnitt auf 20.000 Euro[7]So wol­len uns die Ban­ken am Geld­au­to­ma­ten umer­zie­hen. Hin­zu kom­men noch, wie bereits erwähnt, die Kos­ten für die Instal­la­ti­on und War­tung. Die müs­sen erst ein­mal mit Soft­ware- und Tech­no­lo­gie­part­ner­schaf­ten ver­dient wer­den, zumal die Kon­kur­renz hier groß ist und immer mehr Funk­tio­na­li­tät auf das Smart­phone ver­la­gert wird.

Update:

Akti­en­kurs von Geld­au­to­ma­ten-Her­stel­ler im frei­en Fall, dar­aus: “Der Her­stel­ler unter ande­rem von Geld­au­to­ma­ten hat Kre­dit­ge­bern mit­ge­teilt, dass er “kurz­fris­tig unter Liqui­di­täts­druck” ste­he[8]Mit ande­ren Wor­ten: Man stand zu dem Zeit­punkt kurz vor der Insol­venz. Aktu­ell kos­tet das Papier noch 1,23 Dol­lar. Lager­be­stän­de wür­den lang­sa­mer als gedacht in Umsät­ze umge­wan­delt, Umsät­ze und Gewinn im vier­ten Quar­tal lägen unter den Erwar­tun­gen, so Die­bold Nix­dorf wei­ter. Man wol­le nun mit den Kre­dit­ge­bern über die Fort­füh­rung der Geschäfts­tä­tig­keit spre­chen”.

EQS-Adhoc: Die­bold Nix­dorf, Incor­po­ra­ted con­firms clo­sing on $55 mil­li­on of addi­tio­nal liqui­di­ty – wie lan­ge rei­chen 55 Mio. US-Dol­lar zusätz­li­che Liqui­di­tät bei einem Unter­neh­men, das im ver­gan­ge­nen Jahr fast 600 Mio. US-Dol­lar Ver­lust gemacht hat und mitt­ler­wei­le gezwun­gen ist, mit den Kre­dit­ge­bern über die “Fort­füh­rung der Geschäfts­tä­tig­keit” zu spre­chen? Das erin­nert an die letz­ten Tage von Sil­ver­ga­te Capi­tal und der Cre­dit Suisse.

Das kom­pe­tenz- und sinn­be­frei­te Gestam­mel sog. “Akti­en-Ana­lys­ten”, wonach Die­bold Nix­dorf noch immer eine inter­es­san­te Aktie ist, zeigt ein­mal mehr, wie über­flüs­sig die­ser “Berufs­stand” ist. Da ist der Gang zu einer Wahr­sa­ge­rin des Ver­trau­ens zumin­dest unter­halt­sa­mer – und oben­drein noch kostengünstiger 😉

Wie u.a. in der NW zu erfah­ren ist, bit­tet das Manage­ment um Kon­zern­chef Octa­vio Mar­quez um Geduld. Schließ­lich gebe es einen Auf­trags­be­stand von fast 1,5 Mrd. Dollar.

Jetzt noch mal zum Mit­mei­ßeln: Für ein Unter­neh­men, das im ver­gan­ge­nen Jahr einen Umsatz von 3,4 Mrd. US-Dol­lar erzielt  (was schon ein deut­li­cher Rück­gang gegen­über dem Vor­jahr war) und dabei einen Ver­lust von fast 600 Mio. US-Dol­lar geschrie­ben hat, des­sen Lager­be­stän­de zuletzt in deut­lich gerin­ge­rer Geschwin­dig­keit in Umsatz umge­wan­delt wer­den konn­ten als geplant, reicht ein Auf­trags­be­stand von 1,5 Mrd. US-Dol­lar schlicht nicht zum Über­le­ben. Auf­trä­ge kön­nen außer­dem stor­niert werden.

Oder anders for­mu­liert: Es gibt mitt­ler­wei­le gute Grün­de, die dafür spre­chen, dass es sich bei Die­bold Nix­dorf um ein sog. Zom­bie-Unter­neh­men han­delt. Der­ar­ti­ge Unter­neh­men sind in ihrer aktu­el­len Ver­fas­sung nicht über­le­bens­fä­hig. Wei­ter­hin: “Als Zom­bie-Unter­neh­men wer­den Fir­men bezeich­net, deren Erträ­ge über einen län­ge­ren Zeit­raum gerin­ger sind als ihre lau­fen­den Zins­kos­ten”[9]Zom­bie-Unter­neh­men in der Coro­na-Pan­de­mie oder Phä­no­men der ver­deckt über­schul­de­ten Unter­neh­men in Deutsch­land. Bereits im Jahr 2018 stell­te sich Die­bold Nix­dorf zum Ver­kauf[10]Wie die Digi­ta­li­sie­rung die Tra­di­ti­ons­fir­ma Nix­dorf frisst – allein, es woll­te kei­ner anbei­ßen. Zu dem Zeit­punkt schlepp­te DN einen Schul­den­stand von 1,6 Mrd. Dol­lar mit sich. Der aktu­el­le Ver­schul­dungs­grad liegt bei sage und schrei­be ‑325 Pro­zent; die Eigen­ka­pi­tal­quo­te beträgt ‑44.1 Pro­zent[11]Die­bold Nix­dorf Kenn­zah­len.

