Das Buch räumt mit einer Viel­zahl von Mythen und Legen­den auf, die sich um die Erfolgs­ge­heim­nis­se der Top-Unter­neh­men wie einst Kod­ak, Digi­tal Equip­ment, ABB und ihrer Licht­ge­stal­ten gebil­det haben. Die Wahr­heit ist häu­fig weit­aus profaner:

Der Erfolg hängt nicht sel­ten von Zufäl­len, Son­der­ef­fek­ten und ande­ren situa­ti­ven Fak­to­ren ab, und weit­aus weni­ger von der visio­nä­ren Ein­ge­bung des Top-Manage­ments oder der her­aus­ra­gen­den Unter­neh­mens­kul­tur. Häu­fig wer­den Ursa­che und Wir­kung ver­wech­selt. Dass eine her­aus­ra­gen­de Unter­neh­mens­per­for­mance fast immer auto­ma­tisch mit einer kla­ren Stra­te­gie, offe­ner Kom­mu­ni­ka­ti­on, gemein­sam Wer­ten, Inno­va­ti­ons­kraft usw. attri­bu­iert wird, ist nicht über­ra­schend. Unge­wöhn­lich ist dage­gen der schlag­ar­ti­ge Stim­mungs­wech­sel bei den Kom­men­ta­to­ren, die über ein Unter­neh­men, das sie noch im Jahr zuvor wegen sei­ner her­aus­ra­gen­den Füh­rung, Pro­duk­te und Kul­tur gelobt haben, bei nach­las­sen­der Per­for­mance auf ein­mal das genaue Gegen­teil schreiben.

Der Halo-Effekt tritt in der Fin­tech-Bericht­erstat­tung in Gestalt des Per­so­nen­kults und der Genie­äs­the­tik auf, wie im Fall von Wire­card. Des­sen Chef Mar­kus Braun wur­de u.a. als “Stil­ler Erobe­rer”[1]Mar­kus Braun von Wire­card-Ein stil­ler Erobe­rer beschrie­ben; eini­ge sahen bei Wire­card “cle­ve­re Jungs”[2]Die cle­ve­ren Jungs von Wire­card am Werk. Erstaun­lich ist, dass nach dem “Skan­dal” die Autoren, die zuvor noch voll des Lobes waren, auf ein­mal in rasch ver­öf­fent­lich­ten Büchern und Bei­trä­gen genau sagen kön­nen, wann und wo der Held vom Pfad der Tugend bzw. der Erleuch­tung abge­kom­men ist und war­um es so enden muss­te. Phil Rosen­zweig beschreibt die­ses Phänomen/​Muster wie folgt: “Geschich­te wird umge­schrie­ben, indem Fak­ten rück­wir­kend so geord­net und gewich­tet wer­den, dass eine unmit­tel­bar ein­leuch­ten­de Sto­ry ent­steht. Die Inter­pre­ta­ti­on der Geschich­te passt sich den Bedürf­nis­sen der Gegen­wart an”.

Ein beson­ders ein­drucks­vol­les Bei­spiel für den Halo Effekt ist die Cis­co-Sto­ry.

In ver­schie­de­nen Bei­trä­gen in Wirt­schafts­ma­ga­zin wie For­tu­ne und Fall­stu­di­en im Har­vard Busi­ness Review wur­den die außer­ge­wöhn­li­chen Erfol­ge von Cis­co auf den cha­ris­ma­ti­schen Chef John Cham­bers und die ein­zig­ar­ti­ge Unter­neh­mens­kul­tur zurück­ge­führt. Gelobt wur­den außer­dem der Akqui­si­ti­ons- und Inte­gra­ti­ons­pro­zess, die für die Aus­wahl geeig­ne­ter Unter­neh­men und deren rei­bungs­lo­se Ein­glie­de­rung sorg­ten. Urplötz­lich jedoch geriet Cis­co aus der Erfolgs­spur. Eben­so rasch waren die Kom­men­ta­to­ren, die noch kurz zuvor das Manage­ment für sei­ne “Exe­cu­ti­on” rühm­ten, in der Lage, die Ursa­chen für den nach­las­sen­den Erfolg zu erläu­tern: “Wie aus Dut­zen­den von Gesprä­chen mit Kun­den. gegen­wär­ti­gen und ehe­ma­li­gen Cis­co-Mana­gern, Wett­be­wer­bern und Zulie­fe­rern her­vor­geht, sind die Pro­ble­me haus­ge­macht.« Extre­me Kun­den­ori­en­tie­rung? Auf ein­mal heißt es bei For­tu­ne Cis­co ver­hal­te sich poten­zi­el­len Kun­den gegen­über arro­gant. Cis­cos Verkaufsme…