Von Ralf Keuper
So richtig bekannt wurde Jordan Belfort, der sich selbst “Wolf der Wall Street” nennt, erst nach seiner Karriere als Trader. Seine Autobiografie “Wolf der Wall Street” wurde von Hollywood entdeckt. Unter der Regie von Martin Scorsese und in der Hauptrolle Leonardo di Caprio kam die Buchverfilmung 2013 unter dem Titel The Wolf of Wall Street in die Kinos.
Belforts Karriere als Trader begann auf den Straßen New Yorks während der späten 1970er und frühen 1980er Jahre. Dabei erwies sich Belfort, der keinen “richtigen” Beruf erlernt hatte, als außergewöhnlich erfolgreicher Verkäufer von Fleisch und Meeresfrüchten. Zur Hochzeit des Geschäfts fuhren 26 Trucks für ihn. Schon glaubte Belfort, es geschafft zu haben, und mit den von ihm zugleich bewunderten und verhassten WASPs (White Anglo Saxon Protestants) an gesellschaftlichem Ansehen gleich ziehen zu können – da musste er Insolvenz anmelden.
Auf Anraten eines Freundes beschloss Belfort sein Glück an der Wall Street zu versuchen. Er fand eine Anstellung bei dem Investmenthaus L.F. Rothschild (nicht verwandt mit “den” Rothschilds”). Dort war man gerade dabei, im großen Stil Computer für den Online-Handel einzusetzen. Als Folge des Börsencrashs im Oktober 1987 musste L.F. Rothschild Insolvenz anmelden; Belfort verlor seinen Job und wechselte in den Markt für Kleinanleger, den sog. PennyStock-Markt. Er heuerte als Trader bei einem Brokerunternehmen auf Long Island an. Ein Schlüsselerlebnis jener Zeit für Belfort war der Film Wall Street mit Michael Douglas, der in der Hauptrolle den Trader Gordon Gekko spielte. Der Film hatte auf Belfort, wie wohl auf viele andere auch, keinesfalls eine abschreckende Wirkung. Belfort fühlte sich in seinem Ziel bestärkt, möglichst schnell, möglichst viel Geld zu machen.
Der Vorteil der Penny-Stock – Märkte war, dass die Aktien dort nicht notiert und die Preise daher leicht manipuliert werden konnten. Belfort spezialisierte sich darauf, leichtlgläubigen Anlegern, Aktien von Unternehmen zu verkaufen, die unmittelbar vor dem Durchbruch standen, u.a. mit dem Argument, dass dieses Unternehmen eine Technologie entwickelt habe, die für eine wahre Revolution sorgen werde. Hin und wieder ließen Belfort oder einer seiner Trader die Bemerkung fallen, im Besitz von Insiderinformationen zu sein; die Aktie werde schon bald durch die Decke gehen, der Kunde müsse aber schnell zugreifen. Bevorzugt wurden Kunden, die keinen Kontakt zu Finanzszene hatten und außerhalb New Yorks wohnten, und die auch sonst in Finanzfragen eher unbedarft waren.
Sein großes Geschäft machte Belfort mit seinem eigenen Unternehmen – Stratton Oakmont. Das Investmentunternehmen beschäftigte bis zu 1.000 Börsenmakler; damit war Stratton Oakmont eines der größten Brokerunternehmen der USA. Um dem Verkaufsdruck standzuhalten, griffen die meisten Broker zu Drogen. Die Dealer kamen sogar direkt in das Unternehmen, um den Nachschub zu gewährleisten. Hinzu kamen noch rauschende (Sex-)Parties. Belfort begründete die Ausschweifungen auch damit, dass er auf diese Weise sicherstellen konnte, dass seine Mitarbeiter immer Pleite seien, obwohl sie bis 1. Mio. Dollar im Jahr verdienen würden. So war garantiert, dass sie ihm nicht von der Fahne gingen.
Im Jahr 1991 geriet Belfort mit seinen Geschäftspraktiken durch einen Beitrag im Forbes Magazin zum ersten Mal ins Gerede. Kritisiert wurde darin die Verkaufspolitik, die darauf abziele, die Kunden über den Tisch zu ziehen. Bereits 1992 geriet Belfort in das Visier der SEC und des FBI. Im Jahr 1994 musste Belfort auf Drängen der SEC von seinem Amt als Geschäftsführer von Stratton Oakmont zurücktreten. Später musste er noch seine Trader-Lizenz abgeben. Er bezog jedoch weiterhin ein Gehalt von ca. 1 Mio Dollar pro Monat. Zum Verhängnis wurde Belfort, dass er große Summen Bargelds mit Kurieren in die Schweiz transferierte. Die amerikanischen Behörden bekamen Wind davon und baten die Schweizer Kollegen um Unterstützung, die ihnen gewährt wurde. Im Jahr 1998 wurde Belfort u.a. wegen Geldwäsche verhaftet und sein Vermögen beschlagnahmt. Belfort legte ein umfassendes Geständnis über seine Geschäfte als Trader und Geschäftsführer von Stratton Oakmont ab, was dazu führte, dass er eine relativ milde Gefängnisstrafe erhielt, die er in Kalifornien absaß. Nach seiner Entlassung wegen guter Führung, beschloss Belfort seine Lebensgeschichte niederzuschreiben. Er wählte den Titel “Der Wolf der Wall Street”. Darin präsentierte er sich als Opfer des Kapitalismus. Hollywood wurde auf die Geschichte aufmerksam und schlug zu. Der Film kam 2013 in die Kinos.
Jordan Belfort arbeitet heute als Verkaufs- und Motivationstrainer – mit einigem Erfolg. Er wohnt heute weit entfernt von New York in Kalifornien. Mit der Justiz hat er ausgehandelt, fünfzig Prozent seiner Einnahmen den von ihm geschädigten Personen zukommen zu lassen. Die Forderungen belaufen sich auf über 100 Millionen Dollar.