Mehr gibt es dazu nicht mehr zu sagen.

Update 1.06.23 

Wie nicht anders zu erwar­ten, hat Die­bold Nix­dorf Insol­venz ange­mel­det. Die­se soll gemäß dem Chap­ter 11-Ver­fah­ren der USA in Eigen­re­gie erfol­gen. Hoch ver­schul­de­ter US-Kon­zern mit Stand­ort in Pader­born will Bilanz sanie­ren – Aktio­nä­ren droht Total­ver­lust. “Betriebs­rä­te in Pader­born sehen den Schritt als Befrei­ungs­schlag” – in gewis­ser Hin­sicht stimmt das sogar. Der Betrie­brats­vor­sit­zen­de von DN in Pader­born wird mit den Wor­ten zitiert: „Wir sind für die Zukunft sehr zuver­sicht­lich und aus Arbeit­neh­mer­sicht hoch­zu­frie­den mit der Lösung.“

Wer sol­che Betriebs­rats­vor­sit­zen­de hat, …

“Ein Groß­teil der Ver­bind­lich­kei­ten soll im Zuge des gericht­lich über­wach­ten Ver­fah­rens ent­fal­len – unter ande­rem, indem die Groß­gläu­bi­ger ihre For­de­run­gen gegen neue Akti­en des Kon­zerns tau­schen. Zuvor sol­len die bis­he­ri­gen Akti­en ein­ge­zo­gen und für wert­los erklärt werden”.

“Die­bold Nix­dorf sag­te, dass das Unter­neh­men die neu­en Kre­di­te drin­gend benö­tigt. Das Unter­neh­men ver­fügt nur über 140 Mio. USD an Bar­mit­teln und muss in den nächs­ten sechs Wochen 668 Mio. USD an Kre­dit­ge­ber und Händ­ler zah­len, wie aus den Gerichts­un­ter­la­gen hervorgeht.

Seit der Über­nah­me der deut­schen Win­cor Nix­dorf AG für 1,8 Mrd. US-Dol­lar im Jahr 2016 hat Die­bold mit Schul­den zu kämp­fen. Nach­dem das neu fusio­nier­te Unter­neh­men im Rah­men die­ser Trans­ak­ti­on erheb­li­che Schul­den auf­ge­nom­men hat­te, muss­te es in sei­nem Kern­ge­schäft, dem Ver­kauf von Geld­au­to­ma­ten an Ban­ken und Kas­sen­au­to­ma­ten an Ein­zel­han­dels­kun­den, sta­gnie­ren­de oder rück­läu­fi­ge Umsät­ze verzeichnen.

Bevor Die­bold Insol­venz anmel­de­te, unter­nahm das Unter­neh­men Anstren­gun­gen zur Kos­ten­sen­kung, wie etwa die Redu­zie­rung sei­nes Immo­bi­li­en­be­stands, die Straf­fung sei­ner Geld­au­to­ma­ten-Pro­dukt­pa­let­te und die Neu­ver­hand­lung sei­ner Schul­den im März 2022”[12]ATM maker Die­bold Nix­dorf files for bank­rupt­cy to cut US$2.1‑billion in debt.

Update 12.08.23

“Der Geld­au­to­ma­ten­her­stel­ler Die­bold Nix­dorf kehrt nach über­stan­de­ner Insol­venz am kom­men­den Mon­tag an die Bör­se zurück. Die finan­zi­el­le Sanie­rung sei abge­schlos­sen, die neu­en Akti­en könn­ten vor­aus­sicht­lich am 14. August an der New Yor­ker Bör­se gehan­delt wer­den, teil­te das Unter­neh­men am Mitt­woch mit.

Die Akti­en gehö­ren aller­dings den Gläu­bi­gern, die im Gegen­zug auf einen Groß­teil ihrer Kre­di­te ver­zich­tet hat­ten. Die bis­he­ri­gen Aktio­nä­re ver­lie­ren alles. In Frank­furt wird die neue Die­bold-Nix­dorf-Aktie nicht mehr gehan­delt. Am Mitt­woch kos­te­te sie dort noch fünf Cent[13]Geld­au­to­ma­ten-Her­stel­ler Die­bold Nix­dorf nach Insol­venz vor Neu­start[14]Die Neue West­fä­li­sche sieht gar Grund zum Opti­mis­mus. Neue Chan­ce für Die­bold Nix­dorf und den Stand­ort Pader­born Das WB spricht davon, dass DN die Mil­li­ar­den-Schul­den “abge­schüt­telt” habe. Fast … Con­ti­nue rea­ding.

Die Geschich­te ent­hält eini­ge Par­al­le­len zum Unter­gang der AEG. Die­se war spä­tes­tens Mit­te der 1970er am Ende. Den­noch gelang es dem Vor­stand, die Ban­ken immer wie­der für wei­te­re Finan­zie­rungs­run­den zu gewin­nen. Selbst die Über­nah­me durch die extrem finanz­star­ke dama­li­ge Daim­ler Benz AG Anfang der 1990er Jah­re konn­te das Schick­sal nicht mehr abwen­den. Ein gro­ßer Ver­lust­brin­ger war die Olym­pia AG, die über Jahr­zehn­te füh­rend in der Büro­kom­mu­ni­ka­ti­on war. Dort stell­te man noch elek­tri­sche Schreib­ma­schi­nen her, als alle Welt auf PCs umstell­te[15]“Der sich abzeich­nen­de Unter­gang der klas­si­schen Büro­tech­nik ange­sichts der Ver­brei­tung der Klein­com­pu­ter zeig­te auch das Ende der Olym­pia Wer­ke AG auf. Der Mut­ter­kon­zern AEG, inzwi­schen von Daim­ler … Con­ti­nue rea­ding.

Refe­ren­ces

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1 Die­bold Nix­dorf im Sinkflug
2 Die­bold Nix­dorf: Das letz­te Kapi­tel wird eingeläutet
3 Die­bold Nix­dorf steckt tief in roten Zahlen
4 Der Zusam­men­hang besteht des­halb, da vie­le Ban­ken die gespreng­ten Auto­ma­ten nicht mehr ersetzen
5 REMONDIS Recy­cling über­nimmt Die­bold Nix­dorf Tech­no­lo­gy und Die­bold Nix­dorf Retail Services
6 ChatGPT
7 So wol­len uns die Ban­ken am Geld­au­to­ma­ten umerziehen
8 Mit ande­ren Wor­ten: Man stand zu dem Zeit­punkt kurz vor der Insolvenz
9 Zom­bie-Unter­neh­men in der Coro­na-Pan­de­mie oder Phä­no­men der ver­deckt über­schul­de­ten Unter­neh­men in Deutschland
10 Wie die Digi­ta­li­sie­rung die Tra­di­ti­ons­fir­ma Nix­dorf frisst
11 Die­bold Nix­dorf Kennzahlen
12 ATM maker Die­bold Nix­dorf files for bank­rupt­cy to cut US$2.1‑billion in debt
13 Geld­au­to­ma­ten-Her­stel­ler Die­bold Nix­dorf nach Insol­venz vor Neustart
14 Die Neue West­fä­li­sche sieht gar Grund zum Opti­mis­mus. Neue Chan­ce für Die­bold Nix­dorf und den Stand­ort Pader­born Das WB spricht davon, dass DN die Mil­li­ar­den-Schul­den “abge­schüt­telt” habe. Fast iden­tisch ist der Arti­kel im Bea­con Jour­nal Die­bold Nix­dorf says Hud­son com­pa­ny to emer­ge from bank­rupt­cy, be relis­ted on NYSE. Scheint so, als wür­den die Pres­se­mit­tei­lun­gen ein­fach, sowohl in Ost­west­fa­len als auch in Ohio, nur abge­druckt. Die Erfah­rung der letz­ten Jah­re lehrt indes, dass nach mehr oder weni­ger guten Nach­rich­ten die “uner­war­tet” schlech­ten bald auf dem Fuße folgen
15 “Der sich abzeich­nen­de Unter­gang der klas­si­schen Büro­tech­nik ange­sichts der Ver­brei­tung der Klein­com­pu­ter zeig­te auch das Ende der Olym­pia Wer­ke AG auf. Der Mut­ter­kon­zern AEG, inzwi­schen von Daim­ler auf­ge­kauft, konn­te kei­ne ent­schei­den­den inno­va­ti­ven Schü­be geben. Ab Mit­te der 1980er Jah­re häuf­ten sich die schlech­ten wirt­schaft­li­chen Nach­rich­ten über die AEG Olym­pia AG. Nach jah­re­lan­gen Ver­lus­ten beschlos­sen die Kon­zern­zen­tra­len der Mut­ter­ge­sell­schaf­ten AEG und Daim­ler-Benz im Dezem­ber 1991[9] ihren Rück­zug aus der Büro­kom­mu­ni­ka­ti­on und die Schlie­ßung des Stand­or­tes mit sei­ner Beleg­schaft von rund 3.600 Arbeit­neh­mern”, in: Wiki­pe­dia